Donnerstag, 30. Oktober 2008

Die "Sch'tis" kommen nach Deutschland

Der Kino-Überhit des Jahres in Frankreich startet heute in den deutschen Kinos. Könnte mir eigentlich total egal sein, in gewisser Weise betrifft mich der Film aber durchaus. Die liebenswerte Komödie spielt in der Ursprungsgegend meiner Mutter, ich bin demnach ein Ch'ti (wie man in Frankreich richtig schreibt) Nachfahre. Bei jedem Besuch zu Hause und jedem zweiten Telefonat mit meiner Mutter wird der Film folglich mit Stolz erwähnt, da sich die Leute in dieser Gegend als Stiefkinder Frankreichs fühlen und die Gegend in Frankreich einen von negativen Klischees begleiteten Ruf genießt. Vielleicht ein wenig Vergleichbar mit Deutschlands Osten. So sieht das ganze aus:
Ich weiß zwar nicht, was die Deutsche Synchronfassung taugt, kann aber nicht zu schlecht gemacht sein, da die Kritiken gut sind und der Film den Publikumspreis beim Hamburger Filmfest gewonnen hat.
Zur deutschen Website.

Mittwoch, 29. Oktober 2008

Dienstag Nacht auf'm Kiez

Was man nicht alles für die Arbeit tut... Angesichts eines Termins mit Geschäftspartnern kam ich gestern in den Genuss, sehr lecker im Restaurant Waterkant zu schlemmen und anschließend bei einem Drink die Traumaussicht von der Bar 20Up im 20. Stock des Empire Riverside Hotels zu genießen. Das reichte aber nicht als Besuchsprogramm für unsere Gäste, jetzt ging der Abend erst richtig los. Der Chef beschloss, die Herrschaften auf eine "Tour of the Reeperbahn" mitzunehmen. Auch für mich sehr lehrreich! In der Tat kam ich so zum zweifelhaften "Genuss", einmal einen Live-Sex-Club zu betreten. Im Safari gab es zwar gerade kein Live Sex auf der Bühne, dafür sahen wir mehrere Performances von jüngeren und weniger jungen Damen, die selbstredend immer mit deren Nacktheit endeten. Das ist tatsächlich wie in schlechten Filmen, inklusive was die Bedienungen betrifft und das altbackene, was dieser Art von Etablissements anhängt. Niemals wäre ich überhaupt auf die Idee gekommen, da rein zu gehen, und jetzt wo ich es gesehen habe, verzichte ich für die Zukunft gerne. Damit kann ich absolut nichts anfangen, schlussendlich finde ich es lächerlich, jedenfalls kein bisschen lustanregend.

Glücklicherweise waren die verbliebenen Damen und Herren, mit denen wir unterwegs waren, ähnlicher Meinung (zumindest hatte ich diesen Eindruck), sodass wir unsere Kieztour feuchtfröhlich fortsetzten und noch ein weiteres No-Go mitnahmen: die Karaoke-Bar Thai-Oase ein Stückchen weiter auf der Großen Freiheit. Gut, dass mein Alkohol-Pegel da meine Schmerzgrenze schon weit nach oben gedrückt hatte, sodass dies auch überstanden wurde. Weitere Biere und ein weiteren Kneipenbesuch später schaffte ich es irgendwie dann doch nach Hause zu radeln, um mir vor dem Meeting am Folgetag zwei Stunden Schlaf zu gönnen. Wie ich Folgetag fand, erübrigt sich glaube ich zu erwähnen.

Sonntag, 26. Oktober 2008

Da könnte ich auch hinziehen...

