Montag, 30. April 2007

British Music Week

Letzte Woche war in Berlin die British Music Week, in deren Rahmen zahlreiche hochklassige britische Bands auf diversen Bühnen der Stadt auftraten. Auch wenn ich den Sinn dieser Aktion nicht so ganz durchblicke, da ohnehin stets zahlreiche hochklassische britische Künstler in Berlin spielen, habe ich mir es nicht nehmen lassen, ein Konzert zu Besuchen. Dieses versprach ein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis, da gleich vier Gruppen zum Preis von 14 Euro im Kreuzberger Lido (entwickelt sich langsam zu meinem Stammklub) auftraten. Die große Anzahl an Bands sollte sich noch als sehr vorteilhaft erweisen.

Die erste Band, The Hedrons, sind nur deshalb erwähnenswert, weil es eine reine Mädels-Punkband ist, was nicht häufig vorkommt. Zu ihrer Musik möchte ich meine Konzertbegleitung Thomas zitieren: „Na ja, ist so eine Band, wo alle Lieder gleich klingen.“ Also nicht besonderes, und zudem viel zu laut, ich fürchtete schon um mein Gehör. Glücklicherweise nahm dieses jedoch keinen bleibenden Schaden und ich konnte die Töne der folgenden The Wombats genießen. Für mich eine Neuentdeckung erwiesen sich die drei als eine sehr nette, stimmungsvolle und solide Rockband, deren Markenzeichen die bei keinem Song fehlenden uhhh-uhhh Backgroundgesänge sind, die aber sehr gut passten. Muss ich mir bei Gelegenheit noch mal anhören, hat mir gut gefallen.


Bei der dritten Band handelte es sich um die heimlichen Stars des Abends, The Pigeon Detectives, die bereits im Vorfeld des Erschienens ihres Debütalbums in Deutschlands (Anfang Juni) hochgelobt werden. Wie es sich herausstellen sollte, völlig zurecht! Musikalisch 1a Arbeiterbritrock zwischen Arctic Monkeys undKaiser Chiefs (näher an ersteren) und auf der Bühne schon routiniert und unterhaltsam wie die etablierten Kollegen. Vor allem der Sänger, der ein bisschen an einen Hobbit erinnert, rast rastlos von einem Ecken der Bühne zum anderenund verausgabt sich komplett. Kein wunder dass das Publikum dann tobt, zumal der Anteil an Jugendlichen darin doch ziemlich hoch war.

Der eigentliche Headliner des Abends, welcher mich zum Besuch dieses Konzerts animiert hatte, waren The Others. Diese Band ist zur Welle der England-brennt-Bands aus dem Jahr 2005 zuzurechnen, hat jedoch den ganz großen Durchbruch verpasst und ist deshalb in der zweiten Reihe verblieben. An der Musik liegt dies nicht, denn zumindest auf Platte stehen sie anderen Bands dieser Generation nicht nach, wenn sie auch mehr in Richtung Punkrock tendieren. Der gestrige Auftritt könnte jedoch den Ansatz einer Erklärung geben. Erstmal torkelt die Band – besonders auffällig der Sänger – nur so auf die Bühne und lallt zwischen den Liedern so daher, dass man sich wundert, dass diese doch noch ordentlich gespielt werden. Allerdings wirkt der Auftritt sehr lustlos und ist auch schon nach einer halben Stunde vorbei. Ausrede: Sie spielen nur mit einem Ersatzbassist. Das lasse ich aber nicht gelten – eine Enttäuschung. Gut dass der Abend vorher ausreichend gute Musik geboten hatte.

Im Dienste Ihrer Majestät

Vielen ist nicht bekannt, dass das Staatsoberhaupt Kanadas Queen Elisabeth II. in ihrer Funktion als Queen of Canada ist. Das heißt, wenn die Queen sich in Kanada befindet, was sehr selten vorkommt, wird sie zur Königin der Kanadier. In der Praxis wird jedoch die Funktion des Staatsoberhauptes vom Governor General ausgeübt, im Moment ist dies Michaëlle Jean, eine ehemalige Journalistin Haitianischer Herkunft. Für mich bedeutet die Tatsache, dass Kanada eine Monarchie ist, dass ich meinen Praktikumsvertrag mit Her Majesty Queen Elisabeth II abgeschlossen habe und ihr für meine Zeit an der Botschaft treue schwören musste.

