Donnerstag, 6. Dezember 2007

Aufstocker? Ich denke schon…

Als ich Ende letzter Woche aus Hamburg zurückkehrte, erwarteten mich in meinem Briefkasten vier Briefe mit Absender Jobcenter Neukölln. Briefe vom Jobcenter bedeuten nicht immer schlechte Nachrichten, im Gegenteil. In diesem Fall sorgten sie für eine im Ergebnis positive Überraschung.

Wie ich bereits erwähnt habe, ist mein Verdienst bei meiner neuen Arbeitsstelle ziemlich dürftig. Allerdings habe ich Netto dennoch deutlich mehr zur Verfügung als vorher. Trotzdem wurde mir folgendes vorgerechnet:

· Die Sicherung des Lebensunterhalts beträgt im Monat 347 Euro

· Hinzu kommen meine Warmmiete inklusive Heizkosten, exklusive Stromkosten

· Das ergibt einen monatlichen Bedarf von gut 600 Euro. Soviel erhielt ich bisher ungefähr monatlich ausbezahlt.

· Als Empfänger von Sozialleistungen kann man die ersten 150 Euro ohne Abzüge hinzuverdienen, danach werden graduell Leistungen abgezogen.

· Jedenfalls ergab die Rechnung (die ich nicht ganz verstanden habe), dass ich weiterhin gut hundert Euro monatlich Wohngeld von der Sozialkasse überwiesen bekomme.

Das sehe ich ein wenig mit gemischten Gefühlen. In rein materieller Hinsicht nimmt man das Geld natürlich sehr gern. Hundert Euro, das macht 4 Konzertabende... Zumal hinzu kommt, dass ich weiterhin das Sozialticket für die öffentlichen Verkehrmittel und diverse andere Vergünstigungen verwenden kann. Andererseits habe ich moralische Bedenken dabei, denn ich denke, dass ich auch so über die Runden käme und unser Sozialsystem ausnutze. Dabei habe ich nichts beantragt, die Leistung wurde mir ohne mein weiteres Zutun angetragen. Mein eigentliches Problem ist auch, dass ich es skandalös finde, wenn Arbeitgeber es sich erlauben können, ihre Angestellten, egal ob Volontäre oder nicht, so schlecht zu entlohnen, dass sie weiterhin als bedürftig betrachtet werden. Hat man fünf Jahre studiert, um Hartz-IV-Aufstocker zu werden?

Eins ist mir durch all diese Dinge klar geworden: Auch wenn ich nicht dauerhaft in dieser Situation sein möchte und ich vielleicht trotz allem zu den Privilegierten gehöre, da ich im Hintergrund wohl situierte Eltern habe und ich zudem die Perspektive habe, dass es in Zukunft finanziell aufwärts geht. Auch wenn es vielleicht problematisch ist, dass man von der Administration des Jobcenters nicht immer unbedingt als Person wahrgenommen wird und vieles über seine private Situation offen legen muss (ich muss ab jetzt meine monatliche Gehaltsabrechnung einreichen). Im Ergebnis habe ich durch meine bisherigen Erfahrungen festgestellt, dass das deutsche Sozialsystem den Zweck erfüllt, für den es geschaffen wurde: zu vermeiden, dass einen die Wechselfälle des Lebens existentiell aus der Bahn werfen. Man muss zwar Prioritäten setzen und gut Haushalten, aber man kommt zurecht. Problematisch wird es dann, wenn eine prekäre Situation sich dauerhaft einstellt.

Zum Schluss noch was ganz anderes für alle, die sich für den Wahlkampf der kommenden amerikanischen Präsidentschaftswahl interessieren, da am 3. Januar die Vorwahlen in Iowa beginnen. Hier gibt es eine sehr gute Beschreibung dessen, wie dieser caucus abläuft und warum alle darüber berichten. Aber keine Sorge, da ich das ganze sehr genau verfolge, werde sicher in den nächsten Monaten mal drüber schreiben...

2 Kommentare:

Danièle+Roland hat gesagt…

Mein lieber Hartz IV-Aufstocker, Irgendwann (in hoffentlich nicht all zu ferner Zeit)wirst Du das Naturgesetz kennenlernen: "Egal wieviel man verdient, am Ende des Monats ist das Geld ausgegeben" und Dich fragen wie Du damals mit den paar Krötrn hast überleben können.

Dein gutsituierter Papa

Anonym hat gesagt…

Die Gleichung 100€=4 Konzertabende kann auch nur von dir stammen...