Samstag, 30. April 2011

Eine lange Reise – von Hassan nach Goa

Bisher hatte ich meine Route so geplant, dass ich lange Strecken vermeiden konnte, denn glücklicherweise liegen die sehenswerten Orte Tamil Nadus und Keralas recht eng beieinander. Leider lässt sich das nicht immer einrichten, sodass ich erstmals eine längere Strecken überwinden musste.Mein Plan war, von Hassan zunächst mit dem Bus Mangalore anzusteuern und von dort über Nacht den Zug bis Margao, dem größeren Bahnhof Goas, zu nehmen.
Teil eins meines Unterfangens funktionierte auch nach Plan, ein Expressbus brachte mich auf gut ausgebauten Straßen ein letztes Mal durch die Western Ghats in die Küstenstadt Mangalore. Mangalore ist, wie ich später auf einem Spaziergang feststellen konnte, eine moderne indische Großstadt im Umbruch. Moderne Neubauten, ein großes Einkaufszentrum mitten in der Stadt, internationale Laden- und Restaurantketten. Man sieht Frauen in Jeans, aber auch in Burkas.
Nach langem Anstehen am Reservation Counter des Bahnhofs ereilt mich ein für Indien nicht untypisches Schicksal: der Zug ist komplett ausgebucht. Hätte ich doch schon vorher reserviert. Ich entscheide also, stattdessen die 345 Kilometer bis Goa mit dem Nachtbus zu überwinden und wähle die Luxusvariante: den Super Deluxe Volvo Sleeper Bus (jedoch ohne A/C). „Volvo“ heißt dabei nicht unbedingt, dass der Bus vom schwedischen Autobauer kommen muss, sondern steht vielmehr als Qualitätsmerkmal. Das ist die beste Busklasse die es hier gibt, also bequem und mit guten Stoßdämpfern ausgestattet. Um etwa 20:30 Uhr besteige ich den Bus und nehme meine Liege in Beschlag. In der Tat durchaus bequem. Schade, dass die Straßen hier so holprig sind, sodass man nicht wirklich gut schlafen kann. Ich bekomme aber durchaus ein wenig Nachtruhe, sodass ich nicht ganz gerädert bin, als ich am nächsten Morgen gegen 6 Uhr in Panjim, der Hauptstadt Goas, ankomme.
Leider habe ich den Halt in Margao verpasst, sodass ich erst einmal eine Stunde mit dem Linienbus wieder hierhin gelangen muss. Ich steige nochmals um in einen weiteren Bus und erreiche gegen 9 Uhr endlich Palolem, was ich für meine geruhsamen Strandtage in Goa ausgeguckt hatte. Hier, bzw. im benachbarten Patnem Beach, sitze ich nun in einer Strandbar mit Blick aufs Meer und verfasse diese Zeilen.

Donnerstag, 28. April 2011

Wunderwerke der Tempelbaukunst – Unterwegs im Reich der Hoysalas

Die Busfahrt von Madikieri nach Hassan ist etwas aufreibend, da sie über sehr holprige Straßen, teilweise fast Feldwege führt. Hassan selbst, eine erfrischend untouristische Stadt mittlerer Größe im Südwesten Karnatakas, hat nichts sehenswertes zu bieten. Ich nutze dort vor allem intensiv das nagelneue ud sagenhaft günstige Internetcafé, das sich direkt neben meinem Hotel befindet. Hassan eignet sich jedoch hervorragend, um einige unvergleichbar schöne Tempel in der Umgebung zu erkunden.
Hoysaleswrara Tempel, Halebid
In der Region herrschte um die letzte Jahrtausendwende die Dynastie der Hoysalas, die der Nachwelt einige sehr charakteristische Tempel hinterlassen hat. Da die Herrscher dieser Dynastie zunächst hinduistisch waren, dann zum Jainismus übertraten und später wieder Hindus wurden, gibt es hier Sakralbauten beider Glaubensrichtungen. Die Hindutempel sind nicht so gigantisch wie diejenigen, die ich in Tamil Nadu gesehen habe. Dafür bestechen sie durch unheimlich vielfältige und detailreiche Skulpturarbeiten, welche die Tempelwände von innen wie außen bedecken. Die Jaintempel sind etwas schlichter, doch ebenso sehenswert.
Halebid, eine knappe Busstunde von Hassan entfernt (wieder führt die Busfahrt über feldwegähnliche Straßen, während des Monsuns muss das hier die Hölle sein, herumzukommen), ist vor allem für den Hoysaleswara Tempel bekannt. Dies ist eigentlich ein Zwillingstempel, die beiden Teile sind jedoch miteinander verbunden und bilden so eine Einheit. Ich bin schwer beeindruckt und weiß gar nicht wo ich hinschauen soll, vor lauter Verzierungen, die den Tempel bedecken. Lässt man den Hoysaleswara Tempel sowie das Städtchen Halebid hinter sich und geht ein Stück stadtauswärts, so erreicht man zunächst ein wenig besuchtes Ensemble aus drei Jaintempel, dann einen weiteren Hindutempel, den Kadareswara Tempel. Dieser ist zwar etwas kleiner und weniger gut erhalten wie der größere Tempel am Ort, jedoch ebenso sehenswert und angenehm ruhig.
Channekeshava Tempel, Belur
Zahlreiche Busse verbinden Halebid mit der benachbarten Stadt Belur wo ein weiterer bekannter Hoysala-Tempel wartet, der Channekeshava Tempel. Dieser ist, ähnlich wie der Tempel in Thanjavur, umgeben von einem größeren Areal mit diversen kleineren Tempel, in welches man durch ein Gopuram gelangt. Auch hier haben sich die Baumeister der Hoysalas verausgabt. Man findet auf den Tempelwänden Darstellungen der Gottheiten, Szenen aus den großen hinduistischen Mythen, Darstellungen des Lebens am Hoysala-Hof, sowie diverse weitere Verzierungen. Es lohnt sich, manche der Fotos aus Belur und Halebid zu vergrößern, um die Details zu betrachten.
Gomateshwara Statue, Sravanbelagola
Am folgenden Tag begebe ich mich ins südöstlich von Hassan gelegene Sravanbelagola. Das Örtchen war schon vor über 2000 Jahren eine jainistische Pilgerstätte und ist eines der wichtigsten Stätten des Jainismus. Auf zwei Tempelbergen über der Stadt findet sich eine Vielzahl von Tempeln und Klöstern, die im wesentlichen aus dem 10. bis 15 Jahrhundert stammen. Besonders faszinierend ist die Gomateshwara Statue auf dem höheren Vindhyagiri Hill, die im 10. Jahrhundert aus einem einzigen Felsen gefertigt und hier aufgestellt wurde. Man sieht ihr ihre über Tausend Jahre nicht an. Alle 12 Jahre findet hier ein großes Pilgerfest statt, Millionen kommen zur Statue, um sie mit allem möglichen Gaben zu überschütten. Mir gefällt der deutlich ruhigere Chandragiri Hill besser, eine erstaunliche Ansammlung aus Tempeln unterschiedlicher Bauweise. Die beiden Hügel besteigt man übrigens barfuß über in den Fels geschlagene Treppen. Ich bin froh, dass die Sonne heute nicht sonderlich stark knallt, sonst würde man sich wohl die Fußsohlen verbrennen. Auch hier habe ich zahlreiche Bilder gemacht.