In der Reihe "Viertel, wo es sich in Hamburg gut wohnen ließe", stelle ich nun Ottensen vor. Sicherlich kein Geheimtipp, aber ich bin davon hellauf begeistert. Ehemals das Industrie- und Arbeiterviertel Altonas, ist es charakterisiert durch eine Mischung von Jugendstilaltbauten, zweigeschössigen, etwas kleinstädtischer wirkenden Häuschen sowie sozialem Wohnungsbau mit Klinkerfassaden. Seit der Deindustrialisierung der 60er und 70er Jahre und der damit einhergehenden Schließung der Fischkonserven-, Schiffs- und Maschinenbaufabriken hat sich Ottensen nach einem kurzen Niedergang zu einem Hort des Städtisch-Intellektuell-Alternativen Milieus gemausert. Die Gentrifizierung hat jedoch nur manche Straßenzüge erfasst, sodass noch keine Prenzlauer-Berg-Heile-Welt entstanden ist. Zudem gibt es hier mehrere gelungene Beispiele für postindustrielle Weiternutzung von alten Fabrikgebäuden. Zum einen die "Fabrik", wo ein gemeinnütziger Nachbarschaftsverein die Rettung des Gebäudes betrieb und sich heute eine wunderbare Konzertlocation wiederfinden. Zum anderen die Zeisehallen, die stilvoll in ein Einkaufszentrum für wohlhabende Grünen-Wähler umgestaltet wurden. Ich habe aber auch einen türkischen Metzger entdeckt, der es preislich mit seinen Neuköllner Kollegen aufnehmen kann (ich habe natürlich sofort zugeschlagen). Zur Elbe hat man es auch nicht weit, ebensowenig zu den Kommerztempeln um den altonaer Hauptbahnhof.

Allerdings plane ich gerade in keister Weise, mir eine neue Bleibe zu suchen... Aber man kann ja nie zu früh überlegen, wo es einem so gefallen könnte. Hier ein paar Fotos

Samstag, 25. Oktober 2008

Calexico

Als ich mich in der Fabrik ankam, war die Halle schon ziemlich voll. Kein Wunder, das heutig Konzert von Calexico war ja auch ausverkauft. Das Publikum war nicht das, was ich üblicherweise an Konzerten antreffe: wenig Jungspunde, dafür deutlich mehr graumelierte Haarschopfe. Das ist jedoch, wenn man darüber nachdenkt, nicht überraschend. Denn erstens war der Eintritt nicht gerade billig. Zweitens ist der mexikanisch beeinflusste Südstaatenfolk von Calexico nicht unbedingt die Musik, die in der Indiedisco läuft. Und drittens gehört die Band zu den Lieblinge der Feuilletons der meinungsbildenden Blätter der Intellektuellen.

Zunächst mussten diese allerdings die Vorband erdulden, Bodies of Water. Erdulden ist das falsche Wort, denn ich fand sie ziemlich gut. Bodies of Water waren zum ersten Mal in Europa auf Tour und davon ganz begeistert. Lustigerweise wirkten sie in ihrem Auftreten sehr amerikanisch, voller Enthusiasmus und jeden Satz mit „you guys“ beginnend. Dabei wurde einem der lange nicht mehr gesehene Anblick einer bodytragenden jungen Frau gegönnt. Es hat durchaus seine Gründe, weshalb das out ist, ebenso wie Topffrisuren. Die Musik ist aber durchaus hörenswert, ich würde es als Neo-Flowerpower bezeichnen, es sind einige ganz nette Elemente dabei wie sich steigernde Kanongesänge.

Die Helden des Abends waren aber selbstverständlich Calexico. Das Set begann in kleiner Besetzung mit zwei ruhigen Stücken, bevor dann die ganze Band (sechs Männer ca. Mitte 30) die Bühne betritt. Das Auftreten erinnert mehr an eine Jazzband denn eine Rockband, denn das Zusammenspiel ist perfekt auf den Punkt gebracht, es gibt Soli mit Szenenapplaus, Instrumentalstücke und gegenseitige Anerkennung der Musiker für ihre Virtuosität. Zudem sind alle bester Laune, erklären den Abend kurzerhand zur „crew dedication night“ und widmen folglich jeden Song einem ihrer Crewmitglieder (von denen es erstaunlich viele zu geben scheint). Das knapp zweistündige Set führt die Zuschauer quer durch das Werk der Band, viele Stücke werden in deutlich anderen Arrangements vorgetragen, als von den Alben bekannt. Zwei Trompeten, Vibraphon, Pedal Steel, Kontrabass und zahlreiche Gitarrenvarianten kommen zum Einsatz, die musikalisch Bandbreite richt vom Rocker über twangenden Folk zum Latinokracher. Das alles passte sehr gut in die Fabrik, die vom Fassungsvermögen sicherlich verglichbar ist mit dem Kesselhas de Kulturbrauerei, jedoch viel kleiner wirkt. Ein Konzerthighlight in diesem Jahr, ohne Zweifel.

