Montag, 10. September 2007

Der volkswirtschaftliche Schaden des illegalen Herunterladens von Musik

Es fing an mit der Software GoZilla, vor etwa 10 Jahren. Diese Neuerung ermöglichte es erstmals, Dateidownloads zu unterbrechen und sie später, ohne Verlust des bereits heruntergeladenen, fortzusetzen. Damit war die Voraussetzung geschaffen, um größere Dateien aus dem Netz zu holen. Zu Zeiten, als ISDN noch als schnelle Internetverbindung galt, war eine einzelne Mp3-Datei durchaus eine Größe. So begann es, dass auf Seiten im Internet Musikstücke als Mp3-Dateien zum Download bereitgestellt wurden.


Zwar ließ die Musikindustrie solche Seiten bald schließen, doch da hatte ein Teenager namens Shawn Fannings mit Napster bereits eine bahnbrechende Software erfunden, die es erlaubte, Dateien zwischen Usern auszutauschen. Bald folgte Morpheus/Kazaa, womit von mehreren Quellen gleichzeitig heruntergeladen werden konnte, schließlich kann man heute schier fast alles, was an Popmusik veröffentlicht wird, in einer Tauschbörse im Netz oder über Bittorrent auf seinen Rechner ziehen, und zwar dank schneller Leitungen ganze Alben in wenigen Minuten. Nun werden diejenigen, die an diesem Datentausch über das Internet teilnehmen (übrigens vielmehr diejenigen, die Musik bereitstellen, nicht so sehr solche, die sie sich herunterladen), seit Jahren von der Musikindustrie als Verursacher von einem volkswirtschaftlichen Schaden in Milliardenhöhe verurteilt und straf- und zivilrechtlich verfolgt. Meiner Ansicht nach ist diese Vorgehensweise jedoch etwas zu kurz gegriffen.


Tatsächlich kommt es stark auf die Betrachtungsperspektive an. Entscheidend ist nämlich, wie man die Musikindustrie definiert. Betrachtet man damit die Gesamtheit des Geschäfts mit Musik? Oder sind damit nur die großen Plattenfirmen gemeint, die so genannten Majors (Sony BMG, Warner Music, Universal und EMI)? Diese sind nämlich in der Tat die Leidtragenden, denn es ist unbestreitbar, dass die CD-Verkäufe in den vergangenen Jahren beträchtlich zurückgegangen sind. Doch daran sind die Manager der Plattenfirmen mit schuld, sie hätten einfach die Veränderungen am Markt erkennen und sich anpassen müssen.


Die Musikindustrie als Gesamtheit der Musikschaffenden leidet nämlich sicherlich nicht unter den Downloads, im Gegenteil. Wie lässt sich sonst die spektakuläre Zunahme an Badgründungen und Live-Auftritten der Künstler erklären? Sicherlich sind vor allem letztere auch als Ausgleich für zurückgehende Einnahmen aus Tonträgerverkäufen notwendig geworden (wobei sich dadurch eher die Verteuerung der Konzerte erklärt), doch andererseits würde sie nicht auf einen solch fruchtbaren Boden fallen, wenn die Nachfrage danach nicht so groß wäre.


Hier kommt meiner Meinung nach das kostenlose Herunterziehen von Musik aus dem Internet ins Spiel: Die Mehrheit der Musikkonsumenten und Konzertbesucher sind jung, junge Leute sind meistens finanziell nicht so gut gestellt. Dank der kostenlosen Musik aus dem Internet können sie eine Unmenge an Künstlern kennen lernen (das Radio erfüllt diese Funktion ja meist leider nicht mehr) und so zu Konzerten gehen, an deren Besuch sie ansonsten im Traum nicht gedacht hätten. Statt in wenige CDs steckt der Verbraucher also sein Geld in den Besuch von Konzerten. Davon hat nicht nur der Konzertbesucher mehr, sondern auch die Künstler, die dort eine deutlich größere Beteiligung erhalten als von Plattenverkäufen und, wie auch diverse andere, die mitverdienen, wie Tourpromoter, Clubs, Kartenverkäufer. Letztlich auch die Plattenfirmen, da begeisterte Konzertbesucher gerne doch das Album kaufen. Ohne dass ich dies auf konkrete Zahlen stützen kann, möchte ich behaupten, dass in den vergangenen Jahren der Gesamtumsatz, der im Musikgeschäft erzielt wurde, eher gewachsen ist als geschrumpft. Es profitieren aber mehr Leute davon als vorher, allen voran die Künstler. Man braucht nur auf die jährlich vom Rolling Stone veröffentlichte Liste der meistverdienenden Musiker zu blicken. Die vorderen Plätze besetzen stets (Alt)Stars, die Dank großer Welttourneen (und nicht Plattenverkäufen) den großen Reibach machen. Die Plattenkonzerne haben dabei eben den kürzeren gezogen. Deshalb kämpfen sie auch so beherzt gegen illegale Tauschbörsen im Internet an.


Übrigens war letzte Woche auf der Jetzt.de-Seite der Süddeutschen Zeitung ein interessanter Artikel über die Firma proMedia, die im Auftrag der Majors Großbenutzer der Internettauschbörsen enttarnt. Interessant dabei ist vor allem, dass Gerichte in Deutschland beginnen, den Aufwand, der hierfür betrieben, in Frage zu stellen. Schließlich würde Ladendieben, die insgesamt einen größeren volkswirtschaftlichen Schaden verursachten, auch nicht so aufwändig auf die Pelle gerückt. Bald könnte die Nutzung von EMule, Bittorrent und Co. also wieder weniger mit dem Risiko einer Straf- und Schadensersatzzahlung behaftet sein.

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