Freitag, 30. November 2007

Auf Geschäftsreise

Wie komisch das klingt... „Ich war diese Woche auf Geschäftsreise in Hamburg“. Aber so nennt man es nun einmal, wenn man für den Beruf unterwegs ist. So habe ich diese Woche vier Tage in Hamburg verbracht, weil dies meine Arbeit erforderte. In der Tat befindet sich dort der Hauptsitz meines Arbeitsgebers. Das Berliner Büro wo ich arbeite ist nur eine kleine Niederlassung, der Großteil des Betriebs befindet sich in der Hansestadt. Ich reiste deshalb dort hin, um meine Abteilungsleiterin und meine dortigen Kollegen und Kolleginnen (mit sehr großer Mehrheit letztere) kennen zu lernen, da ich dank der modernen Kommunikationsmittel sehr viel mit ihnen zusammenarbeite. Zudem wurde ich in einigen für meine Tätigkeit wichtige Bereichen geschult, beispielsweise bezüglich der Ermittlung von Mediadaten und der Medienanalyse, in die ich ab jetzt einsteige. Alles sehr interessant und sehr nett. Außerdem fast ein bisschen erholsam, da ich erst um 8 Uhr zur Arbeit musste. Wie toll!

Das Unternehmen liegt im sehr netten Hamburger Stadtteil Eimsbüttel, sodass ich auch in dieser Ecke in einem kleinen Hotel untergebracht war. Dieses war nur einen Katzensprung vom Schanzenviertel entfernt. Dies war sehr praktisch, denn die Schanze ist eine Ecke die mir sehr gut gefallen hat und durch die ich Abends auf meinen Erkundungsgängen gerne herumspaziert bin. Zudem hatte ich mir zu meiner Abendunterhaltung den Besuch zweier Konzerte vorgenommen, die auch in dieser Gegend stattfanden. Mehr dazu aber in den nächsten Tagen (Ich kann also diejenigen, die das nicht interessiert schon einmal vorwarnen, dass sich in den nächsten Tagen ein Besuch meines Blogs für sie nicht lohnt). Jedenfalls lohnt sich allein für das Schanzenviertel, stark vereinfachend kann man es als das Kreuzberg Hamburgs bezeichnen, der Besuch der Hansestadt, denn es gibt dort eine wunderbare Stimmung und sehr viele vielversprechende Kneipen.

Natürlich habe ich mir auch die Hamburger Innenstadt, noch einmal angeschaut. Alles leider nur Abends und im dunkeln, aber was will man machen, wenn man arbeitet. Dass Hamburg sehr sehenswert ist, muss man nicht erwähnen. Was mir allerdings aufgefallen ist, ist dass die Innenstadt schon bei weitem edler ist, als was man aus Berlin gewohnt ist. Außerdem war Weihnachtsmarkt überall. Ich finde, diese Weihnachtsmärkte werden langsam zu viel. Der auf dem Rathausplatz war ja noch in Ordnung, schön in Holzhütten, wenn auch rammelvoll. Aber wie auf dem Jungfernstieg Stände in weißen Plastikpavillons? Das geht gar nicht. Davon abgesehen gehören Weihnachtsmärkte in süddeutsche Altstädte (gut, es gibt auch ein paar norddeutsche Traditionsweihnachtsmärkte). Anderswo ist es reiner Kommerz.

Einen deprimierenden Kontrast zum innerstädtischen Weihnachtsmarkt bot übrigens der Hamburger Dom, das traditionsreiche Volksfest auf dem Heiliggeistfeld, an dem ich zufällig vorbeikam und einen Blick darauf warf. Dort war kaum was los, die Schausteller froren sich den Arsch ab und ich stellte fest, dass ich mit solchen Jahrmarktgeschichten überhaupt nichts anfangen kann.

Montag, 26. November 2007

Spandau

In Berlins Mitte gibt es ja bekanntlich – abgesehen vom künstlichen Nikolaiviertel – keine Altstadt. Das liegt weder an der Tatsache, dass Berlin für europäische Verhältnisse keine sonderlich alte Stadt ist, noch an der sehr starken Zerstörung aller Bausubstanz von Berlins Mitte durch die Bomben des Zweiten Weltkriegs. Vielmehr wurde, statt zu retten, was zu retten war, vieles danach platt gemacht, auch in den 1950er und 1960er Jahren, um die damaligen städtebaulichen Vorstellungen umzusetzen. Dies gilt übrigens für Ost und West gleichermaßen, man brauche sich nur das Europacenter am Breitscheidplatz anzuschauen.