Dienstag, 21. Oktober 2008

Sankt Georg

Ein wenig versifft, Mulitkulti, verrufen und gleichzeitig ganz heiß im Kommen. Wären wir in Berlin würde ich sagen: das ist Neukölln. Das gibt es aber auch in Hamburg. Am Wochenende habe ich die Gelegenheit genutzt, eine Besucherin zu haben, welche die touristischen Hauptattraktion der Hansestadt bereits kennt, um eine nicht ganz so touristisches Viertel zu begehen: Sankt Georg. Ehemals dem Abriss geweiht und deswegen dem Verfall, den Migranten und den Armen überlassen, erlebt das Viertel, das nach dem Bau des Hauptbahnhofs gegen Ende des 19. Jahrhunderts seine Blüte kannte momentan eine Wiedergeburt. Wenn die Schanze ist wie Kreuzberg in klein, kann man wohl Sankt Georg auch mit klein Neukölln bezeichnet. Hier gibt es zwischen Gemüsetürken und Ramschläden ebenfalls In-Kneipen, interessante Läden, Schwulenkneipen, aber auch Stundenhotels und Sexshops. Eine interessante Mischung also. Nicht zu verachten ist der Hansaplatz. Zudem ist es nicht weit zur Alster und zur City. Wenn ich eines Tages innerhalb Hamburgs umziehen sollte, habe ich meine erste Wahl schon gefunden...

Leider hatte ich keinen Fotoapparat dabei, das Viertel ist aber ohnehin nicht unbedingt fotogen sondern lebt vielmehr von der Atmosphäre.

Sonntag, 19. Oktober 2008

Infadels

Es gibt Bands, die mag man einfach. Und auch wenn das neueste album nicht ganz überzeugend ist, geht man zum Konzert, wenn sie in die Nähe kommen. So ist es bei mir mit den Infadels, eine Discorockband aus London. Das Debutalbum We are not the Infadels zählte monatelang zu meinen meist gehörten Platten, sodass ich den Infadels das viel zu poppige Zweitwerk verzieh und am Donnerstag dem Regen trotzte, um mir das Konzert im Molotow anzutun. Es hat sich auch gelohnt, allein weil dies mal wieder eine Band mit einem ziemlichen Knall ist. Pseudo-gothic geschminkt und ein wenig überenthusiastisch, doch vor allem die discolastigen Songs sind einfach toll.

Ich war übrigens gestern schon wieder im Molotow, diesmal zur „Bloc Party Album release party“ (ja, so weit ist es mit deren Popularität schon gekommen), mit dem Ziel, mal wieder eine schöne Indie-Party zu besuchen. Davon abgesehen, dass das Publikum da extrem jung ist, lohnt sich das durchaus. Dazu beigetragen hat mit einem stürmischen auftritt auch die belgische Band The Van Jets (die durchaus eine gewisse ähnlichkeit mit ihren fast Namensvettern von Jet haben).