Mittwoch, 27. April 2011

Auf einer Kodava Hochzeit

Zurück in Madikieri habe wasche zunächst meine einzige lange Hose und kaufe ein Hemd. Ich will ja nicht im gammeligen T-Shirt und schmutziger Kleidung auf der Hochzeit erscheinen. Ich mache mich also auf den Weg ins eine Busstunde entfernte Virajpet, wo die Feierlichkeiten stattfinden, buche mich in einem Hotel ein (das ganze dauert ja zwei Tage) und erscheine pünktlich zu Beginn der abendlichen Veranstaltung im Cauvery Kalyana Mandapam, der Hochzeitsfesthalle des Ortes.
Ich stelle zunächst fest, dass meine Sorgen bezüglich der passenden Kleidung unbegründet waren, die Männer sind eher leger unterwegs. Ich werde sehr erfreut begrüßt und zunächst mit Tee und Häppchen versorgt. Die Feierlichkeiten an diesem Abend sind eher ein lockeres Vorgeplänkel für den nächsten Tag, an dem die eigentliche Hochzeit stattfindet. Dennoch sind geschätzte 200 Gäste erschienen. Einiges passiert jedoch schon an diesem Abend.
Zunächst wird der Bräutigam auf der Bühne, die im Festsaal aufgebaut ist, von den älteren Familienmitgliedern (das sind einige) in einer kleinen Zeremonie gesegnet. Anschließend wird selbiges auch für die Braut wiederholt. Kaum ist die Segnung vorbei, wird die Bar eröffnet. Diese wird vom männlichen Teil der Hochzeitsgesellschaft gestürmt, es scheint, als hieße es, in möglichst kurzer Zeit den Bestand an Bier und härteren Getränken zu vernichten. Dies geschieht auch innerhalb von 45 Minuten, sodass ab diesem Zeitpunkt einige Herren etwas beschwipst unterwegs sind. Es folgt das Abendessen: ein reichliches Buffet mit diversen Kodava-Spezialitäten, d.h. es gibt viel Fleisch: Hühnchen, Lamm und Schwein, die Leibspeise der Kodavas. Männer und Frauen essen in getrennten Räumen, das ganze wird ebenfalls relativ zügig und im Stehen eingenommen. Der Abend endet mit ausgiebigem Tanz (schon die ganze Zeit musizierte vor der Tür eine angeheuerte Combo) zu traditioneller Musik aus der Gegend. Kein Bollywood-Hindipop!
Am nächsten Morgen geht das Fest gegen 10 Uhr weiter, und zwar mit einer traditionellen Zeremonie vor der Halle. Es wird Puja gehalten (also Ehrung der Götter) und diverse Rituale abgehalten, bei denen vor allem ältere Herren in lokaler Tracht eine wichtige Rolle spielen. Der Bräutigam sitzt derweil unter einem von seinem Bruder gehaltenen Sonnenschirm und lässt das ganze über sich ergehen. Wenn dies vorbei ist wird der Braut von einer Dame aus der Familie des Bräutigams ein großer Krug symbolisch überreicht, der auf die Bühne gebracht wird. Hier muss das Brautpaar nun drei Stunden lang die guten Wünsche jedes einzelnen Hochzeitsgastes entgegennehmen, sich von jedem Reis über den Kopf streuen lassen und, ist der Gast älter, seine Füße berühren. Immerhin wechselt auch bei jedem Händedruck ein Geldschein den Besitzer, der dann im dafür auf er Bühne bereitstehenden Koffer verschwindet. Ich stelle Fest: das Brautpaar hat auf dem Hochzeitsfest von allen am wenigsten Spaß, wird aber immerhin dafür entlohnt...
Nach einem sehr reichlichen Mittagsbuffet, Tanz, Entspannung und heimlichem Trinken der Männer im Hinterzimmer erreicht das Fest aus Sicht der Gäste seinen Höhepunkt. Während die Hochzeitsgesellschaft (vor allem die jungen Männer) weiter tanzt, muss die Braut mit einem kleinen Wasserkrug auf dem Kopf langsam von draußen in den Festsaal schreiten. Allerdings wird sie von den Männern der Bräutigamsseite daran gehindert, voranzukommen. So muss die arme Frau drei Stunden lang nur ganz langsam vorankommend mit dem Wasserkrug auf dem Kopf verharren. Sie wird allerdings assistiert und eskortiert von den Frauen aus beiden Familien, die zwischendurch den Krug für sie halten und sie unterstützen. Durch dieses Ritual soll die Frau beweisen, dass sie hart im Nehmen ist und sich als Verstärkung für den Haushalt erweisen wird.
Irgendwann wird beschlossen, dass die Braut genug gelitten hat und man sie in den Saal lassen kann. Hier werden nochmal die Götter geehrt, dann wird endlich die Hochzeitstorte angeschnitten. Jeder Gast, der noch da ist, bekommt ein Stückchen ab, bevor es direkt zum Abendessen geht. Da sich das Fest langsam auflöst, verabschiede ich mich ebenfalls, denn die vielen Eindrücke und Menschen haben mich ganz schön geschafft. Da dies von mir erwartet wurde habe ich auch sehr zahlreiche Fotos geschossen.
So wurde auf der Hochzeit getanzt:

Sonntag, 24. April 2011

Unterwegs im Kodagu

Madikieri
Zum vorerst letzten Mal auf meiner Reise begebe ich mich wieder in die Western Ghats. Diesmal komme jedoch von Osten her und mache Station in der Kleinstadt Madikieri, Hauptort des Kodagu Districts. Kodagu (englisch Coorg) ist eine relativ eigenständige Gegend im Südwesten Karnatakas, die bis zur Neuordnung der südindischen Bundesstaaten nach Sprachen im Jahr 1956 noch einen eigenen kleinen Bundesstaat bildete. Das Kodagu ist stark ländlich geprägt und vor allem als Kaffeeanbaugebiet bekannt. Die meisten Landbesitzer gehören der Volksgruppe der Kodavas an, die sich als die historischen Bewohner (nicht zu verwechseln mit den Ureinwohnern) des Bezirks sehen. Die Kodavas (oder Coorgi) machen etwa ein Drittel der 500.000 Einwohner des Districts aus und sind wohl vor vielen Jahrhunderten aus dem Nahen Osten in die Gegend eingewandert, so genau woher ist strittig: man hört von Persien, von Kurdistan oder aber auch dem Oman. Sie pflegen eine eigene Kultur, sprechen eine eigene Sprache (Kodava) und haben eine eigene Religion, deren Hauptgottheit die Cauvery ist, der Fluss, der durch die Gegend fließt. Ob es eine eigene Religion ist oder nur eine spezielle Form des Hinduismus ist ebenfalls strittig.
Als Tourist kommt man hier her, um zu Wandern. So buche ich auch gleich ein zweitägiges Trekking. Die Wanderung ist nicht unbedingt besonders spektakulär. Mein Führer Shafee führt mich über Stock und Stein an den Berghängen entlang, durch Reisfelder, Kaffeeplantagen, kleine abgelegene Weiler und Wälder, wobei sich zwischendurch ein Ausblick auf die umliegende Berge ergibt. Am zweiten Tag erreichen wir auch einen schönen Wasserfall, wo man gut baden kann, was ich mir nicht entgehen lasse. Da es über Nacht kräftig geregnet hat räkeln sich am Waldboden die Blutegel. Zum Glück bleibe ich von Bissen verschont.
Irgendwo in Kodagu
Der spannendere Teil des Trekkings ist die Übernachtung im Haus von Kaffeeplantagenbesitzern. So verbringe ich den Abend in einer Kodava Großfamilie und erhalte so einen seltenen Einblick in deren Alltagsleben. Im Haus, ein Bungalow, das deutlich mehr Räume hat, als man von außen auf den ersten Blick geahnt hätte, leben drei Generationen. Genau wie viele Leute und wer zu wem gehört habe ich nicht überblicken können, da zudem im Haus ein- und ausgegangen wird, auch gibt es Hausangestellte und Plantagenarbeiter. Es gibt zwar Strom, aber kein fließendes Wasser, eine außen angebrachte Feuerstelle sorgt aber im Bad für warmes Wasser. Die beiden Küchen sind das Reich der Frauen, die auf dem Gasherd und dem offenen Feuer ihre Curries kredenzen. Die Männer sind zwischendurch geschäftig, sitzen aber auch viel herum. Ein Stromausfall, der am Abend beginnt und die ganze Nacht dauert, sorgt für eine besondere Stimmung in dieser Vollmondnacht.
Ich werde unter anderem auch Zeuge kleiner für das europäische Auge amüsanter Anekdote. Ich werde mit dem Auto ins Dorf gefahren, auf dem Rückweg hinauf in die Plantage fungiert der kleine alte Maruthi Suzuki (etwa größe Renault Clio) als Taxi, insgesamt sitzen wir zu acht im Auto. Prompt überhitzt der Motor unterwegs, sodass wir stehen bleiben müssen. Sofort sind jedoch zwei Fachmänner zur Stelle, die die Motorhaube anheben, ein wenig herumschrauben, mit Kabeln hantieren und das Auto wieder auf Vordermann bringen. So müssen wir doch nicht den Berg hinaugehen.
Wie es der Zufall so will (das erklärte unter anderem die vielen Leute im Haus) stand für den Tag nach meinem Besuch die Hochzeit des jüngsten Sohnes des Hauses an. Da Hochzeiten bei den Kodavas ein gesellschaftliches Ereignis sind, werde ich eingeladen, ebenfalls zu kommen. Nach einigem Hin- und Her sage ich zu, beim zweitägigen Ereignis dabei zu sein. Die Hochzeit verdient einen eigenen Post, der in kürze folgen wird. 

