Samstag, 26. April 2008

Dagegen!

Morgen sollen die wahlberechtigten Berliner in der Wahlkabine zu folgender Frage Stellung nehmen: „Der Stadtflughafen Tempelhof ergänzt und entlastet den Verkehrsflughafen Berlin-Brandenburg International (BBI). Der Berliner Senat wird aufgefordert, sofort die Schließungsabsichten aufzugeben und den Widerruf der Betriebsgenehmigung aufzuheben. Tempelhof muss Verkehrsflughafen bleiben. Stimmen Sie diesem Beschluss zu?“

Erstmals in der Geschichte Berlins wurden in einem Volksbegehren genügend Unterschriften gesammelt, um Landesweit einen Volksentscheid einzuberufen. Noch vor ein paar Jahren hätte ich diesen „Erfolg“ für die direkte Demokratie bejubelt. Heute ist das anders.

In der Sache ist mir der Flughafen Tempelhof relativ egal. Der kleine innerstädtische Berliner Flughafen, der durch die Luftbrücke in die Geschichte eingegangen ist, soll aufgrund mehrer Beschlüsse des Berliner Senats in den 1990er Jahren noch in diesem Herbst schließen, da Berlin ab 2011 in Schönefeld über einen neuen Großflughafen verfügen wird. Auch der heutige internationale Flughafen in Tegel schließt dann. Bereits heute Fliegen ab Tempelhof kaum mehr Flugzeuge, der Flughafenbetrieb ist stark defizitär. Ich möchte allerdings hier keine Argumente für oder gegen die Offenhaltung des Flughafens Tempelhof aufführen. Ich werde jedenfalls gegen die Offenhaltung stimmen, und zwar aus folgenden gründen.

Der Volksentscheid zum Flughafen Tempelhof illustriert auf lehrbuchartige Weise, weshalb Plebiszite keine gute Sache für die Demokratie sind. In der Tat werden dadurch nur Partikularinteressen durchgesetzt. Um ein Volksbegehren zum Erfolg zu bringen, sodass die Wähler in die Abstimmungslokale gerufen werden können, benötigt es in Berlin 170000 Unterschriften. Diese muss man erst einmal einsammeln. Hierfür muss eine gewaltige Mobilisierungskampagne veranstaltet werden, zumal wenn es um ein Thema geht, was nicht unbedingt von größter Bedeutung ist. Das kostet auch viel Geld. So verwundert es nicht, dass die Initiative, die hinter dem Volksbegehren steckt, die ICAT, im wesentlichen von großen Wirtschaftsinteressen getrieben wird. So konnten die Mittel beschafft werden, um beispielsweise am Wochenende Shuttlebusse zwischen den Bürgerämtern, wo die Unterschriften Listen auslagen, und Einkaufszentren Verkehren zu lassen.

Zweitens führt die Springer-Presse eine intensive Kampagne für Tempelhof, erst zum Unterschriftensammeln, jetzt um „Ja“ Stimmen. Die Bild enthält jeden Tag Artikel, in der Berliner Morgenpost gibt es eine Serie zur Geschichte des Flughafens, die Welt trommelt ebenfalls für die Offenhaltung, angeblich, weil die Berliner Wirtschaft den Flughafen braucht. Eigentlich geht es aber sicherlich darum, dem Rot-Roten Senat eins auszuwischen.

Hier kommt die bürgerliche Opposition ins Spiel. Unter CDU-Bürgermeister Eberhard Diepgen hat seine Partei die Beschlüsse zur Schließung des Flughafens mit vorangetrieben. Heute hat CDU Fraktionschef Pflüger das Thema entdeckt, um gegen den Senat zu mobilisieren und spielt sich zum Tempelhof Fan auf, obwohl ihm das Thema bis vor kurzem recht egal ist. Dass die CDU als Westberliner Partei (im Osten ist sie sehr schwach) an die Geschichte appelliert und so versucht zu punkten ist billig. Dass die FDP stramm zur Wirtschaft steht ist klar, obwohl sie ja sonst so gegen Subventionen ist (diese wären bei einer Offenhaltung unumgänglich).

Schließlich geht es eigentlich um eine ziemlich komplexe Frage, die hier extremst vereinfacht und teilweise verfälscht wird. Im Kern soll Tempelhof geschlossen werden, weil ansonsten ein Teil der Grundlage für die Genehmigung des neuen Großflughafens BBI wegfiele. Nun wird getan, als sei das kein Problem. Zudem wird den nostalgischen Berliner Angst gemacht: Flughafen wird abgerissen (stimmt nicht, das Gebäude ist denkmalgeschützt), das Luftbrückendenkmal ist in Gefahr (auch falsch), der BBI wird zu klein sein (dabei ist er für bis zu 40 Millionen Passagiere geplant, im vergangenen Jahr empfingen die Berliner Flughäfen gut 20 Millionen Reisende).

Man könnte dies fortführen. Ich befürchte leider, dass die Befürworter gewinnen werden, da sie erstens mehr Geld für die Kampagne hatte als die Gegner und zweitens mit der Springerpresse ein lautstarkes Sprachrohr. Zudem ist Tempelhof vielen egal. So wird es wohl kommen, dass das Ja gewinnt, jedoch das erforderliche Quorum von insgesamt 25% der Wahlberechtigten nicht erreicht wird. Außerdem ist der Senat ohnehin nicht an das Ergebnis der Abstimmung gebunden. Ich kann mir aber schon lebhaft die BILD Schlagzeile vorstellen: „Wowereit ignoriert den Volkswillen“. Das sollte er auch tun!

Hier geht's zum Bündnis für ein flugfreies Tempelhof.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Klugscheisser!!!!