Dennoch kann man in Berlin nette Altstädte bestaunen, nämlich in den Außenbezirken. Dies gilt am östlichen Ende der Stadt für Köpenick, das ich im Sommer mehrmals besucht hatte und das durch den Reichtum an Wasser rundherum durchaus seinen Charme hat. Am anderen Ende Berlins, tief im Westen, liegt mit Spandau ein Stadtteil, der – im übrigen ebenso wie Köpenick – deutlich älter ist als Berlin. Auch hier wurde durch den Krieg und in den Folgejahren durch die Bagger viel zerstört, doch man besann sich rechtzeitig auf den Wert der mittelalterlichen Altstadt um diese in Teilen zu erhalten. So mischen sich zwar zahlreiche moderne Bauten zwischen die Fachwerkhäuser, doch die ursprüngliche anlagen der Gassen und Plätze um die sehr malerische Nikolaikirche sowie ein Stückchen erhaltene Stadtmauer geben dem Ortskern doch einen sehr netten Altstadtcharakter, den man sonst wo in Berlin vermisst. Fotos!

Richtig lohnenswert macht die Fahrt nach Spandau der zusätzliche Besuch der Zitadelle. Diese stammt aus dem 16. Jahrhundert, integriert aber Bestandteile einer Burg aus dem Mittelalter. Vollständig aus Backstein gebaut, ist die Zitadelle Spandau eine der größten und besterhaltenen Renaissance-Festungen in Europa. Das Bauwerk ist tatsächlich imposant und durch seine Umzirkelung durch Wasser eine ruhender Koloss, wo man gut Zeit vertrödeln kann, um ihn zu erkunden. Dort sind heute zahlreiche kulturelle und künstlerische Einrichtungen untergebracht und es gibt ein Fledermausinformationszentrum, da ca. 10000 von ihnen in den Kellern der Zitadelle ihr Winterquartier gefunden haben. Das macht das historische Bauwerk gleichzeitig zu einem bedeutenden Naturdenkmal. Mehr Infos hier.

Sonntag, 25. November 2007

Fortbewegung im Winter

Wenn Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt herrschen, wie dies im Moment der Fall ist, hält sich die Lust in Grenzen, das Fahrrad als Fortbewegungsmittel zu nutzen. Damit ist man auf das öffentliche Nahverkehrsnetz angewiesen. Dieses gilt in Berlin (zurecht) als exzellent ausgebaut. Vor allem der 24-Stunden Betrieb ist von unschätzbarem Wert. Am Wochenende fährt sogar die U-Bahn die ganze Nacht. Allerdings richtet sich die Fahrtdauer in Berlin nicht unbedingt nach der zu überwindenden Distanz, vor allem Abends, wenn die Taktzeiten zwischen den Bahnen recht groß sind...



Größere Kartenansicht

Ein Beispiel durfte ich zum wiederholten Male gestern Abend erleben, da ich mich von Neukölln nach Friedrichshain begeben wollte, um am Kiez östlich der Warschauer Straße den Abend zu verbringen. Eigentlich ist das ein Katzensprung, mit dem Fahrrad braucht man keine 15 Minuten. Mit U-Bahn und Tram kann man das mit Glück zwar auch fast schaffen, man sollte aber eher eine halbe Stunde und Warten in der Kälte einkalkulieren. Denn man muss 3 Mal Umsteigen, ohne länger als drei Stationen in der selben Bahn zu bleiben.

Die Erklärung für diesen Umstand liegt, wie so oft in dieser Stadt, an der Teilung Berlins. Denn Neukölln und Friedrichhain lagen auf unterschiedlichen Seiten der Mauer. Auch wenn die Verkehrsinfrastruktur Berlins teilweise durchaus älter ist als die die Stadtteilung, setzten Ost- und Westberlin später auf unterschiedliche Schwerpunkte im öffentlichen Nahverkehr. Während im Westen das U-Bahn-Netz kräftig ausgebaut wurden und die Trams schrittweise eingemottet wurden, war im Osten die Tram das Verkehrsmittel, das ausgeweitet wurde. Zudem war die Verbindung zwischen den Verkehrsnetzen nicht mehr wirklich eine Priorität. Heute ist dies nicht überwunden, auch wenn inzwischen die Tram auch wieder gen Westen rollt und Buslinien manche Lücken schließen. Doch ein Blick auf den Verlauf der U- und S-Bahn-Linien lässt teilweise noch immer auf den Grenzverlauf schließen. Hier gibt es Massenweise historische S- und U-Bahn Pläne. Besonders interessant ist derjenige, als die Grenzen schon offen waren, das Netz aber noch nicht integriert war.