Montag, 18. April 2011

Mysore – königlich

Mit dem Superfast-Bus der Kerala State Road Transportation Corporation kommt man tatsächlich relativ schnell von Kalpetta nach Mysore. Die 120 Kilometer werden in gut drei Stunden zurückgelegt, einen solchen Schnitt hatte ich bei Busfahrten in Indien noch nie. Man durchquert zudem die beiden Naturschutzgebiete Muthanga in Wayanad und Bandipur in Karnataka. Ich blicke angestrengt in die schönen Wälder, in der Hoffnung ein wildes Tier zu sehen, doch die Hoffnung bleibt unerfüllt.
Ähnlich wie das Deutsche Reich vor 1870 war Indien bis zur Unabhängigkeit zersplittert in hunderte von kleinen und weniger kleinen Fürstentümern. Dies war selbst unter der britischen Herrschaft noch der Fall, da die Briten die Rajas, Maharadschas, Nawabs u.ä. gerne formell ihre Reiche regieren ließen, um so Verwaltungs- und Besatzungskosten zu sparen. Mysore war bis zu seinem Beitritt zur Indischen Union bei der Unabhängigkeit des Landes 1947 eines der größeren Reiche, das prosperierte und etwa ein Drittel des heutigen Bundesstaates Karnataka einschloss. Da ihnen die politische Macht fehlte, verausgabten sich die hiesigen Maharadschas, indem sie in Saus und Braus lebten und ihre Hauptstadt, die ebenso heißt wie ihr Fürstentum, architektonisch prunkvoll gestalteten. So versprüht Mysore bis heute den (etwas verstaubten) Glanz einer alten Hauptstadt, mit ihren Prachtstraßen und Plätzen, repräsentativen Bauten und natürlich den weltberühmten Palast, der den Vergleich mit den großen europäischen Schlössern nicht scheuen muss.
Es gibt also hier sehr viel zu sehen, denn der Großteil der Bauten stammen aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert und sind damit sehr gut erhalten. Da ich Mysore als sehr angenehme Stadt empfinde, verbringe ich hier genügend Zeit, um den größten Teil der Sehenswürdigkeiten abzuklappern. Neben dem Palast und dem Tempelberg Chamundi Hill besuche ich unter anderem auch den sehr schön angelegten Zoo sowie den benachbarten Naturpark um den Lake Karanji, wo zahlreiche Vogelarten wie der Painted Storck sowie Pelikane nisten. Es wäre Mühsam, meine touristischen Aktivitäten im Detail aufzulisten, doch die Fotos dokumentieren vieles, was ich gesehen habe. Da Mysore bekannt ist für seine ätherischen Öle, insbesondere Sandelholzöl, was es nur hier gibt, lasse ich mich in einschlägigen Läden beraten, verlasse diese duftend wie eine Parfümerie und decke mich nebenbei mit einigen der Öle ein, die selbstverständlich alle einen therapeutischen nutzen haben.
Gumbaz
Ich unternehme auch einen kleinen Ausflug ins benachbarte Srirangapatna, der ehemaligen Hauptstadt von Hyder Ali und dessen Sohn und Nachfolger als Herrscher von Mysore, Tipu Sultan. Ersterer hatte Mitte des 18. Jahrhunderts der dahindümpelnden Wodeyar-Dynastie die Macht entrissen und Mysore durch effektive Verwaltung und erfolgreiche Feldzüge zu einer Macht in der Region gemacht. 1799 besiegten die Briten Tipu Sultan in Srirangapatna, zerstörten die Stadt weitgehend, setzten die Wodeyars wieder auf den Thron und etablierten sich als dominierende Kraft in Südindien. Der letzte Wodeyar Maharadscha starb übrigens erst 1974. Trotz der Zerstörung durch die Briten gibt es im beschaulichen Srirangapata einiges zu sehen, darunter die Ruinen der Stadtmauer, die noch immer die Stadt komplett umgeben, die hübsche Moschee Tipu Sultans, den Sri Ranganathaswami Tempel, sowie vor den Toren der Stadt den Sommerpalast Daria Daulath Bagh und vor allem das imposante Mausoleum Gumbaz, wo Hyder Ali,Tipu Sultan und viele ihrer Familienmitglieder bestattet sind. Da in Südindien gerade Sommerferien sind („Sommer“ dauert hier von März bis Juni, dann beginnt der Monsun) und außerdem Samstag, sind außer mir zahlreiche indische Familien unterwegs, sodass überall recht viel los ist. Doch das beschäftigt die wie überall vorhandenen Verkäufer von diversen Waren und Dienstleistungen, sodass ich weitgehend in Ruhe gelassen werde, außer der gelegentlichen „Which country“ Frage und dem Schütteln von ein paar Händen.