In dieser Hinsicht war in der letzten Woche mein voller Einsatz gefordert. In der Tat handelte es sich für mich um die bisher arbeitsintensivste Woche seit Beginn meines Praktikums. Das liegt daran, dass gleich zwei Konferenzen in der Botschaft stattfanden, für welche die politische Abteilung in der Organisation federführend war. Und wie das bei solchen Dingen so ist, werden die Interns voll eingespannt. Das ist zwar anstrengend, aber auch sehr interessant, da man dadurch Einblicke erhält, die einem sonst verschlossen blieben.


Die erste Konferenz fand Montag und Dienstag statt. Kanada war dabei Gastgeber des sogenannten Refugee Coordination Forums, einem gerade aus der Taufe gehobenen Gesprächskreis (mehrheitlich) westlicher Staaten und internationaler Organisationen (EU und UN-Unterorganisationen), die sich zur Problem der palästinensischen Flüchtlinge in Nahost austauschten. Meine Rolle bei der Konferenz bestand darin, im Vorfeld Hintergrundinformationen zu recherchieren und während des Treffens für einen Reibungslosen Verlauf zu sorgen. Dies erlaubte es mir, bei einem Großteil der Gespräche anwesend sein zu können. Das war eine gute Sache, denn so konnte ich mitbekommen, wie so eine Konferenz auf der diplomatischen Arbeitsebene stattfindet. Ohne inhaltliches auszuplaudern möchte ich drei Dinge festhalten, die ich frappierend fand: Zum einen die Ausweglosigkeit, in welche der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern inzwischen geraten ist. Vielen schien, als sei eine realistische Zwei-Staaten Lösung schon nicht mehr möglich. Zweitens die extreme Notsituation in der sich die Palästinenser vor allem aufgrund der Blockade und der Zerstückelung des Westjordanlands befinden. Und drittens die doch sehr Israel-kritische Haltung der meisten Delegationen.


Die zweite Konferenz war komplett unterschiedlicher Natur. Diese fand nicht hinter verschlossenen Türen statt, sondern war für die Öffentlichkeit gedacht. Es war eine Konferenz zu Deutschland und Kanada im Vorfeld des G8-Gipfels in Heiligendamm. Redner aus Wissenschaft, Politik und der Botschaft diskutierten dabei über unterschiedliche Themenkomplexe, das Publikum sollte Fragen stellen. Auch hier waren die Praktikanten für den Reibungslosen Verlauf zuständig, auch hier war die Gelegenheit gegeben, einem Großteil der Konferenz zu lauschen, was gut war, denn inhaltlich bot sie sehr interessante Diskussionen und Vorträge mit teilweise hochkarätigen Rednern: Bundestagsabgeordnete, eine Ministerin aus Alberta, Professoren aus Kanada, Vertreter von Think Tanks. Für mich besonders spannend war, dass mehrere Konferenzteilnehmer mir vom Namen her dadurch bekannt waren, dass ich sie in meiner Magisterarbeit zitiert hatte, sodass es eine tolle Sache war, sie mal in Natura zu sehen. Zudem stellte sich heraus, dass einer der Ko-Organisatoren der Konferenz, Martin Thunert von der Deutschen Gesellschaft für Kanadastudien ab nächsten Semester in Heidelberg sein wird, um eine Stelle als Dozent beim HCA anzutreten und auch am Institut für politische Wissenschaft zu lehren... Die Welt ist klein.


Die letzten beiden Bilder zeigen übrigens den Canada Room und die Timber Hall der kanadischen Botschaft, in der öffentliche Veranstaltungen meist stattfinden.


Samstag, 28. April 2007

Präsidentschaftswahl in Frankreich – erster Wahlgang

Die Entscheidung ist gefällt, der erste Wahlgang der Präsidentschaftswahl in Frankreich ist vorbei und die Ergebnisse sind da. Keine bösen Überraschungen dieses Mal, wenn es Überraschungen gibt, dann sind es gute.
  • Die beiden Kandidaten, die man dort erwartete sind im zweiten Wahlgang. Der Abstand zwischen ihnen ist zwar bemerkenswert, aber ungefähr so groß wie es zu erwarten gewesen war. Nichts ist jedoch entschieden, da sowohl Royal als auch Sarkozy ihr wahlpotential voll ausgeschöpft zu haben scheinen. Nun kommt es darauf an, die restlichen Wähler zu überzeugen oder auf die Ablehnung des anderen zu hoffen.

  • Die Wahlbeteiligung ist au­ßerordentlich hoch, bei über 84 %. Das hat mich überrascht, denn auch wenn es hieß, dass sich die Franzosen sehr für die Wahl interessieren und dies stark polarisiert, hätte das noch lange nicht hei­ßen müssen, dass das zu einer höheren Wahlbeteiligung führt. Die hohe Wahlbeteiligung erklärt auch andere Phänomene.