Nun ja, auf dem Heimweg wiederholt sich das ganze Spiel natürlich und ich schwor mir gestern zu wiederholten Mal, dass ich nächstes Mal für diese Strecke wieder das Fahrrad nehme. Denn beim Warten auf die Bahn (oder beim Laufen, da es so lang dauert bis die nächste Tram kommt), friert man mehr als auf dem Rad.

Freitag, 23. November 2007

Gescheitert!

Ich ahnte es schon seit ein paar Tagen, als ich mitbekam, dass meine Mitbewerber per E-Mail eine Zusage erhalten hatten, in meinem Posteingang aber gähnende Leere herrschte. Heute war dann schließlich die Absage vom Auswärtigen Amt in meinem Briefkasten. Ich werde also nicht in den Auswärtigen Dienst einsteigen. Damit wird sich dieser berufliche Wunsch für mich nicht erfüllen. Schade. Aber das Leben geht weiter, es gibt auch noch viele andere berufliche Tätigkeiten auf der Welt! Außerdem ist es nicht meine Art, in Depressionen zu verfallen. Vor einem Monat, las ich noch arbeitslos war, hätte mich diese Nachricht viel härter getroffen.

Dienstag, 20. November 2007

Schwimmen im Museum

Jetzt, wo ich meine Tage als Bürohengst sitzend vor zwei Computerbildschirmen verbringe und es viel zu kalt ist, auch nur daran zu denken, den Weg zur Arbeit mit dem Fahrrad zurückzulegen, wächst in mir wieder das Bedürfnis nach körperlicher Ertüchtigung. Dies habe ich heute umgesetzt, indem ich dem Stadtbad Neukölln, nur ein Katzensprung von meiner Wohnung entfernt, einen Besuch abgestattet habe. Das lohnt ich nicht nur in sportlicher Hinsicht, sondern erlaubt gleichzeitig einen archi- tektonischen Hochgenuss.

Das Stadtbad Neukölln wurde in den 1920er Jahren erbaut und in den 1990ern denkmalschutzgerecht restauriert. Es hat zwei Schwimmhallen, ursprünglich je eine für Männer (die große), eine für Frauen (die kleine) und verschiedene Saunaeinrichtungen (die ich aber nicht gesehen habe, da sie extra kosten, aber sie auf Bilder viel versprechend aussehen). Zum Schwimmen ist die Funktionalität der Becken nicht optimal, da sie an einem Ende jeweils ziemlich flach sind. Allerdings ist es ein Erlebnis, in einem solchen Jugendstilbau seine Bahnen zu ziehen, umgeben von korinthischen Säulen, Mosaiken und Wasser speienden Walrossen. Wie Schwimmen in einem Museum.

Sonntag, 18. November 2007

Interpol

Nachdem ich sie innerhalb von 8 Monaten Berlin nie besucht hatte, ging es gestern Abend zum zweiten Mal innerhalb von zehn Tagen in die Columbiahalle. Denn dort spielte eine Band, die ebenso wie Arcade Fire zu den Lieblingen von Independent Musik zählt: das New Yorker Quartett Interpol. Aufgrund der krankheitsbedingten Schwäche meines Konzertbegleiters entschieden wir uns diesmal, der tribünenartig angelegten Empore eine Chance zu geben, was sich als sehr gute Wahl erwies. Wir standen dort auf der ersten Tribünenstufe und hatte dadurch eine hervorragende Sicht sowohl auf die Bühne als auch auf das Publikum, beides sehr sehenswert. Leider ist das Publikum dort sehr träge, dafür hat man ausreichend Bewegungsfreiheit, um selbst ungestört tanzen zu können.

Blonde Redhead hieß die Vorband, ein mit Interpol befreundetes Trio aus New York, bestehend aus zwei Herren mit ersten Ergrauungserscheinungen und einer jungen Dame, die ihr Gesicht gerne hinter ihren Haaren verbirgt oder zu Boden schaut. Von Musikkritikern sehr geschätzt und musikalisch recht niveauvoll konnten mich Blonde Redhead nicht überzeugen. Zum einen kann ich mit dem Hauchgesang der Sängerin nicht viel anfangen, zum anderen ist ihre Musik nicht wirklich mitreißend und eignet sich eher zur Hintergrundberieselung. Zudem verzichten die drei auf jegliche Interaktion mit dem Publikum und vor allem die lasziv-provokante Tanzweise der Sängerin ging mir ziemlich auf die Nerven. Gut, dass danach noch was besseres kam, was die Vorband vergessen machte.