Mittwoch, 15. Oktober 2008

Canada votes 08

Interessiert zwar in Europa wohl keinen, mich schon. Kanada hat gestern gewählt. Die schlechte Nachricht: der Konservative Stephen Harper bleibt Premierminister. Die gute Nachricht: er muss weiterhin mit einer Minderheitsregierung regieren und kanndamit seine extrem wirtschaftsliberale und sozialkonservative Agenda weiterhin nicht ungehindert umsetzen. Es bleibt also beim Status quo. Aufgrund des Wahlrechts wird die Partei mit der relativen Stimmenmehrheit belohnt, sodass das Land weiter von den Konservativen regiert wird, obwohl sich ca. 60% der Wähler für eine Mitte-Links Partei entschieden hat (Liberale, Sozialdemokraten, Grüne oder Souveränisten in Quebec - auch letztere sind eher sozialdemokratisch). Der historische Tiefstand der Liberalen wurde durch Stimmengewinne der sozialdemokratische NDP kompensiert. Eins ist also klar: wollen die progressiven Kräfte im Land wieder die Macht erlangen, müssen sich die Parteien des Mitte-Links Spektrums auf eine Allianz einlassen - oder auf einen Untergang Harpers in den wirtschaftlichen Turbulenzen hoffen.

Detaillierte Ergebnisse gibt es hier, weitere Infos und Kommentare hier.

Dienstag, 14. Oktober 2008

Die SPD

Inzwischen überschattet zwar die Finanzkrise alle parteipolitischen Ereignisse der letzten Wochen, doch ich will noch einmal einen Blick zurück auf den Führungswechsel bei „meinen Freunden“ von der SPD werfen. Ich sehe das, was sich dort kürzlich abgespielt hat, als sehr widersprüchlich an.

Auch wenn man sich über die Art und Weise ärgern kann, wie der Wechsel an der Spitze von Deutschlands Volkspartei der linken Mitte vonstatten ging, finde ich es gut, dass Kurt Beck dort abgelöst wurde. Wäre die SPD mit ihm ins Rennen um die Kanzlerschaft gegangen, wäre doch von vorneherein klar gewesen, dass man sich keine Chancen ausrechnet. Kurt Beck ist ein ausgezeichneter Provinzpolitiker und ist genau der richtige für den Posten des Rheiniland-Pfälzischen Ministerpräsidenten. Doch konnte sich ihn nie jemand ernsthaft als Kanzler vorstellen, oder?

In dieser Hinsicht ist es gut, dass die Herren Steinmeier und Müntefering das Ruder wieder an sich gerissen haben. Steinmeier würde von der Statur her als Kanzler taugen, Münte ist fast schon „Kult“ (auch wenn dieses Wort in Deutschland inzwischen ein wenig zu oft gebraucht wird) und der einzige, der von fast allen in der Partei als ihr Vorsitzender akzeptiert wird. In sofern sind die beiden als Führungspersonen der SPD meiner Ansicht nach alternativlos. Jedenfalls fällt mir auf Anhieb kein anderer ein: Wowereit kann man nicht ernst nehmen, Gabriel ist zu opportunistisch und man weiß nicht, wofür er steht, Andrea Nahles braucht noch ein paar Jahre.

Allerdings passt es nicht wirklich, dass gerade jetzt, wo (ausgenommen die FDP) das gesamte deutsche Parteienspektrum wirtschaftspolitisch nach links gerückt ist – die Finanzkrise hat das jetzt noch verschärft – wieder Vertreter des rechten Flügels der SPD an der Spitze stehen. Die „Schröderianer“ haben inhaltlich eigentlich ausgedient, in der Fraktion und der Parteibasis haben die Parteilinken die Mehrheit, links von der SPD macht sich die Linkspartei breit. Und nun wird die Partei wieder von zwei Männer geführt, die für Schröders „neue Mitte“ stehen und darauf abzielen, der Union Wähler abzujagen. Seit der letzten Bundestagswahl zeigen aber Umfragen und Landtagswahlergebnisse konstant auf, dass es in Deutschland ein Patt der Lager gibt. Sowohl die bürgerlichen Parteien als auch das Mitte-Links-Lager (inklusive Linkspartei) stehen bei der Sonntagsfrage jeweils konstant bei jeweils ca. 48 %. Von der Schwäche einer Volkspartei profitiert nicht die andere, sondern die kleineren Parteien des selben Lagers. Das selbe gilt bei den Landtagswahlen, wo diese Lagerbildung ebenfalls festzustellen ist, zuletzt war das in Bayern festzustellen.