  • Die nächste sehr gute Überraschung ist das relativ schlechte Ergebnis für Le Pen. Auch wenn es teilweise durch die hohe Wahlbeteiligung erklärt werden kann, verliert er immerhin fast 1.000.000 Stimmen im Vergleich zur letzten Wahl. Hinzu kommt, dass dieses Mal Bruno Maigret, der 2002 als rechtsextremer Kandidat angetreten war, nicht dabei war, und Philippe de Villiers ebenfalls ein sehr schlechtes Ergebnis um die 2 % erreicht. Ob das nun heißt, das rechte Ideen in Frankreich zurückgehen ist fraglich. Vielmehr könnte Sarkozy erfolgreich diese Wählerschaft angesprochen haben.

  • François Bayrou erzielt ein besseres Ergebnis, als ich erwartet hätte und bestätigt das hohe Niveau, das ihm in den Umfragen zugeschrieben wurde. Es bleibt nun zu erwarten, wie er sich nun verhalten wird. Nicht nur vor dem zweiten Wahlgang, auch im Hinblick auf die weiteren anstehenden Wahlen. Wird er alten Reflexen folgen und sich aus Machtgeilheit wieder zu Wahlbündnissen mit der UMP hinreißen lassen? Wird er hingegen seine jetzige Strategie konsequent weiterführen und bei den nächsten Wahlen unabhängig bleiben, obwohl ihn das aufgrund des Wahlsystems viele Mandate in den diversen Versammlungen kosten könnte? Hier liegt nicht nur der Schlüssel der Präsidentschaftswahl, sondern auch die Frage, ob sich die politische Landschaft Frankreichs dauerhaft verändern könnte. In diesem Fall könnte aus seiner Partei ein französisches Pendant zur F.D.P. zu Zeiten, als diese noch Liberal und nicht nur wirtschaftsliberal war, ein Zünglein in der Waage das Mehrheiten Entscheiden könnte.

  • Schließlich erleben die Kommunisten mal wieder ein herbe Niederlage, ein weiterer Schritt in der Entwicklung, die sich schon seit Jahren beobachten lässt. Wenn sie nicht bald dien Weg einer Reform finden – momentan ist die KPF noch sehr dogmatisch, die PDS ist im Vergleich geradezu eine Reformpartei – werden sie verschwinden und das Feld links der PS endgültig den Trotzkisten um Olivier Besancenot überlassen. Eigentlich könnte das ja egal sein, aber die Stimmen der Kommunisten waren immer ein Stimmenreservoir, welcher der Schlüssel zum Erfolg der moderaten Linken in Frankreich war. Im Fall der Trotzkisten ist dies aber bei weitem nicht so klar.

Die kommenden Wochen bleiben folglich sehr spannend, denn jetzt entscheiden sich die Koordinaten der französischen Politik für die nähere Zukunft. Die Spuren dieser Präsidentschaftswahl werden für einige Jahre noch zu sehen sein.

Sonntag, 22. April 2007

Ein Frühlingswochenende in Berlin

Ich bin schon vom Glück gesegnet. Seit ich in Berlin angekommen bin, habe ich wettermäßig bis auf ein paar Regentage zwischendurch nichts von der sprichwörtlichen Berliner Tristesse mitbekommen. Im Gegenteil, es ist ständig traumhaftes Sonnenscheinwetter. Auch wenn es nicht mehr so warm ist, wie beim Sommereinbruch letzte Woche, kann man auch dieses Wochenende wieder bei strahlender Sonne den Frühling ausbrechen sehen und Berlin beim grüner werden zuschauen. So ist auch inzwischen mein Innenhof dank der dort stehenden Bäume grüner und freundlicher geworden. Ich habe gestern auf einer kleinen Fahrradtour am Neuköllner Ufer des Landwehrkanals, bzw. seiner Verlängerung, dem Neuköllner Schifffahrtskanal, mit einem kleinen Abstecher nach Kreuzberg ein paar Fotos geschossen.