Denn Interpol ist einfach eine hervorragende Band. Ihre mittlerweile drei Alben bieten durchgehend gute Songs von bester Rockmusik mit düsteren Anklängen und hochwertigen Texten. Damit können problemlos anderthalb Stunden Konzertunterhaltung gefüllt werden. Die vier Bandmitglieder (und der Tour Keyboarder) sind zwar keine Social Animals und reduzieren ihre Interaktion mit ihren Zuschauern auf das Minimum, auch schwingt bei ihnen keine so große Begeisterung mit wie bei anderen Bands. Die Musik für sich alleine reicht aber schon, um den Konzertbesuch lohnenswert zu machen. Man wird regelrecht von ihr umschlungen. Das ganze wird zudem begleitet durch die Beleuchtung, die der Darbietung den nötigen feierlichen Rahmen gibt. Erstaunlicherweise wurde aber, entgegen diversen Live-Berichten, komplett auf Nebeleffekte verzichtet.

Die sehr tragende Stimme des Leadsängers Paul Banks büßt zudem live nichts von ihrer Qualität ein. Besonders sehenswert ist auf der Bühne außerdem der Gitarrist Daniel Kessler, der nicht nur unverschämt gut aussehend und ein Gitarrenvirtuose ist, sondern sehr interessante Schrittchoreographien hinlegt. Dafür allein lohnte sich die gute Sicht von der Empore aus.

Noch ganz was anderes zum Schluss: Meine Schwester und ihr Freund Till sind auf ihrer Asienreise inzwischen in Indien angekommen. Anne hat ihren französischsprachigen Blog zwar inzwischen eingestellt, Till ist aber weiterhin sehr fleißig und stellt vor allem wunderbare Fotos ins netz. Zuletzt atemberaubende Bilder aus Darjeeling.

Donnerstag, 15. November 2007

Moabit

Da fort meine Arbeit liegt, verbringe ich seit neuestem sehr viel Zeit in einer Ecke Berlins, die bisher nicht so sehr auf meinem Radarschirm aufgetaucht war, in Moabit. Das Viertel ist Teil des Altbezirks Tiergarten und wird durch Wasserstraßen begrenzt: Spree, Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal, Westhafenkanal und Charlottenburger Verbindungskanal. Der Name Moabit hat übrigens wohl einen französischen Einfluss, denn seine ersten Bewohner waren die Hugenotten, die vor den religiösen Verfolgungen in Frankreich geflüchtet waren. Wie er sich herleitet, das ist nicht ganz klar. Mir gefällt die Interpretation einer Mischung aus „terre maudite“ und dem Berlinischen „Moorjebiet“.

Erstaunlicherweise ist die Gegend trotz ihrer Nähe zum Zentrum – sie grenzt immerhin direkt an den Tiergarten – kein bisschen hip oder in, sodass sich selten ein Tourist hinverirrt und die Bewohner größtenteils unter sich sind. Damit behält Moabit weiter seinen Flair als Arbeiterviertel. Allerdings ist die Atmosphäre ganz anders als in Neukölln. Der Migrantenanteil ist deutlich geringer, hier lebt eher die alt eingesessene Bevölkerung. Zumindest ist dies der Eindruck, den man hat. Die Turmstraße, Haupteinkaufsstraße des Viertels, ist auch deutlich weniger belebt als die Karl-Marx-Straße in Neukölln. Man fühlt sich eher wie in einer hässliche Provinzstadt.

Damit hat Moabit nicht wirklich viel sehenswertes zu bieten. Dafür kann man hier wie bereits erwähnt sehr günstig Mittagessen, ich hoffe, die Fotos aus der Markthalle vermitteln ein bisschen die Atmosphäre, die dort herrscht. Übrigens ist der „Hallen Imbiss“ zugepflastert mit Memorabili der 80er Jahre Serie „Drei Damen vom Grill“. Ich kenne jemand, die bei ihrem nächsten Berlin Besuch sicher dort gerne eine Boulette essen will...

Sonntag, 11. November 2007

Meine erste Woche

In Berlin hat es dieses Wochenende geschneit. Kein toller Schnee, sondern nasser Matschschnee. Deswegen stellte ich mir erst gar nicht die Frage, ob ich irgendwas unternehmen sollte, sondern verkroch mich in meiner kuscheligen Wohnung und nutzte die Gelegenheit, um meine erste Arbeitswoche Revue passieren zu lassen. Da manche Leute sich schon beschweren, werde ich an dieser Stelle auch einige Sätze dazu verlieren.

