Donnerstag, 31. Juli 2008

Bleibende Eindrücke - Teil II

Natürlich kommt man nicht umhin, in Indien der Armut ins Gesicht zu sehen. Man wird viel angebettelt, vor allem bei Kindern, die manchmal hartnäckig an einem dran bleiben, ist es schwer, standhaft zu bleiben und ihnen nichts zu geben. Allerdings trifft man bei Überlandfahrten mit Zug und Bus – wenn auch aus der Distanz – größere Massenarmut an. Besonders frappierend fand ich das auf der Zugfahrt von Delhi nach Agra. Beim verlassen der Bundeshauptstadt durchfährt der Zug erstmal kilometerlang Slums, wo Mensch und Tier auf engsten Raum zusammen leben und wo selbst vom Zug aus zu erahnen ist, wie wenig Privatsphäre diese Menschen haben. Erstaunt hat mich, wie ordentlich gekleidet die Slumbewohner meist erschienen.

Gleichzeitig haben viele, sowohl in der Umgebung von Slums als auch auf dem Land, keine Scheu in aller Öffentlichkeit Ihren natürlichen Bedürfnissen nachzugehen. Anne hatte sich schon vor Monaten in einer Mail darüber echauffiert und davon erzählt, wie man sich bei Zugfahrten die Zeit damit vertreiben kann, zu zählen, wie viele scheißende Menschen man sieht. Das ist man hier so nicht gewohnt...

Wenn wir schon dabei sind, Essen ist in Indien auch eine Sache für sich. Gut, wo wir waren, gab es fast immer auch Touristenlokale wo man (nicht immer unbedingt gute, dafür verhältnismäßig teure) westliche Kost essen konnte. Das war vor allem zum Frühstück manchmal ganz angenehm, denn man hat nicht unbedingt immer Lust, gleich morgens Masala Dosa oder ähnliches zu sich zu nehmen, wenn das auch ganz lecker ist. In den Tante Emma Läden kann man auch vieles kaufen, vor allem Schokolade und Chips, wir haben sogar mal Bionade gesehen. Das hat mich dann doch ein wenig entsetzt.

Ich fand das indische Essen übrigens gar nicht so scharf, wahrscheinlich ist das im Süden ausgeprägter. Man isst auf jeden Fall auch viel frittiertes und viele Chapatis, die kleinen Fladenbrote. Wenn man nicht so richtig weiß, was man nehmen soll, ist ein Thali immer eine gute Wahl: man bekommt ein bis zwei Currys, Dhal, Reis und Chapatis soviel man möchte, oft auch „Salat“ (also ein paar Tomaten, Gurken und Zwiebelstücke mit Zitrone zum anmachen) und Curd. Wie es schmeckt variiert stark von der Preisklasse des Lokals. Gegessen wird sehr viel vegetarisch (Rishikesh war zum Beispiel komplett vegetarisch), ich habe mir aber auch mal Chicken Tikka Masala gegönnt.

Total hin und weg war ich von den Mangos, so ein leckeres Obst. Ich werde in Europa nie wieder welche kaufen, das lohnt sich echt nicht. Richtig ausgenutzt habe ich auch die Möglichkeit, sich überall frisch gepresste Fruchtsäfte (meine Favoriten: Mango und Papaya), Shakes und Lassis zu kaufen. Wird zwar in verdaulicher Hinsicht nicht unbedingt empfohlen, aber das konnte ich mir nicht entgehen lassen. Ist einfach zu lecker.

To be continued...

Mittwoch, 30. Juli 2008

Bleibende Eindrücke – Teil 1

Auch fast drei Wochen nach meiner Rückkehr aus Indien ist es nicht zu spät, noch eine Ergänzung zu meinen touristischen Berichten hinzuzufügen. Einen Großteils des Charmes dieses Landes machen nämlich nicht seine Sehenswürdigkeiten, sondern die Atmosphäre aus, die dort herrscht sowie die zahlreichen Eindrücke, die ständig auf einen einprasseln.