Um den Frühling in vollen Zügen genießen zu können, habe ich mir gestern zudem ein neues Fahrrad gekauft – das inzwischen fünfte Erwachsenenrad meines Lebens: das erste fiel einem Unfall zum Opfer, das zweite wurde mir in Heidelberg vor der Haustür weggestohlen, das dritte, ein gebrauchtes, ging kaputt. Selbiges lässt sich auch über mein viertes sagen, mehr dazu gleich. Das neue Rad konnte ich mir dank der dafür gedachten finanziellen Zuwendungen von meinen Eltern zum Geburtstag leisten. So habe ich mir ein nagelneues, alltagstaugliches Trekkingrad gekauft. Es war bitter nötig, da mein bisheriges Fahrrad drohte auseinander zu Fallen. Bereits in Heidelberg war vor einiger Zeit schon das Schutzblech abgefallen, die Gangschaltung funktionierte überhaupt nicht mehr, sodass die Kette stets sprang. Kürzlich war auch noch ein Bremskabel gerissen, die andere Bremse war auch schon bedenklich schwach auf der Brust. Die Reparatur hätte also den Wert des Fahrrads sicherlich bei weitem überstiegen... und das Fahren war eine Gefahr für den Fahrer und die anderen Verkehrsteilnehmer geworden. Ich hebe es trotzdem mal auf – als Besucherfahrrad. Überlegt Euch also gut, ob ihr hier mit mir radeln wollt Das neue Rad ist jedenfalls ein Genuss: Man kann wieder schnell fahren, ohne angst zu haben, an der nächsten Ampel nicht anhalten zu können. Und es ist deutlich weniger anstrengend.

Zu einem guten Wochenende gehört natürlich auch ein Konzertbesuch. Ich finde es ja stets schwierig, Bands musikalisch einzuordnen und zu beschreiben, deshalb erspare ich Euch das im Fall von The Blood Arm aus L.A., California. Die drei Herren und eine Dame waren gestern im Lido in Kreuzberg zu Gast und ich bin noch immer total hin und weg. Ihr Album Lie Lover Lie ist ja schon der Hammer, das solltet Ihr Euch auf jeden Fall anhören. Live ist The Blood Arm jedoch auch ein Erlebnis, das man sich nicht entgehen lassen sollte. Alle Elemente für eine geile Show sind dabei versammelt. Zunächst natürlich die vorzügliche Musik. Dann das Charisma der Band insgesamt (mit sehr hübscher Keyboarderin) und des Sängers insbesondere. Dieser erinnert stimmlich sehr an Alex Kapranos von Franz Ferdinand, hat einen Hüftschwung, vor dem andere erblassen würden, hat unglaubliche Entertainerqualitäten und ist (bzw. spielt diese Rolle) total sexbesessen. Eine solche Interaktion mit dem Publikum habe ich selten gesehen. Zwischen den Stücken werden männliche wie weibliche Publikumsmitglieder schamlos, aber humorvoll, angebaggert, BandmitgliederInnen für Ihre Geilheit gelobt, usw. Zudem geht der Sänger ins Publikum und vermag es, dass sich für den Song „Angela“ alle auf Kommando hinsetzen. Weitere Elemente der Klasse Performance sind ein extra Bandeigener Ansager, der das Publikum in Rage bringt sowie die Tatsache, dass am Schluss Publikum am Schluss auf die Bühne geholt wird. Von letzterem bin ich zwar kein großer Fan, das sorgt aber immer für Stimmung. Kurzum, bisher für mich das beste Konzert des Jahres, und das will was heißen. Meine bisherigen Konzerte waren ja auch nicht von schlechten Eltern.


Ich muss schließlich noch ein paar Worte über den heute stattfindenden ersten Wahlgang der französischen Präsidentschaftswahl verlieren. Ich selbst kann zwar nicht wählen, da ich dafür extra nach Stuttgart oder Freiburg fahren müsste (Briefwahl gibt es bei den Franzosen leider nicht), ich bin aber trotzdem gespannt wie ein Flitzebogen. Schafft es Ségolène in den zweiten Wahlgang? Ich bin ganz zuversichtlich, auch wenn die Umfragen ein Kopf-an-Kopf Rennen zwischen ihr, Sarkozy, Bazrou, und auch Le Pen, den man leider noch nicht abschreiben kann, prophezeihen. Ich bin jedoch der Meinung, das Royal und Sarko genügend Vorsprung haben, Le Pen zudem vor Bayrou landen wird, da er bisher stets mehr Stimmen erziehlt hat, als ihm prophezeit wurden. Die anderen acht Kandidaten kann man übrigens vergessen, auch wenn ein paar Interessante dabei sind... Vor allem die Linken und Trotzkisten sind für uns deutsche doch eine sehr französische Eigenheit, bei uns unvorstellbar. Gegen den PC ist die PDS sehr realistisch!