Zu den Inhalten meiner Tätigkeit werde ich mich zu gegebener Zeit äußern, wenn ich schon etwas mehr gemacht und mitbekommen habe. Ich kann jedoch schon die Rahmenbedingungen erläutern. Zunächst einmal ist es schon eine Umstellung, wieder einer regelmäßigen Tätigkeit nachzugehen. Ich habe zwar in den vergangenen Monaten stets versucht, mein Leben in halbwegs geregelten Abläufen zu leben, aber wenn ich mal einen Tag Lust hatte, nichts zu tun, dann habe ich halt nichts getan. Das geht jetzt natürlich nicht mehr. Was mir noch sehr schwer fällt und woran ich mich hoffentlich zumindest halbwegs gewöhnen werde, ist das sehr frühe aufstehen. Da die Arbeit morgens um 6 Uhr losgeht, kämpfe ich mich jeden morgen um 5 Uhr aus den Federn. Dank Vorbereitungen am Vorabend und der Reaktivierung meiner Uni-Thermostasse aus Kanada wird der Kaffee in der U-Bahn getrunken und das Frühstück im Büro eingenommen, sodass bis zur letzten Minute morgens geschlafen werden kann. Wenn ich dann wie diese Woche abends mehrmals unterwegs bin, bin ich froh, dass der Kaffee im Büro umsonst und in rauen Mengen zur Verfügung steht.

Ich teile mein Büro mit einem gleichaltrigen, sehr netten Volontärskollegen, der mich bereits in die Feinheiten der Arbeit einweist. Insgesamt sind wir hier in Berlin zu sechst, hinzu kommen noch einige freie Mitarbeiterinnen, die ab und zu da sind. Die Atmosphäre ist durchaus nett, in gemeinsamen Raucher- (ich mach manchmal mit ohne mitzurauchen) und Mittagspausen lerne ich die Kollegen langsam kennen. Das Büro ist in Moabit gelegen, was für die Mittagessensbeschaffung eine willkommene Umstellung zur kanadischen Botschaft am Potsdamer Platz bedeutet. Musste man dort in überteuerte Touri- oder Businessrestaurants gehen, so bietet Moabit traditionellere Arbeiterimbisse. Dort trifft man dann „echte“ Arbeiter, die sich wie wir einen Teller Eintopf, Gulasch mit Rotkraut oder ähnliches zu Gemüte führen, das ganze zu sehr humanen Preisen. Ich bin begeistert, das gefällt mir!

Der Vorteil am frühen Arbeiten ist immerhin, dass ich spätestens um 15 Uhr aus dem Büro komme und dann noch richtig was vom Tag habe. Gerade jetzt ist es nicht zu verachten, wenn man noch was vom Tageslicht abbekommt. Ich habe jedoch schon festgestellt, dass man sich höllisch in Acht nehmen muss, nicht zu lange zu arbeiten und so doch was von der wohlverdienten Freizeit zu verschenken.

Samstag, 10. November 2007

The Wombats

Man könnte meinen, zwei Konzerte in einer Woche sind genug, aber ich musste gestern noch eins draufsetzen und noch ein drittes besuchen. Was will man machen, wenn die Zahl an guten Bands, die in die Stadt kommen, so groß ist. Allerdings konnte der Austragungsort des gestrigen Konzerts nicht kontrastreicher zur Columbiahalle sein, wo ich am Vortag gewesen war. Das Rosi’s, gelegen auf den brachliegenden Industriegeländen der Revaler Straße in Friedrichshain, ist in einer verfallenen Villa untergebracht. Der Club an sich ist eigentlich relativ weitläufig, ist sehr verwinkelt und bietet eine Vielzahl von unterschiedlichen Räumen. Das ganze ist etwas heruntergekommen und erinnert stark an die Villa Nachttanz in Heidelberg. Der Konzertraum ist jedoch recht klein, die Bühne nimmt etwa ein viertel des Raumes ein und die Künstler müssen sich durch das Publikum drängen, um dorthin zu gelangen. Die gestrige Veranstaltung war deshalb trotz der nicht enormen Bekanntheit der Band ausverkauft und man drängte sich vor der Bühne aneinander.

Den Part der Vorband übernahmen The Audience (Hörbeispiele) aus der Nähe von Nürnberg, für mich eine sehr hörenswerte Neuentdeckung. Musikalisch klar als New Wave Band einzuordnen erinnert die aus fünf Mitgleidern bestehende Kapelle an Gang of Four und The Robocop Kraus, es finden sich aber auch Franz-Ferdinandeske Anklänge. Der Sänger, dem man das vom Aussehen her nicht zutrauen würde, ist auf der Bühne sehr charismatisch, sodass zur guten Musik eine leidenschaftliche Darbietung hinzukommt.