Zunächst muss ich sagen, dass mein allgemeiner Eindruck von Indien ziemlich dem entsprach, was ich von zahlreichen Erzählungen von Leuten gehört hatte, die schon dort gewesen waren. Es war sogar weniger extrem, wie ich erwartet hatte. Klar ist es überall voll und laut, man wird ständig angelabert und angestarrt, der Verkehr ist sehr dicht und so weiter, aber schlussendlich nicht so sehr, wie ich vorher gedacht hätte. Anne war schon genervt, dass ich immer sagte: „Ist doch ganz entspannt hier“.

Da es schwer ist, die Atmosphäre wiederzugeben, will ich einfach einige, komplett subjektive Eindrücke aufzählen. Zunächst fällt auf, dass deutlich mehr Männer auf der Straße unterwegs sind als Frauen, ich würde schätzen das Verhältnis beträgt ca. 2/3 zu 1/3. Auch fällt auf, dass die überwältigende Mehrheit der Männer westlich gekleidet ist (also in, fast immer langen, Jeans oder Stoffhosen und T-Shirt oder Hemd), die Frauen aber fast alle indisch. Saris sind vor allem unter städtischen jungen Frauen jedoch out, vielmehr tragen die meisten Salwar Kameez. In der Stadt oder auch in Manali ist der Anteil westlich gekleideter Menschen höher.

Inder sind nicht kontaktscheu. Als Europäer wird man gerne angestarrt, noch mehr wenn man eine Frau ist und erst recht, wenn die Dame auch noch in der Öffentlichkeit raucht. Das ist unter indischen Frauen eine Seltenheit. Man wird auch ständig angesprochen, jedoch fast ausschließlich von Männern. Zum einen natürlich, von allen möglichen Leuten, die etwas von einem wollen: Bettler, Rikshawfahrer, Schlepper, die einem ein tolles Hotel oder einen tollen Laden zeigen wollen, Straßenverkäufer, Ladeninhaber. Außerdem noch die vielen Inder, die sich mit einem Fotografieren lassen wollen (das muss ein echtes Statussymbol sein, ein Foto mit Europäern). Kinder sind einfach froh, wenn sie fotografiert werden und sie dann das Foto auf der Digitalkamera anschauen dürfen. Viele, vor allem junge Männer, wollen schließlich einfach jede Gelegenheit nutzen, sich auf englisch zu unterhalten. Diese Kontaktfreude ist zwar manchmal nett, kann aber manchmal auch ganz schön anstrengend sein. Man kann halt selten mal in Ruhe etwas machen.

Demnächst mehr, sonst wird das zu viel...

Sonntag, 27. Juli 2008

In Memoriam

Mein liebes Fahrrad.
Als ich mich heute Morgen auf Deinen Sattel schwingen wollte, musste ich der harten Wahrheit ins Auge sehen: Du warst weg! Stattdessen lag das gute Fahrradschloss durchgeschnitten auf dem Boden. Irgendein Arschloch (manchmal mus man die Dinge beim Namen nennen) hatte Dich gestohlen. Auch wenn ich eigentlich keine Hoffnung habe, dass ich Dich je wiedersehen werde, habe ich dennoch bei der "Polizeiwache Online" Anzeige erstattet. Man weiß ja nie...

Du hast mir treue Dienste geleistet, obwohl ich Dich viel zu kurz besessen habe. Zahlreiche Fahrten durch Berlin und Hamburg werden mir in guter Erninnerung bleiben, das neue Vorderrad, dass ich Dir erst vor ein paar Tagen spendiert hatte, bleibt mir noch ein wenig im Halse stecken. Nun bleibt mir nichts anderes übrig, als meine eiserne Geldreserve anzuzapfen und Dich ganz schnell zu ersetzen, denn ohne Fahrrad bin ich aufgeschmissen. Gut, dass es Dich im Laden noch einmal gibt.