Donnerstag, 19. April 2007

The Fratellis

Dienstag Abend war es mal wieder an der Zeit für ein Konzert, da traf es sich gut, dass eine der Bands, die in jüngster Zeit so richtig durchstarten, gerade in Berlin verweilte. The Fratellis aus Glasgow sind ganz im Stile der britischen Indie-Rock Bands, wie ich sie gern mag. Sie lassen sich stilistisch in etwa auf halbem Weg zwischen Franz Ferdinand (für die Qualität ihrer Musik) und den Kaiser Chiefs (für den gute Laune & Stimmungsfaktor) verorten. Entsprechend waren meine Erwartungen hoch und, um dies schon vorweg zu nehmen, sie wurden auch vollständig erfüllt. Das ganze fand im Kesselhaus der Kulturbrauerei statt, eine sehr nette Location gerade noch in einer Größe, dass es nicht zu groß ist. Zu vergleichen mit der alten Feuerwache in Mannheim.

Die Vorband ist kaum erwähnenswert, es spielte Bosse alleine ein kleines Akustik-Set, ganz nette Lagefeuermusik. Wäre netter gewesen, wenn er nicht nach jedem Song erwähnt hätte, dass er kurzfristig eingesprungen sei und eigentlich mit einer Band spielt und viel rockigere Musik macht. The Fratellis waren gigantisch. Die Bühnenshow ist zwar nicht spektakulär, aber die Musik ist live so, wie man es beim Anhören auf Platte erahnt – es geht ab. Teilweise sind die Stücke anders arrangiert als auf dem Album, aber das ist eher zu ihrem Vorteil. Sogar die Midtempo Stücke waren mitreißend, ganz zu schweigen von den Abgehnummern, bei denen die ganze Halle tobte. Wie immer bei Newcomerbands gibt es einen kleinen Wermutstropfen: es war kurz – nach einer Stunde inklusive Zugaben war das Konzert rum. Aber man kann es ihnen kaum vorwerfen. Sämtliche Stücke des Albums Costello Music plus eine B-Seite reichen halt nicht für mehr...

Elternbesuch

Ich habe gerade sehr intensive Tage hinter mir: von Mittwoch bis Sonntag waren meine Eltern zu Besuch. So sehr ich mich über Ihr Kommen gefreut habe – es war schon anstrengend. Das lag nicht daran, dass es meine Eltern waren, man könnte das selbe über jeden Besuch schreiben, der mehrere Tage bleibt. Denn es bedeutet, nach der Arbeit gleich loszuziehen, um sich den touristischen Aktivitäten anzuschließen. Dies ist sehr nett und interessant, aber auf die Dauer doch ermüdend. Da ich ja auch noch nicht so lange hier bin, habe ich selbst auch noch neues entdeckt. Auch verändert sich in Berlin gerade alles, da bei dem frühsommerlich warmen Wetter alles zusehends grüner wird, überall sind mehr Leute, die Straßencafés sind nun alle offen – die Stadt zeigt sich von ihrer besten Seite, und diese gefällt mir sehr.

Touristisches Highlight des Elternbesuchs war eindeutig unser samstäglicher Ausflug nach Potsdam. Ein ganzer Tag blauer Himmel, Sonnenschein und Prunk und Glanz der Hohenzollern. So sehr der Größenwahn der Monarchen verwerflich ist, so sehr sind die Potsdamer Anlagen um Schloss Sans-Souci beeindruckend. Im Nachhinein ist es durchaus ein sehr sehenswerter Teil des deutschen Kulturguts. Auch Potsdam an sich ist ganz nett, die Altstadt ist schön rausgeputzt, der Kommerz hat nicht zu sehr Überhand genommen und die historischen Bauten schön hergerichtet. Besonders sehenswert ist das holländische viertel, mit Backsteinhäusern, die tatsächlich im holländischen Stil erbaut wurden, und dies in den 1730er Jahren von den holländischen Handwerkern, die zum Bau von Sans-Souci da waren. Am Abend waren wir natürlich erledigt.

Kulinarisch lohnt sich ein Elternbesuch auch immer, da wir dann natürlich essen gehen und ich eingeladen werde. Besonders gut: Ein türkisches Restaurant in der Bleibtreustraße in Charlottenburg – sehr gutes Essen jenseits vom Döner Kebab und exzellenter Service. Ebenfalls in guter Erinnerung bleibt zudem unser Sonntagsbrunch am Helmholtzplatz in Prenzlberg, all you can eat bis zum Umfallen und ich hätte so gern noch mehr Leckereien probiert, aber war so voll dass ich fast geplatzt wäre. Muss ich halt bei Gelegenheit wieder hin, zumal das Ganze auch gut bezahlbar ist.