Nach der üblichen, durch den immer enger werdenden Raum geprägten, Umbaupause waren The Wombats (Hörbeispiele) an der Reihe. Ich war auf die drei jungen Herren aus Liverpool bei der British Music Week im April aufmerksam geworden und hatte seither ihr allmähliches Heranwachsen zum neuesten next big thing Hype in UK verfolgt, der jetzt, sofern alles gut geht, mit der Veröffentlichung des Debütalbums diese Woche seinen vorläufigen Höhepunkt erreichen dürfte. The Wombats machen besten britischen Spaß-Indiepop mit schönen Melodien, vielen Mitsing Möglichkeiten und guten Tanzrhythmen, sodass eigentlich nichts schief gehen konnte. So war es dann auch, die Menge tobte (alle sehr textsicher – es lebe das Internet und seine Möglichkeiten für die Beschaffung von Musik!) und ich erlebte seit langem mal wieder ein Konzert inmitten von hüpfenden Pogo Kiddies. Das war dank der bescheidenen Clubgröße nicht mal so stressig wie ich das sonst häufig empfand und war ein wunderbarer Abend, der komplett durchgeschwitzt und mit total verdreckten Schuhen endete. Ich vermute mal, in diesem ganz kleinen Rahmen werden die Wombats nicht noch einmal zu erleben sein.

Freitag, 9. November 2007

Eine der besten Bands der Welt...

...ist meines Erachtens im Moment Arcade Fire. Auf jeden Fall gehört sie zu meinen absoluten Lieblingsbands. Ich bin überzeugt, das sie im Rückblick zu den bedeutendsten Bands der 00er Jahre gezählt werden wird, da sie mit ihrer Musik im Popbereich neue Dimensionen eröffnet haben. Beschreiben kann man diese übrigens nicht wirklich. Sie ist orchestral, pompös im positiven Sinne, mitreißend, emotional. Man muss es sich halt anhören.

Obwohl ich Arcade Fire erst vor einigen Monaten beim Open Air Sankt Gallen erlebt hatte, war ich sehr heiß darauf, ihrem Berliner Konzert beizuwohnen, sobald ich erfuhr, dass sie diesen Herbst hier spielen würden. So stimmte ich zu, als Thomas noch im Sommer vorschlug, uns auf gut Glück Karten zu kaufen. Das war eine sehr gute Idee, da das gestrige Konzert in der Columbiahalle schon seit Wochen ausverkauft ist. Stichwort Columbiahalle: solche großen Konzerte sind einfach stressig, man muss um einen Platz kämpfen, kann sich zwischendurch kein Bier holen. Aber die Halle ist für ihre art ganz in Ordnung, durch die Empore kommt sie einem nicht allzu groß vor.

Als Vorband firmierte gestern die Newcomerformation Wild Light aus New Hampshire, deren man anhört, dass sie wohl selbst gern Arcade Fire hören. Was sie gestern boten klang sehr vielversprechend und Dank dieser Tour wird ihr Debutalbum sicherlich eine gewisse Aufmerksamkeit in interessierten Kreisen erhalten. Man wird also bald mehr von Wild Light hören.

Trotz meiner anfänglichen Befürchtungen war das Publikum in der Halle schon beim ersten Song (Black Mirror) des Sets von Arcade Fire sofort in Fahrt. Etwas anderes ist jedoch auch nicht vorstellbar, wenn eine zehnköpfige Formation solch exzellente Musik mit einer solchen Leidenschaft und Begeisterung vorträgt. Wenn das ganze zudem noch durch eine multimediales Bühnengestaltung umrahmt wird, steht dem perfekten Konzertereignis nichts mehr im Wege. Dargeboten wurde eine sehr ausgeglichene Mischung von Songs aus beiden Alben, nach eineinhalb Stunden war das ganze leider schon vorbei, doch zwischen Euphorie und Gänsehaut wurde die ganze Gefühlsspanne in dieser Zeit abgedeckt. Insgesamt fand ich das Konyert auch besser als den Auftritt in Sankt Gallen, obwohl dort die Atmosphäre aufgrund der Späten Stunde und meinem Platz in der ersten Reihe unvergleichlich war.Das war mit Sicherheit nicht das letzte Konzert von Arcade Fire, das ich besucht habe, dafür geht es einem dabei und danach einfach zu gut. Ich war übrigens währenddessen auch kein bisschen müde, erst heute rächte sich der Schlafmangel, aber wozu gibt es Mittagsschläfe?

