Mittwoch, 27. April 2011

Auf einer Kodava Hochzeit

Zurück in Madikieri habe wasche zunächst meine einzige lange Hose und kaufe ein Hemd. Ich will ja nicht im gammeligen T-Shirt und schmutziger Kleidung auf der Hochzeit erscheinen. Ich mache mich also auf den Weg ins eine Busstunde entfernte Virajpet, wo die Feierlichkeiten stattfinden, buche mich in einem Hotel ein (das ganze dauert ja zwei Tage) und erscheine pünktlich zu Beginn der abendlichen Veranstaltung im Cauvery Kalyana Mandapam, der Hochzeitsfesthalle des Ortes.
Ich stelle zunächst fest, dass meine Sorgen bezüglich der passenden Kleidung unbegründet waren, die Männer sind eher leger unterwegs. Ich werde sehr erfreut begrüßt und zunächst mit Tee und Häppchen versorgt. Die Feierlichkeiten an diesem Abend sind eher ein lockeres Vorgeplänkel für den nächsten Tag, an dem die eigentliche Hochzeit stattfindet. Dennoch sind geschätzte 200 Gäste erschienen. Einiges passiert jedoch schon an diesem Abend.
Zunächst wird der Bräutigam auf der Bühne, die im Festsaal aufgebaut ist, von den älteren Familienmitgliedern (das sind einige) in einer kleinen Zeremonie gesegnet. Anschließend wird selbiges auch für die Braut wiederholt. Kaum ist die Segnung vorbei, wird die Bar eröffnet. Diese wird vom männlichen Teil der Hochzeitsgesellschaft gestürmt, es scheint, als hieße es, in möglichst kurzer Zeit den Bestand an Bier und härteren Getränken zu vernichten. Dies geschieht auch innerhalb von 45 Minuten, sodass ab diesem Zeitpunkt einige Herren etwas beschwipst unterwegs sind. Es folgt das Abendessen: ein reichliches Buffet mit diversen Kodava-Spezialitäten, d.h. es gibt viel Fleisch: Hühnchen, Lamm und Schwein, die Leibspeise der Kodavas. Männer und Frauen essen in getrennten Räumen, das ganze wird ebenfalls relativ zügig und im Stehen eingenommen. Der Abend endet mit ausgiebigem Tanz (schon die ganze Zeit musizierte vor der Tür eine angeheuerte Combo) zu traditioneller Musik aus der Gegend. Kein Bollywood-Hindipop!
Am nächsten Morgen geht das Fest gegen 10 Uhr weiter, und zwar mit einer traditionellen Zeremonie vor der Halle. Es wird Puja gehalten (also Ehrung der Götter) und diverse Rituale abgehalten, bei denen vor allem ältere Herren in lokaler Tracht eine wichtige Rolle spielen. Der Bräutigam sitzt derweil unter einem von seinem Bruder gehaltenen Sonnenschirm und lässt das ganze über sich ergehen. Wenn dies vorbei ist wird der Braut von einer Dame aus der Familie des Bräutigams ein großer Krug symbolisch überreicht, der auf die Bühne gebracht wird. Hier muss das Brautpaar nun drei Stunden lang die guten Wünsche jedes einzelnen Hochzeitsgastes entgegennehmen, sich von jedem Reis über den Kopf streuen lassen und, ist der Gast älter, seine Füße berühren. Immerhin wechselt auch bei jedem Händedruck ein Geldschein den Besitzer, der dann im dafür auf er Bühne bereitstehenden Koffer verschwindet. Ich stelle Fest: das Brautpaar hat auf dem Hochzeitsfest von allen am wenigsten Spaß, wird aber immerhin dafür entlohnt...
Nach einem sehr reichlichen Mittagsbuffet, Tanz, Entspannung und heimlichem Trinken der Männer im Hinterzimmer erreicht das Fest aus Sicht der Gäste seinen Höhepunkt. Während die Hochzeitsgesellschaft (vor allem die jungen Männer) weiter tanzt, muss die Braut mit einem kleinen Wasserkrug auf dem Kopf langsam von draußen in den Festsaal schreiten. Allerdings wird sie von den Männern der Bräutigamsseite daran gehindert, voranzukommen. So muss die arme Frau drei Stunden lang nur ganz langsam vorankommend mit dem Wasserkrug auf dem Kopf verharren. Sie wird allerdings assistiert und eskortiert von den Frauen aus beiden Familien, die zwischendurch den Krug für sie halten und sie unterstützen. Durch dieses Ritual soll die Frau beweisen, dass sie hart im Nehmen ist und sich als Verstärkung für den Haushalt erweisen wird.
Irgendwann wird beschlossen, dass die Braut genug gelitten hat und man sie in den Saal lassen kann. Hier werden nochmal die Götter geehrt, dann wird endlich die Hochzeitstorte angeschnitten. Jeder Gast, der noch da ist, bekommt ein Stückchen ab, bevor es direkt zum Abendessen geht. Da sich das Fest langsam auflöst, verabschiede ich mich ebenfalls, denn die vielen Eindrücke und Menschen haben mich ganz schön geschafft. Da dies von mir erwartet wurde habe ich auch sehr zahlreiche Fotos geschossen.
So wurde auf der Hochzeit getanzt:

1 Kommentar:

Danièle+Roland hat gesagt…

Mein lieber Weltreisender,

Ich hoffe, Du warst nicht zu geizig und hast auch einen oder mehrere Geldscheine liegen lassen!