Montag, 18. April 2011

Mysore – königlich

Mit dem Superfast-Bus der Kerala State Road Transportation Corporation kommt man tatsächlich relativ schnell von Kalpetta nach Mysore. Die 120 Kilometer werden in gut drei Stunden zurückgelegt, einen solchen Schnitt hatte ich bei Busfahrten in Indien noch nie. Man durchquert zudem die beiden Naturschutzgebiete Muthanga in Wayanad und Bandipur in Karnataka. Ich blicke angestrengt in die schönen Wälder, in der Hoffnung ein wildes Tier zu sehen, doch die Hoffnung bleibt unerfüllt.
Ähnlich wie das Deutsche Reich vor 1870 war Indien bis zur Unabhängigkeit zersplittert in hunderte von kleinen und weniger kleinen Fürstentümern. Dies war selbst unter der britischen Herrschaft noch der Fall, da die Briten die Rajas, Maharadschas, Nawabs u.ä. gerne formell ihre Reiche regieren ließen, um so Verwaltungs- und Besatzungskosten zu sparen. Mysore war bis zu seinem Beitritt zur Indischen Union bei der Unabhängigkeit des Landes 1947 eines der größeren Reiche, das prosperierte und etwa ein Drittel des heutigen Bundesstaates Karnataka einschloss. Da ihnen die politische Macht fehlte, verausgabten sich die hiesigen Maharadschas, indem sie in Saus und Braus lebten und ihre Hauptstadt, die ebenso heißt wie ihr Fürstentum, architektonisch prunkvoll gestalteten. So versprüht Mysore bis heute den (etwas verstaubten) Glanz einer alten Hauptstadt, mit ihren Prachtstraßen und Plätzen, repräsentativen Bauten und natürlich den weltberühmten Palast, der den Vergleich mit den großen europäischen Schlössern nicht scheuen muss.
Es gibt also hier sehr viel zu sehen, denn der Großteil der Bauten stammen aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert und sind damit sehr gut erhalten. Da ich Mysore als sehr angenehme Stadt empfinde, verbringe ich hier genügend Zeit, um den größten Teil der Sehenswürdigkeiten abzuklappern. Neben dem Palast und dem Tempelberg Chamundi Hill besuche ich unter anderem auch den sehr schön angelegten Zoo sowie den benachbarten Naturpark um den Lake Karanji, wo zahlreiche Vogelarten wie der Painted Storck sowie Pelikane nisten. Es wäre Mühsam, meine touristischen Aktivitäten im Detail aufzulisten, doch die Fotos dokumentieren vieles, was ich gesehen habe. Da Mysore bekannt ist für seine ätherischen Öle, insbesondere Sandelholzöl, was es nur hier gibt, lasse ich mich in einschlägigen Läden beraten, verlasse diese duftend wie eine Parfümerie und decke mich nebenbei mit einigen der Öle ein, die selbstverständlich alle einen therapeutischen nutzen haben.
Gumbaz
Ich unternehme auch einen kleinen Ausflug ins benachbarte Srirangapatna, der ehemaligen Hauptstadt von Hyder Ali und dessen Sohn und Nachfolger als Herrscher von Mysore, Tipu Sultan. Ersterer hatte Mitte des 18. Jahrhunderts der dahindümpelnden Wodeyar-Dynastie die Macht entrissen und Mysore durch effektive Verwaltung und erfolgreiche Feldzüge zu einer Macht in der Region gemacht. 1799 besiegten die Briten Tipu Sultan in Srirangapatna, zerstörten die Stadt weitgehend, setzten die Wodeyars wieder auf den Thron und etablierten sich als dominierende Kraft in Südindien. Der letzte Wodeyar Maharadscha starb übrigens erst 1974. Trotz der Zerstörung durch die Briten gibt es im beschaulichen Srirangapata einiges zu sehen, darunter die Ruinen der Stadtmauer, die noch immer die Stadt komplett umgeben, die hübsche Moschee Tipu Sultans, den Sri Ranganathaswami Tempel, sowie vor den Toren der Stadt den Sommerpalast Daria Daulath Bagh und vor allem das imposante Mausoleum Gumbaz, wo Hyder Ali,Tipu Sultan und viele ihrer Familienmitglieder bestattet sind. Da in Südindien gerade Sommerferien sind („Sommer“ dauert hier von März bis Juni, dann beginnt der Monsun) und außerdem Samstag, sind außer mir zahlreiche indische Familien unterwegs, sodass überall recht viel los ist. Doch das beschäftigt die wie überall vorhandenen Verkäufer von diversen Waren und Dienstleistungen, sodass ich weitgehend in Ruhe gelassen werde, außer der gelegentlichen „Which country“ Frage und dem Schütteln von ein paar Händen.

1 Kommentar:

Großmutti hat gesagt…

Hallo Pierre,
frohe Ostern wünschen aus Karlsruhe Großmutti, Elke und Matz. Wir lesen mit viel Freude deine ausführliche Berichte.