Sonntag, 17. April 2011

Wayanad District

Nach einem rein funktionalen Zwischenstopp von einer Nacht in Calicut erreiche ich den Wayanad District bzw. deren Hauptort Kalpetta. Das Städtchen besteht im Wesentlichen aus einer langen Hauptstraße, die von erstaunlich vielen Geschäften gesäumt ist. Sie ist wohl das Versorgungszentrum für die Region.
Der Wayanad District ist ein kleines Hochplateau in den Western Ghats, im Dreistaateneck aus Kerala, Tamil Nadu und Karnataka und optimal auf der Strecke nach Mysore gelegen. Man ist hier umgeben von grünen Landschaften, Wäldern, ein paar Reisfeldern, Gewürz- und Kaffeeplantagen. Umringt ist das ganze von Berggipfel, an deren Hängen der obligatorische Tee angebaut wird. Zudem beheimatet Wayanad ein Naturschutzgebiet, das Teil der Nilgiri Biosphäre ist, die aus Naturschutzgebieten in den drei genannten Bundesstaaten besteht. Der Tourismus in Wayanad ist noch nicht sehr stark entwickelt. Die Sehenswürdigkeiten sind relativ stark verstreut, sodass man es als sparsamer Individualtourist ein wenig schwer hat, dorthin zu gelangen. Dafür trifft man kaum andere Touristen.
An meinem ersten Nachmittag in Kalpetta werde ich bei einem kleinen Spaiziergang am Rande des Ortes von einem Anwohner angesprochen. Dieser ist zunächst etwas Misstrauisch, was ich in seiner Straße will, doch wird er sehr schnell sehr freundlich und lädt mich in seinem (hübschen) Haus zu einem Kaffee ein, der direkt von seiner Kaffeeplantage kommt, die um sein Haus herum wächst. Ich lerne die erweiterte Familie kennen und habe ein paar nette Gespräche zu den üblichen Themen: Was ich in Deutschland mache und ob ich verheiratet bin, Fußball und Cricket. Ja, ich kann inzwischen Cricketsmalltalk führen.
Chembra Peak
Am nächsten Tag unternehme ich eine sehr schöne Wanderung den Chembra Peak hinauf, dem höchsten Gipfel der Gegend. Man darf die Wanderung jedoch nicht ohne Führer durchführen, so besteige ich den Berg in Begleitung von Mohandas. Den Weg hätte ich auch alleine gefunden und gefährlich war es auch nicht, aber das Forest Department will wohl an den Touristen was verdienen. Wenn das Geld dem Erhalt der Umwelt dient, ist das durchaus in Ordnung. Wir besteigen den Berg auch nicht bis zum Gipfel, sondern nur bis zu einem etwas darunter gelegenen kleinen See, doch die Steigung war nicht ohne und die Aussicht ist auch von hier sehr gut. Rechtzeitig zum abendlichen Gewitter und dadurch bedingten Stromausfall (erstaunlich, wie viele Läden dank Generatoren dennoch Strom haben) bin ich zurück in Kalpetta.
Edakka Caves
Meinen zweiten vollen Tag nutze ich für einen Ausflug ins benachbarte Sultanbatheri, in der Hoffnung von dort aus das Naturschutzgebiet und ein paar andere Sehenswürdigkeiten erkunden zu können. Der Ausflug wird nur ein halber Erfolg. Zwar sehe ich einen alten Jain-Tempel, Jahrtausende alte Wandschnitzereien in den Edakka Caves (und eine gute Aussicht) und das Wayanad Heritage Museum, doch die Fahrt zum Naturschutzgebiet war vergeblich. Der Zugang ist an diesem Tag nicht möglich. Nichtsdestotrotz war mein Aufenthalt in Wayanad eine angenehme Etappe in schönem landschaftlichem Rahmen und ein guter Abschluss für meinen Aufenthalt in Kerala, das ich am nächsten Morgen gen Karnataka verlasse.