Fazit der Tage: sehr gut, aber anstrengend. Schön, dass ich heute Nacht wieder ohne Oropax schlafen kann... die waren wegen der Scharcherei meines Papas nämlich bitter nötig. Meine Eltern fanden es übrigens auch beide toll – mein Papa vor allem die Bilder von Knut in der U-Bahn, meine Mama die tollen Bäume im Park in Potsdam. Ernsthaft – Roland war ganz neidisch, dass ich hier wohnen darf, er träumt schon seit Jahren davon, in der Stadt zu wohnen. Mama hingegen ist froh, dass sie in Steinen wohnt, sie war noch nie so für Städte zu begeistern...

Mittwoch, 11. April 2007

Melancholie und Trauer kann so schön sein

Als ich zum ersten Mal Musik von der Band Bright Eyes hörte, war ich sofort gepackt. Die Stimme ihres Sanges Conor Oberst geht einem so was von unter sie Haut, dass man nicht mehr losgelassen wird. Anfang des Jahres 2005 veröffentlichte Herr Oberst mit seiner Band gleich zwei meisterhafte Alben auf einmal, welche demonstrierten, dass melancholische und traurige Musik wunderschön sein kann. Dieser Widerspruch gelingt der Band mit ihrem soeben erschienenen neuen Album, Cassadaga, auf weiterhin sehr hohem Niveau. Es bewegt sich auf einer Linie mit dem 2005er Album I’m Wide Awake, It’s Morning. Die folkig-countryhafte Musik versprüht eine Melancholie, dass einem Gänsehaut wächst und ist gleichzeitig von einer Schönheit zum dahin schmelzen. So etwas gelingt sonst nur Damien Rice, dieser zieht einen jedoch nur weiter runter, wenn man schlecht Laune hat. Hört man Bright Eyes, geht es einem jedoch eher wieder besser.

Montag, 9. April 2007

Ostern

Ich habe das verlängerte Osterwochenende genutzt, um mich auf eine Reise in die Heimat, nach Steinen in den Südschwarzwald zu begeben. Ich bin ja noch nicht lang in Berlin, doch es gab wichtige Gründe, um die siebeneinhalbstündige Zugfahrt auf mich zu nehmen. Meine Schwester Anne und ihr Freund Till waren letztmalig vor ihrer Abreise zu einer einjährigen Asienreise in Steinen. Zudem war auch meine Oma zu Besuch. Damit habe ich die volle Familiendröhnung erhalten.

Das ist durchaus positiv gemeint, ich genieße das jedes Mal. Auf die Dauer ist das Hagedorn'sche Chaos jedoch anstrengend und ich genieße nach solchen Heimataufenthalten stets die Ruhe, die das Leben als Single mit sich bringt. Das traumhafte Wetter, welches das ganze Wochenende herrschte, haben wir für schöne Spaziergänge genutzt, unter anderem in Tunau, für mich eine sehr reizvolle Entdeckung am Hang des Staldenkopfes über Schönau (manchen bekannt als der Heimatort unseres Fußball-Bundestrainers Jogi Löw).

Leider neigt sich die Idylle nun wieder dem Ende zu. Ich schaue der Heimfahrt nach Berlin mit wenig Vorfreude entgegen. Nicht nur, dass ich lange Zugfahrten nicht leiden kann - bei mehr als drei Stunden wird auch Lesen anstrengend. Da der Zug so ausgebucht ist, musste ich eine Sitzplatz- reservierung im Raucherabteil in Kauf nehmen. Bei der Ankunft werde ich stinken wie nach einer durchzechten Nacht in der gammeligsten Raucherabsteige. Was man für einen Kurzurlaub nicht alles in Kauf nimmt...

Samstag, 7. April 2007

Die Rütli Schule

Weil mich schon so viele von Euch gefragt haben, nachdem ich berichtet hatte, dass ich nach Neukölln ziehe bzw. jetzt dort wohne: Ja, ich wohne tatsächlich in der Nähe der Rütlischule. Sie liegt in ca. 5 Minuten Fahrradentfernung Richtung Nordost, ich komme quasi daran vorbei, wenn ich mit dem Fahrrad zum Görlitzer Park oder nach Kreuzberg zu Schlesischen Tor fahre. Da der verzweifelte Brief der Lehrer dieser Schule sich in den letzten Tage zum ersten Mal gejährt hat, war zuletzt viel über die Schule in den Medien zu lesen.

Wie es aussieht, hat der Hilferuf seine Früchte getragen. Stets erwähnt wird ein Projekt, das ich ziemlich cool finde. Schüler der Schule designen das so genannte Rütliwear, das sehr professionell im Internet vermarktet wird. Die Kleidung sieht gar nicht schlecht aus, und vor allem die Solidaritäts-T-Shirts, die ausschließlich der Finanzierung des Projekts dienen und schlicht die Aufschrift RÜTLI tragen, sind für 14 Euro das Stück doch recht günstig. Da Ihr alle Fans der Schule zu sein scheint, könnt Ihr Euch ja eins zulegen.