Montag, 21. Juli 2008

Woven Hand

So lang, wie ich zunächst gedacht hatte, war meine Konzertsommerpause jetzt gar nicht. Das lag vor allem an einem recht spontanem Konzertbesuch. Bis vor ein paar Tagen war Woven Hand für mich ein völlig unbeschriebenes Blatt. Dann fragte mich mein Kollege, ob ich Lust hätte, mit zum Konzert zu gehen. Ich hörte es mir an, war begeistert, jetzt bin ich Fan. Woven Hand war Anfangs das Solo-Nebenprojekt des Sängers der Folkband 16 Horsepower David Eugene Edwards. Inzwischen sind letztere Geschichte und Woven Hand ist eine feste Band. Diese spielt recht experimentellen Folk der eher ruhigen Art.

Das Konzert in der Fabrik (sehr schöne Location in einem – wie der Name schon sagt – ehemaligen Fabrikgebäude) war denn auch kein Abgehkonzert. Vielmehr ließ man sich von der Musik einhüllen und genoss den Gesang des stimmliche mächtigen Herrn Edwards. Zudem bietet die Musik live, was ich bei solchen ruhigen Konzerten besonders mag: sich aufbauende Spannung, die gegen Ende eines jeden, meist recht langen, Songs seinen Klimax findet. Ein wunderbarer Abschluss des Wochenendes.

Samstag, 19. Juli 2008

Nach unten scrollen!

Momentant aktualisiere ich meine Indien-Posts, fülle Lücken, füge Fotos hinzu und verlinke die dazugehörigen Fotoalben. Es lohnt sich also, hin und wieder einen Blick nach unten zu werfen oder einfach auf den Indien-Tag zu klicken. Leider habe ich ein paar Schwierigkeiten, Annes Bilder zu laden, sodass mit meinen eigenen vorlieb genommen werden muss. Das ist ein wenig Schade, denn da sind ein paar gute Fotos dabei.

Freitag, 11. Juli 2008

Der letzte Tag

Viel zu schnell war es soweit: schweren Herzens musste ich mich in Manali von Anne verabschieden. Während sie in der Nacht zunächst nach Keylong und dann über die zweithöchste Straße der Welt nach Leh in Ladakh weiterfahren würde, ging es für mich wieder hinunter in die Ebene. Eine 15-stündige Nachbusfahrt führte mich zurück nach Delhi. Sleeperbusse waren inzwischen von den Behörden verboten worden, sodass ich mit einem normalen Deluxe Bus Vorlieb nehmen musste. In Delhi deponierte ich mein Gepäck in einem der zahlreichen Hotels von Paradganj, um mich nach einem letzten Masala Dosa Frühstück für meinen letzten Tag in Indien wieder ins brütend heiße, volle und hektische Delhi zu stürzen. Fast ein kleiner Kulturschock nach der entspannten Atmosphäre der Berge.

Nach einer kleinen Shoppingtour im kommerziellen Zentrum New Delhis, dem Connaught Place, nahm ich eine Rikshaw Richtung Nizamuddin, um mir Hamayuns Grab anzuschauen. Das Mausoleum, Weltkulturerbe de Unsesco, ist ein Vorläufer des Taj Mahal und ähnelt diesem tatsächlich, ist allerdings nicht marmorn, sondern aus Sandstein. Es ist umgeben von einem weitläufigen Areal mit weiteren sehr sehenswerten Monumenten, darunter Mausoleen sowie Moscheen, die an diesem Freitag auch für Gebete genutzt wurden. Einen zusätzlichen Charme verleihen dem Areal die hunderten (!) von Milanen, die darüber Kreisen und die zahlreichen Chipmunks, die überall umherrennen. Letztere sind ein wenig größer als ihre nordamerikanischen Verwandten.
Anschließend wandelte ich ein wenig durch das muslimische Viertel Nizamuddin, wo sich der wichtigste Schrein des Sufismus befindet, der Hazrat Nizamuddin Dargah. Da Freitag war, platzten die Straßen aus allen Nähten, da zahlreiche Muslime, viele in weiß mit Vollbart , unterwegs waren. Deshalb betrat ich auch den Schrein nicht und begnügte mich damit, die Atmosphäre des Viertels aufzunehmen und mir noch einmal leckere Samosas zu gönnen. Danach zog ich weiter in den Lodi Park, der um ein weiteres Mausoleum und eine Moscheeruine angelegt ist. Hier fliegen zahlreiche Vögel herum, darunter kleine Papageien. Schließlich ging ich dann auch der Janpath, eine der goßen Adern der Hauptstadt, Richtung Regierungsviertel, wo ich in die U-Bahn stieg. Weitere Wildlife Action überraschte mich unterwegs, da in den Bäumne hunderte von Flughunden hingen. So habe ich in der Stadt weit mehr "wilde Tiere" gesehen als in des "Wildnis".