Sehr lohnenswert ist übrigens auch ein Blick auf YouTube, wo man sich einen Eindruck von den live Qualitäten von Arcade Fire verschaffen kann. Besonders empfehlenswert ist diese Darbeitung von „Neon Bible“ in einem Fahrstuhl (Thomas, Danke für den Tipp).

Noch eine weitere Ergänzung zum Schluss: Hier gibt es einen Live-Mitschnitt des kompletten Berliner Konzerts in sehr guter Qualität als ZIP-Datei herunterzuladen. Aber Achtung, die Datei hat 550 MB, allerdings ist die Verbindung superschnell. Gefunden im Arcade Fire Forum!

Dienstag, 6. November 2007

Gut investierte Müdigkeit

Ist es vernünftig, am Abend seines ersten Arbeitstags, wenn man am nächsten Morgen um 5 aufstehen muss, auf ein Konzert zu gehen? Wahrscheinlich nicht unbedingt, aber ich hatte meine Karte für The Rakes schon länger gekauft und konnte sie ja kaum verfallen lassen. Zudem hatte ich die Band bereits im Frühjahr verpasst, sodass ich mir den Auftritt im Postbahnhof nicht entgehen lassen wollte.

Als ich am Ort des Geschehens ankam überraschte mich die Tatsache, dass das Konzert nicht wie angenommen im großen Saal, sondern im kleineren Bereich stattfand. Ich frage mich, was den Unterschied an Attraktivität auf das Publikum zwischen einer Band wie Maxïmo Park (versteht mich nicht falsch, die finde ich auch sagenhaft), die ausreichend Leute begeistern, um die Columbiahalle zu füllen, und den Rakes ausmacht. Denn letztere werden ebenso von der Kritik gelobt, singen geistreiche Texte, spielen exzellente Riffs und produzieren Rockmusik, von der die Glieder von alleine zucken. Ihr zweites Album, Ten New Messages, war meiner Meinung nach eines der besten Veröffentlichungen des Frühjahrs. Nun ja, diejenigen, die nicht da waren, sind selbst schuld, kleinere Konzerte sind ja bekanntlich eh besser.

Müde wie ich war suchte ich mir einen Platz, um mich an der Wand anlehnen zu können, doch das wäre nicht nötig gewesen. Denn kaum wurden die ersten Takte angeschlagen, dass meine Müdigkeit verflogen war. Übrigens wurde mit einem (zumindest mit) unbekannten non-album-track begonnen, was ich recht gewagt fand, das Publikum war dennoch begeistert, erst recht, als dann die bekannten Hits folgten. Das ganze wurde sehr temporeich dargeboten, die Band ist Live exzellent. Der Sänger steht auf der Bühne Paul Smith (von Maxïmo Park) in nichts nach und bestätigt die von meinem Bruder aufgestellte Regel, dass Sänger von Bands, die selbst kein Instrument spielen, die besseren Shows bieten. Jedenfalls bin ich sehr froh, dass ich da war. Die Müdigkeit, die ich heute mit mir herumgeschleppt habe, war eine exzellente Investition.

Auf dem Heimweg bekam ich übrigens eine Kostprobe der Großstadtwildnis Berlins. Nachdem sich schon vor ein paar Tagen ein Buntspecht lautstark in meinem Innenhof bemerkbar machte, liefen gestern direkt vor meinem Fahrrad zwei Füchse Seelenruhig über die Straße. Die waren sicher auf der Jagd nach Landwehrkanalratten (habe ich auch schon gesehen).

Samstag, 3. November 2007

Die SPD auf dem Weg zurück in die Vergangenheit?

Alle Reden spätestens seit dem Hamburger SPD-Parteitag vom vergangenen Wochenende von einem Linksruck der SPD und ihrer angeblich damit verbundenen Rückbesinnung auf (überholte) alte Werte und Politikvorschläge. Meist schwingt dabei eine negative Bewertung mit. Ich bin damit nicht einverstanden und halte auch den vermeintlichen Linksruck nicht für so ausgeprägt, wie häufig getan wird. Es geht vielmehr um eine ganz normale Anpassung an politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen und eine gewisse Rückkehr zur Normalität einer linken Volkspartei, wie sie die SPD ist und sein will.