Deshalb gehe ich auch davon aus, dass die primäre Aufgabe von Steinmeier und Münte diejenige ist, die SPD halbwegs gut in die nächste Bundestagswahl zu bringen. Wenn alles gut läuft kann die Partei durchaus noch die Union als stärkste Kraft überholen. In jedem Fall ist das Duo aber eine Übergangslösung. Denn leider wird es schlussendlich wohl auf eine neue große Koalition im Bund hinauslaufen. Dann wird sich die SPD mit Blick auf 2013 endlich auf die Linkspartei einlassen müssen, sofern diese Oskar Lafontaine und die SED-Altkader aufs Altenteil schiebt und sich zu einer regierungsfähigen Partei mausert. Das ist dann die Aufgabe derjenigen in der SPD, die jetzt noch nicht soweit sind, die Parteiführung zu übernehmen.

Freitag, 10. Oktober 2008

Lecker kochen

Neulich war ich durch die Arbeit bei einer netten Abendveranstaltung eingeladen. Es ging ins Kochstudio Atlas. Folgendes stad auf fem Menü:
  • "Rinderrückenspieß mit Erdnuss-Sauce",
  • "Maishuhnbrust mit Speckfüllung"
  • als Dessert "Limonencrepe".
Der Clou an der ganzen Sache: wir bekamen das ganze nicht vorgesetzt, sondern mussten es selbst kochen. Raus kam ein netter Abend und ein sehr leckeres Essen. Ich hab allerdings nicht wirklich viel gelernt, ich war in der Nachtischgruppe, habe Eis gemacht (mit einem Liter Sahne, 300 Gramm Zucker, 300 Gramm Eigelb aus dem Tetrapack und Vanille) und Crêpes gebacken. War aber trotzdem toll!

Mittwoch, 8. Oktober 2008

SSLYBY

Eigentlich finde ich ja solche Abkürzungen für Bandnamen furchtbar, aber der hier ist einfach zu lang! Someone Still Loves You Boris Yeltsin. Einen solchen Namen kann sich nur eine Indie-Band ausdenken, die zudem vielleicht ein wenig nerdig ist. Wenn man die vier jungen Männer Anfang 20 auf der Bühne des Molotow gestern Abend gesehen hat, bestätigt sich diese Vorahnung auch. Keine Rockstarallüren, jedenfalls. Brauchen sie auch nicht, die Musik ist schöner und intelligenter Poprock, wie er nur von amerikanischen Bands kommen kann. Ich würde sie musikalisch so zwischen den Shins und Death Cab for Cutie ansiedeln. Beim Konzert wurden primär die Songs des aktuellen Albums Pershing sowie zwei Neuheiten von der aktuellen Single „Not Worth Fighting“ und einige Stücke vom 2005er Album Broom. SSLYBY haben beweisen, dass sie ihre Musik auf der Bühne gut umsetzen können und auch ein eher zurückhaltendes Publikum begeistern. Bei der Hälfte des Konzert findet übrigens eine kleine Rotation statt: Sänger und Gitarrist John Robert Cardwell wechselt zum Bass, Bassist Jonathan James übernimmt das Schlagzeug und Schlagzeuger Philip Dickey (auch Schöpfer des Bandnamens) wird zum Leadsänger und Gitaristen. Eine nette Weise, die Gleichberechtigung der Bandmitglieder in den Vordergrund zu stellen, wobei Leadgitarrist Will Knauer (um diesen auch zu nennen), bei stoischen Spiel seines Instrumentes bleibt.