Delhis hochmoderne U-Bahn ist im Vergleich zur hektisch-geschäftigen Erdoberfläche wahrlich sehr ruhig und entspannt. Einzig eine Sicherheitskontrolle mit Gang durch den Metalldetektor und Taschendurchsuchung erinnert daran, dass wir hier nicht in Europa sind: die U-Bahn ist klimatisiert, sehr sauber, es gibt Ansagen in bestem British English. Allerdings ist man hier noch mehr als anderswo der einzige nicht-Inder weit und breit. Dabei ist U-Bahn fahren eine sehr günstige alternative zum Rikshawfahren, zudem spart man sich das Handeln um den Fahrpreis.

Nach einem letzten, nicht unbedingt sehr authentischen Thali in einem Rooftop Restaurant musste ich den Tatsachen ins Auge sehen. Es war Zeit für die Heimkehr. Eine letzte Taxifahrt, ein letztes mal indische Luft einatmen und schon sitzt man im Flugzeug zurück nach Europa. Eines ist sicher: ich werde wieder kommen!

Bilder

Mittwoch, 9. Juli 2008

Hampta Pass Trekking – Teil 2: über den Pass & zurück nach Manali

Nach durchregneter Nacht waren wir am Morgen des dritten Trekkingtages guter Dinge, da inzwischen freundliches Wetter herrschte. Voller Enthusiasmus machten wir uns deshalb auf den Weg, obwohl wir in nasse Wanderschuhe schlüpfen mussten. Auf dem Programm standen etwa drei Stunden Aufstieg zum 4200 Meter hoch gelegenen Hampta Pass (für mich persönlich ein Allzeithoch) und weitere zwei Stunden Abstieg zum Nachtlager im ersten kleinen Tal auf der anderen Seite, was schon zum Distrikt von Lahaul gehört. Der Aufstieg war ein wahrer Genuss, der Grund weshalb man ein solches Trekking macht: das Zusammenspiel von Sonnenschein, einzelner Wolken um die Gipfel, saftig grüner Bergwiesen, schroffer Felswände, von Schneefeldern und Wasserfällen, ist ein einziger optischer Leckerbissen.

Mit zunehmender Nähe zum Pass gab es dann nur noch Schnee und Felsen zu sehen. Leider trübte sich nun auch das Wetter wieder ein, sodass wir schließlich im Nebel oben ankamen und uns das potentielle Panorama entging. Zudem begann es wider zu regnen, sodass der Abstieg nicht so spaßig war. Wir wollten nur noch schnell ankommen. Am Lagerplatz wurden zügig die Zelte aufgebaut und nach einer „Maggi Soup“ verschwanden alle zum Aufwärmen oder für ein Schläfchen in den Zelten. Später klarte es wieder zunehmend auf, sodass wir zumindest im Tal noch die wunderbare Kulisse genießen konnten. Nun konnten wir auch den landschaftlichen Wechsel wahrnehmen Hier war es zwar auch grün, doch nur eine dünne Grasschicht bedeckte den Boden, von Bäumen keine spur. Auf dieser Seite war es viel trockener und karger.