Wenn ich schon dabei bin, kann ich noch kurz ein Wort über das Publikum des Bezirks Neukölln verlieren. Zunächst kann man sagen, dass in Berlin allgemein auffällig ist, dass es sich dabei um eine Stadt handelt, in der die sozioökonomisch nicht so gut gestellten Schichten einen großen Bevölkerungsanteil einnehmen. Man braucht nur einmal U-Bahn zu fahren, um das zu merken. Dabei kann man übrigens oft sehr lustigen Unterhaltungen lauschen. Beispielsweise habe ich so schon sehr gute Tipps für das effiziente Solariumbräunen erhalten...

Zum Neuköllner Publikum kann man zusammenfassend sagen: Jung, proletig, mehrheitlich ausländisch aussehend. Ich meine das durchaus nicht negativ. Es ist nur auffällig, wenn man bisher in eher wohlhabenden, klein- oder bildungsbürgerlich geprägten Gegenden gelebt hat. Man lernt eine ganz neue Seite der deutschen Gesellschaft kennen. Und um noch etwas hinzuzufügen: ich habe weder Aggressivität oder Kleinkriminalität in meiner Gegend bemerkt noch mich zu irgendeinem Zeitpunkt irgendwie unsicher gefühlt. Im Gegenteil, ich fühle mich im Herzen der Neuköllner City richtig wohl!

Freitag, 6. April 2007

Infos aus dem Prekariat

Jetzt, wo ich als Hartz IV Empfänger Teil des Präkariats bin, will ich Euch darüber informieren, wie es sich dort zu leben hat. Die Bundesagentur für Arbeit und die Sozialämter haben nämlich kleinlichst errechnet, wofür man das kostbare Geld, was man von ihnen erhält auszugeben hat. Kommen wir zunächst zum einfachen Teil, das Wohngeld. Das errechnet sich sehr einfach, man bekommt die Kaltmiete, die Betriebskosten sowie die Heizkosten erstattet, sofern man angemessen wohnt - für eine Person sind das bis zu 50 quadratmeter Wohnfläche. Abgezogen wird in meinem Fall jedoch eine Pauschale von ca. 11 Euro monatlich, da ich mit dem Gas, das ich erstattet bekomme, auch Koche und mein warmes Wasser erhalte. Soviel Luxus darf dann doch nicht sein.
Der wesentliche Teil, das eigentliche ALG II, besteht aus der Sicherung des Lebensunterhalts. Dafür reichen laut SGB II 345 Euro im Monat, die sich folgendermaßen berechnen:
  1. Nahrung, Getränke, Tabakwaren ca. 38% (131,10 Euro)
  2. Bekleidung, Schuhe ca. 10% ( 34,50 Euro)
  3. Wohnung (ohne Mietkosten), Strom, etc. ca. 8% ( 27,60 Euro)
  4. Möbel, Apparate, Haushaltsgeräte ca. 8% ( 27,60 Euro)
  5. Gesundheitspflege ca. 4% ( 13,80 Euro)
  6. Verkehr ca. 6% ( 20,70 Euro)
  7. Telefon, Fax ca. 6% ( 20,70 Euro)
  8. Freizeit, Kultur ca. 11% ( 37,95 Euro)
  9. Beherbergungs- und Gaststättenleistungen ca. 3% ( 10,35 Euro)
  10. sonstige Waren und Dienstleistungen ca. 6% ( 20,70 Euro)
Ich muss sagen, dass ich finde, dass man mit diesem Geld ganz gut über die Runden kommen kann, wenn man es gewohnt ist, als Student schon etwa auf diesem Niveau gelebt zu haben. Deswegen bin ich damit auch sehr zufrieden, zumal ich dank meines kleinen Einkommens aus dem Praktikum noch was zusätzlich habe. Allerdings kann ich mir schon vorstellen, dass das Alltagsleben schwieriger wird, wenn man längerfristig von diesem Regelsatz leben muss, da dann jede größere Anschaffung - anzufangen bei besserer Kleidung - ganz schön zu Buche schlägt. Aber als Übergang zwischen Studium und Beruf ist das super. Ich bin dankbar, in einem Land mit ausgebauten Sozialsystem zu leben.So weit ist es mit mir noch nicht gekomment und ich weiß auch nicht, wo das Bild her ist, aber das findet man in Berlin sicher auch...