Montag, 11. April 2011

Historisches am Wasser – Kochi

Ich habe das Gefühl, langsam Gefahr zu laufen, etwas unglaubwürdig zu klingen, da ich ständig so begeisterte Berichte schreibe. Doch in Kerala überbieten sich die Orte, die ich besuche, einfach gegenseitig. Zu recht sind die Bewohner Keralas (was übrigens auf Malayalam „Land der Kokosnüsse“ heißt) sehr stolz auf die Schönheit ihres Bundesstaats.
Ich habe die relative frische und Abgeschiedenheit Munnars und der Berge wieder verlassen und bin an die Küste zurückgekehrt, um Kochi einen Besuch abzustatten. Der Ort ist wohl eher unter seinem englischen Namen Cochin bekannt, unter Kochi, dem indischen Namen, fasst man das Komplette Ballungszentrum, mit 1,6 Millionen die größte Stadt Keralas. Die Stadt ist auf mehrere Inseln und Halbinseln um eine Bucht verteilt, sie ist einer der bedeutendsten Häfen Indiens. Als touristischer Besucher steuert man geradewegs das historische Fort Cochin an, das an der Spitze einer dem Festland vorgelagerten Halbinsel liegt und noch sehr sichtbar das koloniale Erbe trägt. Da es nicht im Zentrum der Stadt liegt, ist die Altstadt für indische Verhältnisse hervorragend erhalten und es ist, gerade jetzt in der Nebensaison, hier angenehm ruhig. Die enorme Anzahl an Hotels, Pensionen, Restaurants und Rickshawfahrern lässt jedoch erahnen, was hier in der Hochsaison los sein muss.
Jetzt aber bekommt man recht günstig eine gute Unterkunft (Ich komme in einem Homestay im chrsitlichen Viertel Fort Nagar unter und werde Zeuge einer vorösterlichen Prozession mit 14 Stationen in der Nachbarchaft) . Zudem wetteifern die Rickshawfahrern um die Gunst der wenigen Touristen. Wenn man sich bereit erklärt, eines oder mehrere der „Emporium“ genannten Souvenirläden zu besuchen (die gibt es in jeder touristischen indischen Stadt, es gibt immer Kunsthandwerk, Textilien und Teppiche), dann bekommt man sehr günstig eine Stadtrundfahrt, denn wie üblich erhalten die Rickshawfahrer von jedem Laden eine Kommission, wenn sie Touristen anschleppen. Hier in Fort Cochin funktioniert das ganze anhand von Bonussystemen, mein Fahrer hat sich Dank mir eine neue Uniform erarbeitet und hat sein Sprit für den Tag bezahlt bekommen. Es war übrigens eine sehr gute Entscheidung, einen Fahrer zu nehmen, denn dieser hat sich als sehr guter Führer erwiesen und mir einige Dinge gezeigt, die mir der Lonely Planet vorenthalten hätte. So sah ich neben der Synagoge (sehr schön, mit chinesischen Porzellankacheln, einem Goldenen Tabernakel und Glasleuchtern aus Belgien) und dem von den Niederländern für den Raja gebauten Palast unter anderem auch Gewürz- und Ayurvedische Kontore, den Jain-Tempel und die Wäscherei. Hier wurde übrigens zwei Tage später auch meine Wäsche gewaschen und gebügelt, selbst die Boxershorts. Was für eine Verschwendung, die Wäsche anschließend in den Rucksack zu stopfen.
Am nächsten Tag nehme ich die Fähre hinüber auf das Festland, in das moderne Stadtzentrum Ernakulam. Dieses bildet einen geschäftigen Kontrast zum ruhigen Fort Cochin. Die Uferpromenade und die luxuriösen Wohnhochhäuser mit Blick auf das Wasser erinnern an eine westliche Großstadt, doch dahinter herrscht das übliche wilde treiben der indischen Einkaufsstraßen. Abends besuche ich eine Kathakali Vorstellung, das ist traditionelles keralesisches Theater. Das Kathakali wurde ursprünglich bei Tempelfesten aufgeführt, zum Thema hat es immer, wie könnte es anders sein, Geschichten aus dem indischen Nationalepos Mahabharata. Die Besonderheit ist zum einen, dass die Darsteller sehr aufwändig geschminkt sind, zum anderen, dass das ganze pantomimisch aufgeführt wird und sehr stark von der beeindruckenden Mimik der Darsteller lebt. Kathakali hat sogar eine eigenen Zeichensprache. Ursprünglich gingen die Darbietungen 6-9 Stunden, heute gibt es jedoch auch verkürzte Vorstellungen für Touristen. Bei dieser Darbietung des Kerala Kathakali Centers gab es zudem eine Einführung ins Thema, was für Novizen ganz hilfreich war. Sehr empfehlenswert.
Zum Abschluss meines Aufenthalts in Kochi gönnte ich mir einen Entspannungstag am nahe gelegenen Cherai Beach. Der Strand ist nichts besonderes, erfüllt jedoch seinen Zweck. Zwar hat das Wasser teilweise fast Badewannentemperatur, doch angenehm ist das Bad im Ozean dennoch. Von Vypeen Island, direkt gegenüber von Fort Cochin genieße ich noch ein letztes Mal den Blick auf die berühmten chinesischen Fischernetze, die einen Großteil des Charmes von Fort Cochin ausmachen. Auch tümmeln sich hier in guter Sichtweite die Delfine. Hier lässt es sich wirklich gut aushalten, daher gibt es auch viele Fotos.
Übrigens stehen in Kerala, wie in 4 anderen indischen Bundesstaaten und Unionsterritorien Wahlen an. Hier geht es darum, ob die Left Democratic Front (LDF, unter Führung der Communist Party of India (Marxist), CPI (M)) an der Regierung bleibt oder von der Oppositionsallianz UDF (United Democratic Front unter Führung der Kongresspartei) abgelöst wird. Kerala ist stolz darauf, dass hier 1957 die erste demokratisch gewählte kommunistische Regierung der Welt zustande kam. Seither wechseln sich die Kommunisten und die Kongresspartei mit ihren jeweiligen Verbündeten an der Macht ab. Die Hindunationalisten von der BJP spielen in Kerala keine Rolle. Hauptthemen im Wahlkampf sind die steigenden Preise für Benzin und Nahrungsmittel sowie, wie derzeit in ganz Indien, die Korruption, da in den letzten Monaten einige Korruptionsskandale in der Bundesregierung aufgedeckt wurden. Der Wahlkampf ist sehr spannend zu verfolgen, da jetzt in der heißen Phase überall auf Plätzen und am Straßenrand kleine Kundgebungen stattfinden. Sehr beliebt sind auch mit Lautsprechern ausgestattete Wahlkampfmobile, die wahlweise mit nicht endenen monologen oder sehr lauter Musik die Straßen beschallen. Umfragen gibt es keine und so ist im Vorhinein komplett unbekannt, wer die Nase vorn haben wird.