Der letzte Tag war wanderungsmäßig nicht der rede Wert, noch etwa 2-3 Stunden Abstieg bis ins Chandra Tal, nachdem wir gleich am Anfang – diesmal ohne Schwierigkeiten – noch einmal durch einen eiskalten Fluss waten mussten. Am Ziel erwartete uns ein Bus unserer Agentur, der alle zurück nach Manali brachte. Nur die Ponys und ihre Führer blieben zurück: für sie ging es gleich mit einem anderen Trekking weiter.

Doch auch die Busfahrt nach Manali über den 3900 Meter hohen Rohtang Pass verlief nicht ohne Hindernisse. Zunächst ist die Straße ohnehin nicht geteert, nicht sehr breit und oft sehr steinig oder von Bergbächen überflutet. Nach etwa einer halben Stunde Fahrt stießen wir auf einen Stau. Alle stiegen natürlich aus, um zu sehen was los war: durch einen Erdrutsch an einer Stelle, an der wieder ein Bach über die Straße lief, versperrte ein großer Felsbrocken die Straße. Motorräder und Jeeps kamen zwar vorbei (aufgrund des Wasser vor allem erstere jedoch mit viel Mühe, jede Überquerung wurde mit Jubel gefeiert), LKW und Busse aber nicht. So herrschte ein geschäftiges treiben um die Stelle, bis man uns schließlich ein Stück wegschickte. In der Tat war irgendwo Dynamit hergezaubert worden und mit zwei durchaus beeindruckenden Explosionen wurde der Fels gesprengt. Nach ca. viereinhalb Stunden Fahrt, um 70 km zurückzulegen, waren wir schließlich zurück in Manali.

Bilder, Bilder von unseren Mittrekkern

Sonntag, 6. Juli 2008

Hampta Pass Trekking – Teil 1: bis zum Fuße des Passes

Man kann nicht im Himalaya verweilen, ohne ein Trekking zu machen. Allein deshalb, weil man sonst nicht richtig in die Berge hineinkommt. Anne ist darin schon Profi, sie hat bereits das Round Annapurna sowie das Everest-Base-Camp-Trekking hinter sich. Diese sicherlich anspruchsvollen Touren in Nepal haben einen eindeutigen Vorteil: entlang der Strecke gibt es eine Guesthouseinfrastruktur, die es den Wanderern erlaubt, die Tour ohne großen Proviant und Schlafequipment zu absolvieren.

In Himachal Pradesh ist das anders. Hier muss man, will man eine mehrtägige Tour absolvieren, Führer, Träger, Ponys und ähnliches organisieren. Wenn man wie wir den Aufwand scheut, dies zu tun, kann man eine der zahlreichen Agenturen vor Ort ansteuern. Wir entschieden uns für Himalayan Adventurers, die zwar sicher nicht die günstigste Agentur am Platz ist, aber ein sehr schönes All-Inclusive-Luxus-Paket für uns zusammenschnürte. So zogen wir zu siebt los, nachdem wir per Jeep von unserem Guesthouse abgeholt worden waren. Neben Anne und mir mit dabei: zwei Däninnen, ein israelisches Ehepaar und eine Dame aus Tschechien, dazu ein Guide, Ticu, sowie sein Helfer Sittaram. Wir trugen nur unser Tagesgepäck – zuvor hatte jeder noch eine Lunchbox erhalten – den Rest ließen wir vorerst unten in Vashisht, wo die Tour startete.