Montag, 2. April 2007

Ich bin jetzt Hartz IV Empänger!

Es ist soweit: Seit Sonntag bin ich offiziell nicht mehr Student. Damit beginnt der Ernst des Lebens. Glücklicherweise habe ich gerade noch rechtzeitig zum Monatsende meinen Arbeitslosengeld II Bescheid erhalten. Damit ist mein Lebensunterhalt gesichert. Ich bin nun erstmals in meinem Leben finanziell unabhängig von meinen Eltern... und begebe mich stattdessen in die Abhängigkeit des Staates. Ohne damit ein luxuriöses Leben bestreiten zu können, werde ich allerdings nicht am Hungertuch nagen, da zum einen ein Teil meiner kleinen Einkünfte aus meinem Praktikum bei der Berechnung der ALG II Satzes nicht berücksichtigt werden und ich zum anderen ohnehin mehr bekomme, als ich zu Studienzeiten zur Verfügung hatte. Zumindest in denjenigen Zeiten, in denen ich nicht gearbeitet habe.
Ich muss noch mal kurz auf meine Erlebnisse im Jobcenter Neukölln in dieser Woche zurückkommen. Ich war nämlich zweimal dort. Das erste Mal lief alles wie geschmiert, ich habe meinen Antrag auf ALG II und Wohngeld abgegeben, musste kaum warten und erhielt die Versicherung, dass alles schnell bewilligt werden würde, was auch gestimmt hat. Ich war sehr positiv überrascht.
Der zweite Termin war mit meiner Betreuerin beim Arbeitsamt, im Ergebnis eigentlich auch unproblematisch, aber mit interessantem Inhalt. Zunächst habe ich Ärger bekommen, weil ich mein Praktikum nicht im Voraus angemeldet habe, um es bewilligen zu lassen. Zudem gehen Praktika, die länger dauern als zwei Monate, schon gar nicht. Glücklicherweise ist mein Praktikum bezahlt, auf diese Weise konnte es dann doch unproblematisch unter „Eingliederung in den Arbeitsmarkt“ verbucht werden. Weiterhin habe ich erfahren, dass die Betreuer des Arbeitsamts keine Stellenangebote weitergeben dürfen, da es Ärger mit den Arbeitgebern gegeben hat, weil ihnen so viele unmotivierte Leute geschickt wurden. Was machen die Betreuer also, außer Arbeitslose verwalten? Dann jedoch ein für mich ermutigendes – ansonsten aber eher deprimierendes Statement: „Herr Hagedorn, sie sind hier in Neukölln. Sie sind für uns ein Traumfall. Sie sind so hoch qualifiziert, die meisten Leute, die hier zu uns kommen, haben nicht mal einen Hauptschulabschluss.“ Dann kann das mit dem Job ja nur eine Frage der Zeit sein...

Ich war am Wochenende übrigens erstmals hier richtig weg, am Freitag mit Arbeitskollegen Essen und Trinken in Friedrichshein – wie ich höre nennt man die Ecke Simon Dach Kiez – und am Samstag mit Thomas und Sandra in Kreuzberg. Nach ein paar Bierchen in einer netten Kneipe Namens Cake (wo ich die Telefonnummer eines männlichen Bewunderers zugesteckt bekam – sollte mir das zu denken geben? Es war keine Schwulenkneipe...) ging’s ins Lido zum Karreraklub. Es ist, als ginge man in Heidelberg ins Karlstorbahnhof zur Rollercoasterparty, nur ist es etwas größer, die Leute tanzen mehr und als wir um halb 5 gingen ging’s noch immer heiß her. Willkommen in der Großstadt. Ich fand’s super!
Sonntag nutzte ich das immer traumhafter werdende Wetter – inzwischen kann man im T-Shirt raus – um mal wieder einen Touristischen Erkundungsgang vorzunehmen. Diesmal schwang ich mich auf mein Rad und fuhr nach Charlottenburg, um mir die Gegend um den Ku’Damm anzuschauen. Es weht dort ein Hauch von Champs-Elysées, aber Berlin-Typisch ist alles etwas abgefuckter. Leider haben sich allzu viele Nachkriegsbausünden zwischen die alten Prachtbauten geschlichen. Die Seitenstraßen sind da schon netter, die Boutiquen und Kneipen die es dort gibt sind recht einladend. Aber die östlicheren Gefilde Berlins gefallen mir deutlich besser. Fotos dieses Tages gibt es hier, zudem habe ich letzte Woche auf dem Weg zur Arbeit mal meine Kamera gezückt und mich am Sonycenter fotographisch verausgabt.