Donnerstag, 7. April 2011

Traumlandschaften im Gebirge – Munnar

Alleine die Fahrt von Kumily nach Munnar macht die Reise lohnenswert: auf kleinen Gebirgsstraßen fährt der Bus durch Postkarten-Gebirgslandschaften und Teeplantagen. Der Bus ist verhältnismäßig bequem, sodass die viereinhalb Stunden Busfahrt schnell vorbeigehen, man kann einfach aus dem Fester schauen und die Gedanken schweifen lassen.
Munnar ist das Zentrum der südindischen Teeproduktion und des Teehandels für die Region. Die Kleinstadt liegt mitten in den Western Ghats auf etwa 1.500 Meter Höhe. Sie hat zwar selbst keine Sehenswürdigkeiten zu bieten, ihr Zentrum ist laut und geschäftig. Allerdings ist ihre Lage einmalig, eingebettet in eine einzigartige Gebirgslandschaft und daher ein muss für jeden Kerala-Reisenden.
Um die Umgebung zu erkunden schließe ich mich der Tea Valley Tour des örtlichen Tourist Office an. In recht schnellen Tempo werden auf der Tagestour mit dem Kleinbus die Aussichtspunkte und Sehenswürdigkeiten der Gegend abgefahren. Es geht zum sogenannten „Photo Point“ mit schönem Ausblick auf Teeplantagen, zu den Mattupetty und Kundala Stauseen, dem „Echo Point“, „Top Station“ an der Staatsgrenze zu Tamil Nadu mit sagenhaften Aussichten auf Teeplantagen und das umliegende Gebirge, einem Blumengarten sowie dem Eravikulam Nationalpark. Hier leben unter anderem die vom aussterben bedrohten Bergziegen namens Nilgiri Thar. Die Hälfte der Weltbevölkerung dieser Tierart lebt hier. Obwohl vom Park nur ein kleines Gebiet zugänglich ist und sich hier die Besucher drängen, bekommt man den Nilgiri Thar zu Gesicht, denn die Ziegen sind erstaunlich wenig scheu. Am Hang des höchsten Gipfels Südindiens, dem 2600 Meter hohen Anamudi („Elefantenrücken“) gelegen, würde der Park dazu einladen, näher erkundet zu werden. Außer einem kurzen Spaziergang am Zugangspunkt ist jedoch nicht mehr möglich, die Aussicht von hier ist aber phänomenal. Leider ist es etwas diesig, doch auch das hat durchaus seinen Charme. Insgesamt ist die Tour lohnenswert, zumal außer mir nur indische Touristen teilnehmen, eine schöne Gelegenheit, sich auch mal mit Leuten zu unterhalten, die keine ausländischen Indienreisenden sind.
Ich wage an meinem zweiten Tag in Munnar die Erkundung der umliegenden Teeplantagen auf eigene Faust. Das erweist sich als sehr leicht umzusetzendes unterfangen, denn auf den Wirtschaftswegen zwischen den Teefeldern lässt es sich sehr gut spazieren. Mein Spaziergang entpuppt sich dann als knapp fünfstündige Wanderung hinauf auf einen der umliegenden Gipfel. Die Aussichten unterwegs sind ein Traum, die Landschaft hier gehört zu den schönsten, die ich bisher in meinem Leben gesehen habe. Das Intensität des Grüns der Teebäume ist so wie ich es bisher nur von den Wiesen der Pyrenäen kenne, die Berggipfel sind sanfte Kuppen, im Hintergrund sieht man die Gipfel der höheren Berge. Die Anlage und der akkurate Zuschnitt der Teeplantagen gibt der Landschaft eine ästhetische Perfektion, wie man sie in Miniatur nur von japanischen Gärten kennt. Meine Fotos lassen dies erahnen, können die Landschaft jedoch nicht in ihrer ganzen Schönheit wiedergeben. Dazu tut es gut, auf eigene Faust wandern zu können und nicht an die Zwänge einer Gruppenunternehmung gebunden zu sein.
Ich erlebe in Munnar einige Premieren auf meiner Reise. Erstmals gibt es nennenswerte Regenfälle. Diese sind untypisch für die Jahreszeit, doch nach dem in ganz Südindien ungewöhnlich heißen März und der dadurch bedingten Trockenheit ist der Regen allseits willkommen. Da es sich jeweils um Gewitter am Nachmittag handelt und den Rest der Zeit die Sonne scheint, habe ich auch nichts dagegen. Durch die Höhe ist es in Munnar zudem deutlich kühler als in der Ebene. Bei Sonnenschein ist es zwar sommerlich warm, doch nach dem Regen und in der Nacht kühlt es deutlich ab. Ich brauche erstmals, seit ich in Indien bin, mein mitgebrachtes Kapuzenshirt, bin um die warme Dusche in meinem Zimmer dankbar und schlafe mit Decke, Schlafanzug und ohne Ventilator. Bisher war ich nachts um jeden Luftzug dankbar, ich schlüpfte lediglich zum Schutz vor den Mücken (die gibt es hier auch nicht) in meinen Stoffschlafsack. Kalt ist es aber nicht, eher wie in einer deutschen Frühsommernacht. Die Fleecejacke bleibt also in den Tiefen des Rucksacks vergraben.