Der erste Tag war durch einen steilen Anstieg geprägt. Zunächst durchquerten wir recht zügig die Apfelhaine des Tals, um dann in einen wunderschönen Kiefernwald zu geraten. Hier sind die Bäume noch alt, man sieht kaum einen Baumstumpf zwischendurch, unser Führer berichtet aber von wilden Rodungen. Mit zunehmender Höhe lichtet sich der Wald zwischendurch, es wachsen hohe Farne und Irisse. Zudem duftet es wunderbar, wie in einem Kräutergarten, erkennen konnte ich auf jeden Fall Thymian, Oregano und Minze, dazu wachsen auch hier die unvermeidlichen Hanfpflanzen. Einige klagen über die Hitze, doch die Strecke ist gut zu überwinden, zumal wir zahlreiche Pausen einlegten. Gerade als das Wetter sich etwas eintrübt erreichen wir unser Lager. Hier erwarten uns unsere Ponys (in Wirklichkeit teilweise Maulesel) mit ihrem Führer, unser Koch und sein Helfer. Das Lager teilten wir mit einer zweiten Trekkergruppe. Wir brauchen nur noch unser Zelt aufzubauen, dann gibt es Tee und Kekse. Anschließend sehr lecker Abendessen und bald gehen schon alle ermattet ins Bett. So läuft es jeden Abend.

Am nächsten morgen erwartet uns zunächst um 6 Uhr eine angenehme Überraschung. Jeder bekommt einen „Bed-Tea“ ans Zelt gebracht, kurz darauf einen Behälter warmes „Washing Water“. Was für ein Luxus. Die klimatischen Bedingungen sind allerdings weniger erfreulich. Es regnet. So bleibt es auch den ganzen morgen, wir wandern im regen, was das Vergnügen deutlich verringert. Nach einer Weile sind alle trotz Regencapes durchnässt. Allerdings erwartet uns an der Strecke noch ein Hindernis, mit dem an diesem vermeintlich leichtesten Tag keiner gerechnet hatte.

Wir wussten wohl, dass wir einen Fluss würden überqueren müssen, deshalb sollten wir unsere Sandalen im Tagesrucksack tragen. Doch dies sollte deutlich komplizierter werden, als geplant. Der vermutlich bei schönem Wetter Gebirgsbach hatte sich in aufgrund des Regens in Verbindung mit dem schmelzenden Schnee in einen reißenden Fluss verwandelt. Die Furt war nun zu gefährlich, um sie zu überqueren. Die erste Entscheidung: wir warten auf die andere Gruppe. Als diese nach relativ kurzer Zeit ankommt, wird beschlossen, dass wir uns alle an der Hand halten und so die etwa 4 Meter breite Stelle des Flusses überqueren, wo die Strömung am stärksten ist und das Wasser ca. 1 Meter tief (hört sich zwar wenig an, ist aber durchaus tückisch). Als die meisten schon mit den Füßen (samt Wanderschuhe) im eiskalten Wasser stehen, wird das Unterfangen als zu Gefährlich eingestuft und wir kehren um. Zweite Entscheidung: wir warten auf die Ponys und vor allen die sie begleitenden Helfer.

Die meisten kauern sich schlotternd unter einen Felsen (es regnet noch immer), das Warten erscheint wie eine Ewigkeit. Da ich sehr friere, ziehe ich es vor stehen zu bleiben, um mich ein wenig zu bewegen. So verfolge ich auch aus nächster Nähe die lange erwartete Ankunft der Ponys, die Debatten über die beste Vorgehensweise und die Vorbereitungen für die Überquerung: unter großem Einsatz gelingt es Sittaram schließlich, den Fluss zu überqueren, sodass ein Seil über den Fluss gespannt werden kann. Mir wird klar, was uns nun blüht: uns am Seil festhaltend, müssen wir da durch! Da ich als einziger schon bereitstehe, muss ich mich als erster in die Fluten Stürzen. Ohne lange genug nachzudenken um Angst zu bekommen überquere ich also im eiskalten Wasser – Dank der aufopferungsvollen Hilfe unserer indischen und nepalesischen Begleiter relativ problemlos – den Fluss. Aber schon mit ganz schönem Herzrasen. Auch alle anderen kamen schadlos rüber. Nur eine jagte allen und besonders mir einen Schrecken ein: Anne. In der Tat verlor sie beim ersten Schritt in die Fluten den Boden unter den Füßen und lag folglich im Wasser. Das sah ganz schön heftig aus. Sie klammerte sich aber gut fest und wurde gut festgehalten, war aber allerdings klatschnass und total durchgefroren.