Ich war im übrigen auch sehr angetan von der Vorband Be a Familiar. Die Schotten haben bisher noch kein Album veröffentlich, sind aber musikalisch sehr vielversprechend. Das ist intelligenter und sehr britischer Indie-Rock, ich fühlte mich sofort and die Indelicates (weil ja soo viele was mit denen anfangen kann...) erinnert, nicht nur wegen des Zusammenspiels von männlicher und weiblicher Gesangstimme und dem Einsatz von Streich- und Blasinstrumenten. Von dieser Band wird man in der Musikpresse sicher noch mal hören. Es lohnt sich, mal auf der MySpace oder Last.fm Seite reinzuhören.

Freitag, 3. Oktober 2008

Reeperbahnfestival 08 - Samstag

Auch den Samstag verbrachten wir eher chillig und entspannt in der Schanze, sodass wir unsere Energie für den Abend aufsparten. Diesen begannen wir, wie am Vortag, wieder in der Großen Freiheit 36. Dort spielte eine der am meisten erwarteten Bands des Festivals, TV on the Radio. Die fünf Brooklyner Musiker ließen einige Zeit auf sich warten, doch die Wartezeit hat sich sehr gelohnt. Der leider etwas kurze Gig wurde mit vollem Einsatz dargeboten. Von unserem Premiumplatz direkt vor der Bühne konnten wir den stark von schwarzer Musik beeinflussten experimentellen Rock von TV on the Radio genießen. Vor allem die neuen Stücke wirken live ziemlich funkig, die musik hat teilweise die Energie von Gospelstücken. Keiner der Musiker kommt zwischendurch je zur Ruhe, auch untypische Mittel werden verwendet. Gitarrist David Sittek kloppt teilweise mit einer Rassel auf seine Gitarrensaiten ein und hat ein Glockenspiel an seinem Instrument hängen. Ein Erlebnis.

Anschließend war uns eher nach einem kleineren Konzert, sodass wir uns in einen der schönsten Clubs Hamburgs begaben, die Prinzenbar. In diesem kleinen stuckgeschmückten Saal spielten gerade noch Wildbirds & Peacedrums. Dieses sehr schön anzusehende junge Ehepaar singt nur begleitet von Schlaginstrumenten. Das ist wunderschön! Schade, dass wir nur noch die letzten Stücke mitbekamen.

Es folgten die Dänen von Men among Animals mit ihrem Sinthie-Gitarrenrock, der zum Abgehen animierte. Zudem gab es mal wieder trashige Kostüme und Bühnendeko mit blinkenden Glühbirnen und Seifenblasen. Das passte alles sehr gut zusammen und auch zu unserem langsam steigenden Bierpegel. Zudem hatte man vor der Bühne schön Platz zum Tanzen, was zusätzlich zur Stimmungsaufhellung beitrug.

Nun zum Tiefunkt des Abends. Es war schon relativ spät und nach einem kleinen Abstecher auf der Kinderparty im Molotov beschlossen wir, uns in Angie's Nightclub einen gepflegten Cocktail zu gönnen und dabei "Angie's Houseband zu lauschen". Ich kann nur eines sagen: es war ziemlich furchtbar. Erstens wurden alle Lieder (selbstverständlich nur Evergreens) im gleichen routinierten funkigen Groove gespielt, sodass alles gleich klang. Zweitens war dort das klassische Ü30 Publikum unterwegs, die dazu sanft hin- und herwogen und wohl meinten, sie seien bei der Party des Jahres. Mich schüttelte es einfach nur.

Deshalb konnten wir jetzt noch nicht nach Hause, das wre zu frustrierend gewesen. Nach einem weiteren Abstecher im Molotow (wo das Publikum noch immer so jung war) und auf der Datscha-Party im Golden Pudel Club (deutlich besser) stärkten wir uns noch einmal mit Fischbrötchen vom Fischmarkt, bevor es dann endgültig Zeit war, dem ganzen ein Ende zu setzen und sich ins Bett zu begeben.

