Zunächst galt es jedoch wie immer, sich durch die Vorgruppe überraschen zu lassen – das kann stets positiv oder negativ sein. In diesem Fall spielten Young Love aus New York, deren Musik zu charakterisieren ich mir schwer tue. Auch wenn das schwer vorstellbar ist, könnte man sie als eine Mischung aus Emo und New Rave bezeichnen. Versuchen wir es so: Der erste Song hat was von Panic at the Disco! (vor allem gesanglich), der zweite enthält Elemente der Klaxons oder von The Faint, ruhigere Stücke erinnern an Jimmy Eat World oder gar an the Killers. Jedenfalls ist der Gesang meist eher emotional, der Beat diskolastig und die Musik enthält sowohl Rockriffs als auch elektronische Elemente. Alles klar? Vermutlich nicht... Ich fand den Auftritt ganz gut, mir hat aber insgesamt eine klare Linie gefehlt, sodass ich mir, wenn dann das erste Album erscheint, noch mal ein Bild machen muss. Der, zugegebenermaßen gut aussehende, Sänger hält sich auf der Bühne schon für einen Superstar, kann also heiter werden.
Ich war ja ohnehin für den Hauptact gekommen, die aus vier Mitgliedern bestehende Band Hot Hot Heat aus Victoria, British Columbia, in Kanada. Da ich die beiden ersten Alben der Band, die musikalisch als eine der Hauptvertreter der neuen New Wave Generation eingeordnet wird, sehr mag und auch von ihrem letzten Konzert, das ich im Karlsruher Substage besucht hatte, sehr angetan war, freute ich mich sehr und war sehr gespannt. Zudem kannte ich vom bevorstehenden Album nur die vorab veröffentlichte Single „Let Me In“, die bereits im Radio läuft. Diese ließen meine Erwartungen übrigens etwas skeptisch sein, da mir das Stück etwas überproduziert und überladen vorkommt. Ich befürchtete also eine Killerisierung von Hot Hot Heat, also eine zu große Opulenz ihrer Musik. Glücklicherweise wurde ich eines besseren belehrt. Live sind Hot Hot Heat ganz die alten. Die (nur) fünf neuen Stücke, die präsentiert wurden, waren allesamt sehr hörenswert, wenn auch musikalisch aufwändiger als das, was man bisher von Hot Hot Heat kennt. Trotzdem sehr gut. Der Rest des Konzerts wurde mit den zahlreichen altbekannten Krachern bestritten, sodass nichts schief gehen konnte. Das Publikum im nicht ganz vollen Lido (es spielten auch zeitgleich Razorlight, die eine ähnliche Zielgruppe ansprechen, in der Kulturbrauerei), eine eigentümliche Mischung aus Indie Kids und Ü-25 Musikliebhabern, ließ sich gut in Stimmung bringen, was bei der Musik und der Energie, die von der Bühne kommt, kein Wunder ist.
An dieser Stelle muss ich das Publikum im Karlsruher Substage würdigen. Als Hot Hot Heat damals dort spielten, habe ich eines der stimmungsvollsten Konzerte erlebt, die ich bisher besucht habe. Von Anfang bis Ende tobte der Saal, es wurde heftigst gepogt und es waren unablässig Crowdsurfer unterwegs. Auch wenn vor allem letzteres nervt, schwebte eine unheimliche Begeisterung mit und es gab kaum jemanden, der nicht komplett verschwitzt aus dem Club kam. Das liegt sicherlich mit am Substage, wo aufgrund der räumlichen Beschaffenheit des Clubs in einer stillgelegten Unterführung stets eine besondere Stimmung entsteht. Aber ich denke auch, dass das Berliner Publikum deutlich blasierter ist als dasjenige in der Provinz, für das Auftritte guter Bands eine deutlich größere Besonderheit ist. So wurde am Dienstag im Lido zwar auch gut getanzt, jedoch im Vergleich sehr viel gediegener.
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