Inzwischen hatte es aufgehört zu regnen. Während wir Touristen nun noch halbwegs trockene Kleidung hervorkramten und versuchten uns aufzuwärmen, schufteten unsere Begleiter weiter. Zunächst wurde das Seil an einer anderen Stelle des Flusses zu einem Seilzug umfunktioniert. Das Gepäck wurde den Ponys abgenommen und so über den Fluss befördert. Von ihrer Last befreit war es dann für die Tiere ein leichtes, die Fluten zu überqueren. Als die Ponys dann wieder bepackt waren und wir alle uns gesammelt hatten, konnte es weitergehen. Zum Glück war es nicht mehr weit zum heutigen Lagerplatz.

Fotos

Freitag, 4. Juli 2008

Manali, Vashisht & Nagar

Die letzten Tage verbrachten wir in der Backpackerhochburg Manali im Kullu Tal. Manali liegt auf 2050 Metern Höhe und bereits mitten im Himalaya, ist aber sehr gut zugänglich, da das Kullu Tal von jeher eine wichtige Durchgangsroute durch das Gebirge ist. Manali hat sich in den letzten Jahren aufgrund seines im Sommer angenehm gemäßigten Klimas als Touristenmagnet etabliert, wobei indische Touristen eher in New Manali, und Traveller sich in Old Manali konzentrieren. Auf den ersten Blick könnte man von der Landschaft her glauben, man sei in der Schweiz: schroffe Hänge, rauschende Bäche, saftig grüne Wiesen, durch die diesige Luft erahnt man gletscherbedeckte Gipfel. Der zweite Blick erinnert aber daran, dass man hier tatsächlich in Indien ist: die Läden verkaufen unschlagbar günstige und sehr schöne Schals und Schmuck, man trifft nicht nur Inder, sondern auch viele Tibeter und Nepalesen, es gibt buddhistische und hinduistische Tempel, im Kiefernwald tollen sich Affen, auf der Strasse trifft man Yaks und Elefanten, es gibt leckerste Mango-, Papaya- und Apfelsäfte. Wir sind hier in Indiens Apfelanbaugebiet. Außerdem ist Manali ein Kifferparadies: hier wächst angeblich der beste Haschisch der Welt. Ich kann jedenfalls bestätigen, dass hier überall Hanf wächst wie Unkraut.

Ohne Anne unternahm ich einen kleinen Ausflug ins drei Kilometer entfernte Nachbardorf Vashisht. Auf dem Weg rauschen ständig Royal Enfield Motorräder vorbei, wobei sich auch die europäischen Fahrer vom Leichtsinn der Inder anstecken lassen und helmlos in Flipflops, T-Shirt und kurzer Hose auf den Maschinen sitzen. Vashisht liegt etwas oberhalb des Tals und bietet deshalb wuderschöne Aussichten. Das Dorf selbst beheimatet zwei sehr niedliche Hindu Tempel und heiße Quellen. Auch hier ist das Zentrum voller Touristenrestaurants, Shops und Gasthäuser. Doch wenn man ein wenig weitergeht kommt man an traditionellen Bauernhäusern vorbei und findet sich in den Apfelplantagen wieder.

Ein weiterer lohnenswerter Ausflug in die Umgebung ging ins 21 Kilometer entfernte Nagar. Das gut erreichbare Bergdorf war zeitweise die Hauptstadt des lokalen Königreichs und beheimatet deshalb ein Schloss, heute zum Hotel umgebaut. Man kann es aber gegen ein geringes Entgeld besichtigen. Zudem gibt es mehrere sehenswerte kleine Tempel. Ein Besonderheit in Nagar ist die Nicholas Roehrich Gallery. Der russische Maler verbrachte das Ende seines Lebens im indischen Himalaya. Seine Gemälde haben uns gut gefallen, nett ist auch das Volkskunstmuseum, das seine Frau in Nagar gründete.

Bilder