Mittwoch, 1. Oktober 2008

Reepernbahnfestival 08 – Freitag

Freitag schliefen wir aus und verbrachten den Tag mit Spaziergängen in Wassernähe, sodass wir fit waren für den Konzertmarathon am Abend. In der Tat hatten wir einiges vor, ich hatte vorab den Freitag als den Tag ausgemacht, an dem die größte Dichte an sehr guten Acts festzustellen war, sodass auch die Entscheidung nicht leicht fiel, was wir anschauen würden.Wir begannen den Abend in der Großen Freiheit 36, wo Peter Licht, der etwas skurrile deutsche Singer Songwriter den Anfang machte. Der Herr, von dem es keine offiziellen Fotos gibt, zieht zu meinem erstaunen ein sehr zahlreiches Publikum an. Ich hätte eher gedacht, das sei mehr was für Nerds. Mal wieder der Beweis, dass ich die Popularität von Musikern absolut nicht einschätzen kann.

Es folgte der aktuelle Held der deutschen Indieszene, Konstantin Gropper mit seiner Band Get Well Soon. Allein die Musik (mit Anklängen an Radiohead und Arcade Fire) macht jedes Konzert dieser Band lohnenswert, doch wie schon bei ihrem Konzert, das ich Anfang des Jahres in Berlin gesehen hatte, fehlt es Herrn Gropper noch immer ein wenig an Bühnenpräsenz. Trotzdem war ich begeistert, gehört doch das Debutalbum Rest Now, Weary Head, You Will Get Well Soon zu meinen absoluten Favoriten dieses Jahres.

Entgegen unserer ursprünglich Pläne blieben wir dann noch in der Großen Freiheit, um uns Portugal.The Man anzusehen. Das war eine meiner persönlichen Entdeckungen des Festivals. Auf Platte war ich von der sehr in Richtung Prog gehenden Musik der Band aus Alaska nicht unbedingt überzeugt, live war ich hingegen sehr angetan. Das geht so richtig ab, man kann sich von den über zehnminütigen Stücken berauschen lassen. Das ist ein wenig wie Muse in weniger massentauglich.

Wir gingen dennoch vor Ende des Sets, da ich unbedingt The Rakes im Uebel & Gefährlich sehen wollte. Wir kamen dort auch gerade rechtzeitig für den Anfang von deren Set an, doch die Mädels verließen den Club gleich wieder, da ws ihnen zu voll war. Ich kämpfte mich jedoch durch in die sehr zivilisierte „Pogo-Zone“, wo man schön Platz hatte und abgesehen von ein bisschen Rumschgeschubse ganz gemütlich dem Konzert lauschen konnte. The Rakes sind noch immer die alten, der energetische und sehr tanzbare Indie-Rock passte an diesem Abend hervorragend und die Stimmung war grandios. Zudem wurde einige neue Stücke gespielt, die Lust auf das nächste Album machen!

Auch nach diesem Konzert war dann keine Zeit für eine Pause, ich überquerte schnell die Straße und zwängte mich in den Bumsvollen Knust. Ich hatte Glück und Bon Iver hatten ihr Set mit deutlicher Verspätung begonnen. So konnte ich zwar nur von weit hinten, aber mit guter Sicht und komplett diesem absoluten Highlight lauschen. Diese Newcomerband aus Wisconsin ist ein Juwel, das kann man nicht anders sagen. Einfach nur schöne, ziemlich folkige Musik, Gesang, der zu großen Teilen im Falsett stattfindet, ich kriege jetzt noch eine Gänsehaut, wenn ich daran denke. Das war eindeutig eines der Konzerthöhepunkte des Jahres. Hoffentlich kommt Bon Iver bald wieder nach Deutschland. Bei dem Empfang, der ihnen beim Reeperbahnfestival bereitet wurde, bin ich jedoch guter Dinge. Sie konnten es kaum fassen, wie begeistert das Publikum war und blieben so lange auf der Bühne, bis sie keine eigenen Stücke und Cover mehr hatten, die sie spielen konnten.

Da es dann nicht mehr in Frage kam, ein solches Erlebnis durch irgendeine Indieparty zu zerstören und wir uns nach diesem Konzertmarathon unser Bett verdient hatten, war dann somit auch der zweite Tag schon zu Ende.