Sonntag, 22. April 2007

Ein Frühlingswochenende in Berlin

Ich bin schon vom Glück gesegnet. Seit ich in Berlin angekommen bin, habe ich wettermäßig bis auf ein paar Regentage zwischendurch nichts von der sprichwörtlichen Berliner Tristesse mitbekommen. Im Gegenteil, es ist ständig traumhaftes Sonnenscheinwetter. Auch wenn es nicht mehr so warm ist, wie beim Sommereinbruch letzte Woche, kann man auch dieses Wochenende wieder bei strahlender Sonne den Frühling ausbrechen sehen und Berlin beim grüner werden zuschauen. So ist auch inzwischen mein Innenhof dank der dort stehenden Bäume grüner und freundlicher geworden. Ich habe gestern auf einer kleinen Fahrradtour am Neuköllner Ufer des Landwehrkanals, bzw. seiner Verlängerung, dem Neuköllner Schifffahrtskanal, mit einem kleinen Abstecher nach Kreuzberg ein paar Fotos geschossen.

Um den Frühling in vollen Zügen genießen zu können, habe ich mir gestern zudem ein neues Fahrrad gekauft – das inzwischen fünfte Erwachsenenrad meines Lebens: das erste fiel einem Unfall zum Opfer, das zweite wurde mir in Heidelberg vor der Haustür weggestohlen, das dritte, ein gebrauchtes, ging kaputt. Selbiges lässt sich auch über mein viertes sagen, mehr dazu gleich. Das neue Rad konnte ich mir dank der dafür gedachten finanziellen Zuwendungen von meinen Eltern zum Geburtstag leisten. So habe ich mir ein nagelneues, alltagstaugliches Trekkingrad gekauft. Es war bitter nötig, da mein bisheriges Fahrrad drohte auseinander zu Fallen. Bereits in Heidelberg war vor einiger Zeit schon das Schutzblech abgefallen, die Gangschaltung funktionierte überhaupt nicht mehr, sodass die Kette stets sprang. Kürzlich war auch noch ein Bremskabel gerissen, die andere Bremse war auch schon bedenklich schwach auf der Brust. Die Reparatur hätte also den Wert des Fahrrads sicherlich bei weitem überstiegen... und das Fahren war eine Gefahr für den Fahrer und die anderen Verkehrsteilnehmer geworden. Ich hebe es trotzdem mal auf – als Besucherfahrrad. Überlegt Euch also gut, ob ihr hier mit mir radeln wollt Das neue Rad ist jedenfalls ein Genuss: Man kann wieder schnell fahren, ohne angst zu haben, an der nächsten Ampel nicht anhalten zu können. Und es ist deutlich weniger anstrengend.

Zu einem guten Wochenende gehört natürlich auch ein Konzertbesuch. Ich finde es ja stets schwierig, Bands musikalisch einzuordnen und zu beschreiben, deshalb erspare ich Euch das im Fall von The Blood Arm aus L.A., California. Die drei Herren und eine Dame waren gestern im Lido in Kreuzberg zu Gast und ich bin noch immer total hin und weg. Ihr Album Lie Lover Lie ist ja schon der Hammer, das solltet Ihr Euch auf jeden Fall anhören. Live ist The Blood Arm jedoch auch ein Erlebnis, das man sich nicht entgehen lassen sollte. Alle Elemente für eine geile Show sind dabei versammelt. Zunächst natürlich die vorzügliche Musik. Dann das Charisma der Band insgesamt (mit sehr hübscher Keyboarderin) und des Sängers insbesondere. Dieser erinnert stimmlich sehr an Alex Kapranos von Franz Ferdinand, hat einen Hüftschwung, vor dem andere erblassen würden, hat unglaubliche Entertainerqualitäten und ist (bzw. spielt diese Rolle) total sexbesessen. Eine solche Interaktion mit dem Publikum habe ich selten gesehen. Zwischen den Stücken werden männliche wie weibliche Publikumsmitglieder schamlos, aber humorvoll, angebaggert, BandmitgliederInnen für Ihre Geilheit gelobt, usw. Zudem geht der Sänger ins Publikum und vermag es, dass sich für den Song „Angela“ alle auf Kommando hinsetzen. Weitere Elemente der Klasse Performance sind ein extra Bandeigener Ansager, der das Publikum in Rage bringt sowie die Tatsache, dass am Schluss Publikum am Schluss auf die Bühne geholt wird. Von letzterem bin ich zwar kein großer Fan, das sorgt aber immer für Stimmung. Kurzum, bisher für mich das beste Konzert des Jahres, und das will was heißen. Meine bisherigen Konzerte waren ja auch nicht von schlechten Eltern.


Ich muss schließlich noch ein paar Worte über den heute stattfindenden ersten Wahlgang der französischen Präsidentschaftswahl verlieren. Ich selbst kann zwar nicht wählen, da ich dafür extra nach Stuttgart oder Freiburg fahren müsste (Briefwahl gibt es bei den Franzosen leider nicht), ich bin aber trotzdem gespannt wie ein Flitzebogen. Schafft es Ségolène in den zweiten Wahlgang? Ich bin ganz zuversichtlich, auch wenn die Umfragen ein Kopf-an-Kopf Rennen zwischen ihr, Sarkozy, Bazrou, und auch Le Pen, den man leider noch nicht abschreiben kann, prophezeihen. Ich bin jedoch der Meinung, das Royal und Sarko genügend Vorsprung haben, Le Pen zudem vor Bayrou landen wird, da er bisher stets mehr Stimmen erziehlt hat, als ihm prophezeit wurden. Die anderen acht Kandidaten kann man übrigens vergessen, auch wenn ein paar Interessante dabei sind... Vor allem die Linken und Trotzkisten sind für uns deutsche doch eine sehr französische Eigenheit, bei uns unvorstellbar. Gegen den PC ist die PDS sehr realistisch!

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Deine Wahlprognose war ja nicht sehr zutreffend, aber da du Le Pen falsch getippt hast, ist es eher erfreulich. Ansonsten ist das Ergebnis ja nicht so toll, Sarkozy wird wohl leider Präsident werden...

Anonym hat gesagt…

wow, und was für ein Radel!!! und das nur an einem Tag erstanden, Respekt! während ich wochenlang jedem Radfahrer hinterhergucke...
war mal wieder schön in Berlin!

The French German hat gesagt…

Hatte sowas von genug von meinem alten Rad, ich glaube, ich hätte alles gekauft... Mal sehen, ob sich es sich als gute Entscheidung erweist.

Anonym hat gesagt…

ah, endlich mal einer, der auch weiß, dass man keine Briefwahl machen kann. meine umgebung will mir das nie ganz abnehmen. wieso müsstest du nach stuttgart wählen gehen? vergessen, dich beim konsulat umzumelden? ;-)

The French German hat gesagt…

Ich bin erst im März nach Berlin gezogen. Ummeldungen für die Wahl waren aber leider nur bis zum 31. Dezember möglich. Da wusste ich aber noch nicht sicher, ob ich nach Berlin gehe und habe das sowieso noch nicht bedacht. Sind halt etwas unflexibel, die Franzosen...