Silvester finde ich furchtbar überbewertet: Nur weil ein neues Jahr anbricht, meint jeder in Deutschland, er müsste sich selbst (mit Alkohol) und andere (mit Böllern) abschießen. Trotzdem will man sich dem nicht komplett entziehen, denn säße man zu Hause und würde nichts tun, das wäre auch wieder frustrierend. Ich entschied mich für eine recht entspannte Variante, fuhr nach Göttingen zu einer guten Freundin um dort sehr entspannt vorzüglich zu essen und zu trinken und – nachdem vorübergehende Müdigkeit, die mich fast ins Bett getrieben hätte mit Kaffee vertrieben worden war – zu halbwegs guter Musik das neue Jahr tanzend zu begrüßen. War sehr lange her, dass ich 24 Stunden am Stück auf den Beinen gewesen war. Perfekt!
Jetzt wo 2008 angebrochen ist, lohnt es sich, wieder nach vorne zu schauen, denn mich erwartet als politisch interessierter Mensch, der vor allem leidenschaftlich gerne Wahlen als Beobachter verfolgt, eine spannende Zeit. Heute geht es los, denn der Caucus in Iowa setzt den Startschuss zu den amerikanischen Präsidentschaftswahlen. Diese sind für ‚political junkies’, wie die Amerikaner sagen, sehr dankbar, da sich Dank der Vorwahlen die Entscheidungsphase über Monate hinzieht. Ab heute entscheiden also die Anhänger der beiden großen Parteien der USA, wer für sie ins Rennen um das Weiße Haus geht. Eigentlich ist die Vorwahl in Iowa recht unbedeutend: Der Staat ist klein, ländlich, konservativ und mehrheitlich von Weißen bewohnt, also vollkommen unrepräsentativ. Der einzige Grund, weshalb so ein Buhei um die Angelegenheit gemacht wird, ist dass hier die erste Vorwahl stattfindet: Die Medien werden sich auf den Gewinner und vermeintliche Verlierer stürzen, was viel wichtiger ist, als das eigentliche Ergebnis. Das gleiche gilt im übrigen für die Vorwahl in New Hampshire nächste Woche, das genauso klein und unrepräsentativ ist. Ein Datum, das man sich merken sollte, ist der 5. Februar, auch 'Super-duper-Tuesday' genannt, da dann in 22 Staaten, darunter Kalifornien und New York gewählt wird. Vielleicht steht dann schon fest, wer die Kandidaten sind. Verfolgen kann man das alles hier.
Auch in Frankreich gibt es dieses Jahr wieder Wahlen, die ‚élections municipales’, bei denen im März in den über 36.000 Städten und Dörfern des Landes Bürgermeister und Gemeinderäte bestimmt werden. Klingt banal, ist es aber nicht, dann nach den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen sind dies für die Franzosen die wichtigsten. Auch treten sämtlcihe Spitzenpolitiker irgendwo an, der Député-Maire (Abgeordneter in der Nationalversammlung und zugleich Bürgermeister einer Stadt) zählt sehr viel. In den Kommunalwahlen jedoch einen Test für die Politik Sarkozys zu sehen wäre jedoch falsch, denn wie überall spielen lokale Begebenheiten eine wichtige Rolle. Spannend wird es sein zu verfolgen, inwiefern es die Linke schafft, sich in den von ihr vor sechs Jahren gewonnenen Großstädten Paris und Lyon zu behaupten und weitere hinzuzugewinnen, wie Toulouse oder Bordeaux (wo ja Alain Juppé Bürgermeister ist und im letzten Jahr bereits sein Abgeordnetenmandat an seine sozialistische Gegnerin verlor).
Schließlich finden in Deutschland einige wichtige Landtagswahlen statt, alle in momentan von der CDU (bzw. CSU) regierten Bundesländern: Bereits Ende Januar in Hessen und Niedersachsen, im Februar in Hamburg und im Herbst in Bayern. Spannend wird es wohl vor allem in Hessen und Hamburg: Koch wird wohl seine absolute Mehrheit verlieren, doch was passiert, wenn es eine mögliche Mehrheit für Rot-Rot-Grün gibt? Ole von Beust ist in Hamburg in einer noch schwierigeren Situation, denn sein möglicher Koalitionspartner, die FDP, schafft es laut Umfragen nicht in die Bürgerschaft. Gibt es hier erstmals auf Landesebene eine Schwrz-Grüne Koalition? Oder Rot-Rot-Grün? Ich fürchte, in beide Fällen gibt es das leider immer verbreitere Szenario der großen Koalition (was ich als den schlechtesten Fall ansehen, da das meist bedeutet, dass Wahlverlierer zusammengehen und eine Konstellation regiert, die keiner wollte). Umfragen für alle Bundesländer hier.
Die nächsten Monate werden also nicht langweilig, zumal 2008 ja auch sportlich (wie jedes gerade Jahr) und musikalisch sehr viel versprechend ist...