Dienstag, 5. April 2011

Periyar Tiger Reserve

Nach den Traumstränden von Varkala und den einmaligen und unvergesslichen Backwaters, erkunde ich nun eine weitere Facette von Kerala, die Western Ghats. Diese Gebirgskette ist die westliche Begrenzung der Hochebene des Deccan. Sie erstreckt sich von der Südspitze Indiens bis hoch nach Gujarat, ich werde ihr also im Laufe meiner Reise sicherlich noch ein paar Mal begegnen. In Kerala findet man in den Western Ghats saftige immergrüne Wälder, Gewürzgärten und Teeplantagen, sowie einige Wildreservate.
Zu einem solchen hat mich meine Reise nun geführt. Das Naturschutzgebiet von Periyar, deren Kern ein von den Briten angelegter Stausee bildet, verdankt seine Existenz der Angst des damaligen Maharadschas von Travancore, der sich ausbreitende Teeanbau könne seine Jagdgründe in der Gegend begrenzen. Daher gründete er im 19. Jahrhundert eines der ersten Naturschutzgebiete des Subkontinents. Periyar ist aufgrund seiner guten Erreichbarkeit sehr beliebt bei indischen wie ausländischen Touristen. Daher unternehmen täglich mehrere Busladungen von Menschen eine Fahrt mit der Fähre auf den See, in der Hoffnung, einen Blick auf die Tierwelt des Reservats werfen zu können.
Neben der Bootsfahrt sind die Möglichkeiten, den Park zu erkunden relativ begrenzt. Eine Wanderung auf eigene Faust ist nicht möglich, daher unternehme ich die vom Forest Department angebotene Bamboo Rafting Tour. Diese verspricht eine anspruchsvolle Geführte Wanderung sowie eine mehrstündige Runde auf einem abgelegenen toten Arm des Stausees auf einem Bambusfloß. Die Anderung stellt sich als knapp einstündiger Spaziergang zur Anlegestelle des Floßes heraus. Augestattet mit „Leech-Sox“ (Blutegel-Socken), die sich als komplett überflüssig erweisen und begleitet von 4 Guides, darunter einer mit Gewehr, zieht die sechsköpfige Gruppe morgenslos. Bevor wir es uns auf dem Floß gemütlich machen (natürlich wir das von unseren begleitern per Ruder angetrieben), gibt es zunächst noch ein Frühstückspicknick.
Nach eineinhalb Stunden in der prallen Sonne auf dem Wasser, ist schon eine ausgiebige Mittagspause angesetzt. Es gibt selbstverständlich Mittagessen. Proviant wurde für uns getragen. Danach geht es dann wieder zurück zum Startpunkt der Wanderung. Neben den durchaus sehenswerten Landscchaften ist der Hauptzweck der Wanderung die Hoffnung, einige der Tiere des Schutzgenietes sichten zu können. Die Ausbeute ist relativ gering, wir sehen Wildschweine, die hier erstaunlich wenig scheu sind, in der Ferne auch ein paar Büffel. In den Bäumen turnen Affen herum und auch einige Vögel, darunter der lärmende Hornbill zeigen sich. Gegen Ende der Wanderung erwartet uns aber das Wildlife-Highlight: eine Elefantenmama mit ihrem Jungen. Alleine dafür war die Tour ihr Geld wert. Wie schön, das erleben zu können.
Von Kumily aus, wo ich am Rande der Periyar Reserve in einem netten Homestay untergebracht bin, unternehme ich am folgenden Tag einen Ausflug mit dem Motorickshaw in die nahe Gelegene Connemara Teefabrik. Jetzt weiß ich Bescheid über die Feinheiten der Teeproduktion. Anschließend mache ich noch einen geführten Rundgang durch einen Gewürzgarten und sehe, wie Gewürze wie Pfeffer, Cardamon, Muskat oder auch Zimt wachsen. Hier gibt es auch Kaffee sowie viele Früchte.