Als wir morgens um 5 mit dem Nachtzug in Jaisalmer ankommen, zeigt sich die Stadt nicht gerade von ihrer besten Seite. Wir sowie die paar anderen ankommenden westlichen Touristen werden von den schlimmsten Rickshawfahrern und Schleppern belagert, die ich bisher in Indien erlebt habe. Es wird auf einen eingeredet und wir werden noch lange verfolgt, als wir uns längst entschieden haben, aufgrund ebendieser Belagerung zum Hotel unserer Wahl zu gehen. Zwar lebt Jaisalmer hauptsächlich vom Tourismus und es ist tiefste Nebensaison, sodass der Wettbewerb tobt, doch dieses Verhalten schreckt die Touristen eher ab.
Jaisalmer, Altstadt und Fort |
Als wir jedoch ein paar Stunden später ein wenig ausgeruht aus unserem Hotel treten, sind wir wieder versöhnt. Jaisalmer, ehemals eine wichtige Etappe auf den Handelsrouten nach Westen, ist heute eine Kleinstadt mitten in der Thar-Wüste tief im Westen Rajastans. Von hier ist es nicht mehr weit nach Pakistan. Die Stadt ist fast komplett aus gelbem Sandstein gebaut, sodass sie gerne die Goldene Stadt genannt wird. Jaisalmer wird überragt von einem Majestätischen Fort, das nicht nur den Palast beherbergt, sondern auch noch immer „normalen“ Menschen, deren Häuser sich im inneren seiner Wände befinden, eine Heimat gibt. Damit ist Jaisalmer wohl das einzige „lebende“ Fort der Welt. Abgesehen von den anstrengenden Shopbesitzern und anderen vom Tourismus abhängigen Menschen ist Jaisalmer eine sehr schöne und ruhge Stadt, wo es uns gut gefällt. Wir schlendern viel durch die Gassen und genießen es, hier zu sein.
Bei einem Besuch in Jaisalmer ist eine Kamelsafari fast Pflicht. Auch wir haben das fest eingeplant und entscheiden uns aufgrund der knappen Zeit für eine 2 Tage dauernden Kamelritt mit einer Übernachtung in der Wüste unter freiem Himmel. Die Wahl der Agentur Thar Safari erweist sich als gut (auch wenn unsere Hotelbesitzer etwas beleidigt sind, dass wir nicht bei ihnen gebucht haben), alles ist bestens organisiert. Wir sind nur zu zweit und haben als Kameltreiber zwei Jungs dabei, die uns, wie bei solchen Unternehmungen in Indien üblich, bestens umsorgen. Wir werden bekocht und müssen selbst keinen Finger krümmen. Kamelreiten ist eine angenehme Art der Fortbewegung, man schreitet relativ langsam durch die durchaus abwechslungsreiche Wüstenlandschaft. Das hat etwas meditatives.
Begegnung zweier "Karavanen" |
Höhepunkt der Safari ist aber wie erwartet die Übernachtung in der Wüste. Wir kommen uns fernab vor von der Zivilisation (die aber gar nicht so weit ist), um uns grasen die Kamele, über uns spendet der Vollmond Licht. Wir haben großes Glück, denn ausgerechnet in dieser Nacht findet eine Mondfinsternis statt, sodass wir auch noch einen wunderbaren Sternenhimmel zu sehen bekommen. Am nächsten Morgen wird weiter geritten, wir entscheiden jedoch, nach dem Mittagessen nicht mehr per Kamel weiterzuziehen. In der Tat schmerzt die Innenseite unserer Oberschenkel inzwischen so sehr, dass wir uns fragen, wie man sich wohl nach einer längeren Safari fühlen muss. Dennoch ein unvergessliches und sehr empfehlendes Erlebnis, dass den Wüstenbewohnern direkt zugute kommt. Vielen jungen Männern bleibt aus Mangel an Alternativen keine andere Wahl, als Kameltreiber für Touristensafaris zu werden, wenn sie ihre Heimat nicht verlassen wollen. Unsere beiden Jungs sind beide unter 18 und der jüngere ist mit 15 der einzige Familienernährer. Angesichts der Routine, mit der wir von ihm bestens umsorgt werden, hat er sicher schon einige Kameltouren hinter sich.
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