Die SPD hat in ihrer Regierungszeit mit der Agenda 2010 ein neoliberales Reformprogramm verabschiedet, was von vielen, auch von mir, in großen Teilen begrüßt wurde. Sie wurde dazu von der angespannten wirtschaftliche Lage, Wahlniederlagen bei Landtagswahlen und sehr schlechten Erfolgsaussichten auf Bundesebene gedrängt. Trotzdem konnte sie dabei nur verlieren. Eine linke Partei kann mit Sozialreformen kaum etwas richtig machen, vor allem wenn es um soziale Einschnitte geht. Denn diejenigen, die sie gutheißen sind zum großen Teil Anhänger der bürgerlichen Parteien und werden wegen solcher Reformen sicherlich nicht zu Sozialdemokraten. Und diejenigen, die von den Reformen möglicherweise schmerzhafter betroffen sind, werden sich enttäuscht entweder der Linkspartei oder, vor allem in Westdeutschland, der Wahlenthaltung zuwenden. Das die SPD ihre Reformorientierung trotz allem durchgezogen hat, ist sehr lobenswert.

Es war allerdings nur eine Frage der Zeit, bis die SPD sich wieder auf eine linkere Politik besinnen würde, für die sie ja ohnehin stehen sollte. Eine erfolgreiche linke Volkspartei muss im wesentlichen zwei Wählergruppen auf sich vereinen, die teilweise sehr unterschiedliche Interessen haben. Dies sind einerseits „progressive“ Wähler, für die soziale Gerechtigkeit zwar eine Rolle spielt, die davon aber nicht persönlich abhängig sind. Sie sind links im Sinne von nicht konservativ, vielleicht kann man sie als sozialliberal bezeichnen. Um diese Wählerschaft konkurriert die SPD (seit die FDP in den 1980ern rein wirtschaftsliberal geworden ist) mit den Grünen. Viele dieser Wähler unterstützten die Reformpolitik und sind dem mitte-links Lager ziemlich sicher. Die zweite Gruppe sind die klassische Basis der Linken, die Arbeiter und kleinen Angestellten, die eher traditionell benachteiligten in der Gesellschaft. Es sind diejenigen, die auch eher Abhängig sind von sozialen Errungenschaften und, im Falle der Arbeiterschaft, stark von ihnen profitieren. Sie sind verständlicherweise gegen die Reformen und sind in gewisser Weise sozialstaatlich konservativ orientiert. Um diese Wähler konkurriert die SPD mit der Linkspartei.

Seit 1994 haben Mitte-Links-Parteien bei Bundestagswahlen eine Stimmenmehrheit. Bei den Wahlen von 2005 hatten SPD, Grüne und Linkspartei zusammen 51% der Stimmen! Da die CDU mit ihrem stark neoliberalen Programm damals abgestraft wurde und im weiter oben genannten progressiven Milieu nicht mehr ankam, orientiert sie sich in vielen Fragen nach links. Gleichzeitig vertritt die Linkspartei Positionen, die der linke Flügel der SPD genauso unterschreiben würde. Bis zuletzt haben sie Strategen der Sozialdemokraten das hingenommen. Doch inzwischen ist die hälfte der Legislaturperiode vorbei, es stehen nächstes Jahr wichtige Landtagswahlen an, sodass man sich langsam Sorgen macht, dass die Partei in den Umfragen unter 30% dümpelt. Da die Stimmen eher links zu holen sind, ist es nicht erstaunlich, dass eher linke Positionen vertreten werden. Allerdings werden die Reformen keineswegs grundsätzlich in Frage gestellt!

Ich finde also die Besinnung der SPD auf linkere Positionen durchaus richtig, nicht nur strategisch, sonder auch inhaltlich. Lange genug hat man die Globalisierung zur Durchsetzung von neoliberalen Politiken hochgehalten, jetzt sollte wieder, ohne es zu übertreiben, ein bisschen mehr Verteilungsgerechtigkeit herrschen. Dies ist mit Sicherheit kein Rückschritt in die Vergangenheit. Ich finde allerdings das Thema der ALG I – Laufzeit sehr schlecht gewählt, um diese Wende einzuleiten. Denn dies betrifft wieder nur eine relativ kleine Gruppe von privilegierten, die sich, auch wenn das gut begründet ist, benachteiligt fühlt. Es hätte genug andere Themen wie Kinderarmut, Working Poor, Entmachtung der Energiekonzerne oder ähnliches gegeben, die ich dringlicher finde und die insgesamt mehr für soziale Gerechtigkeit stehen. Und keine Sorge, Parteiprogrammatik ist immer deutlich idealistischer als das, was schlussendlich im Falle einer Regierungsübernahme Wirklichkeit wird. Ein großer Wandel der Regierungs-SPD ist nicht zu erwarten!