Sonntag, 24. April 2011

Unterwegs im Kodagu

Madikieri
Zum vorerst letzten Mal auf meiner Reise begebe ich mich wieder in die Western Ghats. Diesmal komme jedoch von Osten her und mache Station in der Kleinstadt Madikieri, Hauptort des Kodagu Districts. Kodagu (englisch Coorg) ist eine relativ eigenständige Gegend im Südwesten Karnatakas, die bis zur Neuordnung der südindischen Bundesstaaten nach Sprachen im Jahr 1956 noch einen eigenen kleinen Bundesstaat bildete. Das Kodagu ist stark ländlich geprägt und vor allem als Kaffeeanbaugebiet bekannt. Die meisten Landbesitzer gehören der Volksgruppe der Kodavas an, die sich als die historischen Bewohner (nicht zu verwechseln mit den Ureinwohnern) des Bezirks sehen. Die Kodavas (oder Coorgi) machen etwa ein Drittel der 500.000 Einwohner des Districts aus und sind wohl vor vielen Jahrhunderten aus dem Nahen Osten in die Gegend eingewandert, so genau woher ist strittig: man hört von Persien, von Kurdistan oder aber auch dem Oman. Sie pflegen eine eigene Kultur, sprechen eine eigene Sprache (Kodava) und haben eine eigene Religion, deren Hauptgottheit die Cauvery ist, der Fluss, der durch die Gegend fließt. Ob es eine eigene Religion ist oder nur eine spezielle Form des Hinduismus ist ebenfalls strittig.
Als Tourist kommt man hier her, um zu Wandern. So buche ich auch gleich ein zweitägiges Trekking. Die Wanderung ist nicht unbedingt besonders spektakulär. Mein Führer Shafee führt mich über Stock und Stein an den Berghängen entlang, durch Reisfelder, Kaffeeplantagen, kleine abgelegene Weiler und Wälder, wobei sich zwischendurch ein Ausblick auf die umliegende Berge ergibt. Am zweiten Tag erreichen wir auch einen schönen Wasserfall, wo man gut baden kann, was ich mir nicht entgehen lasse. Da es über Nacht kräftig geregnet hat räkeln sich am Waldboden die Blutegel. Zum Glück bleibe ich von Bissen verschont.
Irgendwo in Kodagu
Der spannendere Teil des Trekkings ist die Übernachtung im Haus von Kaffeeplantagenbesitzern. So verbringe ich den Abend in einer Kodava Großfamilie und erhalte so einen seltenen Einblick in deren Alltagsleben. Im Haus, ein Bungalow, das deutlich mehr Räume hat, als man von außen auf den ersten Blick geahnt hätte, leben drei Generationen. Genau wie viele Leute und wer zu wem gehört habe ich nicht überblicken können, da zudem im Haus ein- und ausgegangen wird, auch gibt es Hausangestellte und Plantagenarbeiter. Es gibt zwar Strom, aber kein fließendes Wasser, eine außen angebrachte Feuerstelle sorgt aber im Bad für warmes Wasser. Die beiden Küchen sind das Reich der Frauen, die auf dem Gasherd und dem offenen Feuer ihre Curries kredenzen. Die Männer sind zwischendurch geschäftig, sitzen aber auch viel herum. Ein Stromausfall, der am Abend beginnt und die ganze Nacht dauert, sorgt für eine besondere Stimmung in dieser Vollmondnacht.
Ich werde unter anderem auch Zeuge kleiner für das europäische Auge amüsanter Anekdote. Ich werde mit dem Auto ins Dorf gefahren, auf dem Rückweg hinauf in die Plantage fungiert der kleine alte Maruthi Suzuki (etwa größe Renault Clio) als Taxi, insgesamt sitzen wir zu acht im Auto. Prompt überhitzt der Motor unterwegs, sodass wir stehen bleiben müssen. Sofort sind jedoch zwei Fachmänner zur Stelle, die die Motorhaube anheben, ein wenig herumschrauben, mit Kabeln hantieren und das Auto wieder auf Vordermann bringen. So müssen wir doch nicht den Berg hinaugehen.
Wie es der Zufall so will (das erklärte unter anderem die vielen Leute im Haus) stand für den Tag nach meinem Besuch die Hochzeit des jüngsten Sohnes des Hauses an. Da Hochzeiten bei den Kodavas ein gesellschaftliches Ereignis sind, werde ich eingeladen, ebenfalls zu kommen. Nach einigem Hin- und Her sage ich zu, beim zweitägigen Ereignis dabei zu sein. Die Hochzeit verdient einen eigenen Post, der in kürze folgen wird. 

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