Sonntag, 25. März 2007
Türkisch für Anfänger
Mein erstes Konzert in Berlin
So habe ich mich Freitag Abend auf den Weg in den Frannz Club der Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg gemacht, um der Newcomerband Little Man Tate zu lauschen, dessen Album, About What You Know, im Hinblick auf einen Liveauftritt sehr viel versprechend klang. Der Club hat mir gut gefallen, die Deko ist sehr geschmackvoll und die Größe genau richtig, etwa vergleichbar mit der Kaserne in Basel, nur ist alles in einem Raum. Five Fast Hits aus München, die als Vorband firmierten, hatten es aufgrund des wegen der frühen Stunde noch sehr spärlich gesäten Publikums noch recht schwer, Stimmung zu machen. Und das obwohl sie trotz Schlagzeug aus der Konserve sehr schwungvolle und britisch klingende Poprockmusik mit punkigen und teilweise countryhaften Elementen das Zeug dazu gehabt hätten. Das fehlende Schlagzeug habe ich ihnen übrigens verziehen, da ich weiß, dass sie eines haben. Ich habe sie schon einmal irgendwo als Vorband gesehen (muss im Karlstorbahnhof gewesen sein).
Wie erwartet sind Little Man Tate auf der Bühne ein Kracher. Die Band gehört zur Welle der zur Zeit in regelmäßigen Abständen herüberschwappenden Indie Poprock Bands aus England, stammt aus Sheffield und klingt wie eine Mischung aus Arctic Monkeys und Maxïmo Park. Sehr angenehm ist, dass es sich dabei nicht um unter 20-jährige handelt, sondern um solide Mittzwanziger mit einer für eine Newcomerband erstaunlich guten Bühnenpräsenz. Der Sänger ist eine englische Bestie, die anderen Bandmitglieder haben eher einen Intello-Touch. Ich war mal wieder recht begeistert, alle Hits, die ich hören wollte, waren dabei. Das war aber nicht so schwer, da das komplette Album sehr hörenswert ist. Inzwischen war auch das Publikum zu einer anständigen Größe angewachsen und es ließ es sich nicht nehmen, ordentlich abzugehen. Kleines Minus zum Schluss: nach einer knappen Stunde inklusive Zugaben war alles rum. Aber gut, es sind halt Newcomer, das Repertoire wird sich hoffentlich noch vergrößern.
Heute habe ich das traumhafte Frühlingswetter zu neuen touristischen Erkundundungsgängen in der Stadt genutzt. Dies war ein Kontrastprogramm, da ich mich zunächst auf die ehemalige DDR-Prachtstraße, die Karl-Marx-Allee, begeben habe, um danach einen Abstecher auf das Event des Wochenendes, das Europafest am Brandenburger Tor, zu wagen. Die Karl-Marx-Allee, frisch saniert, ist schon ziemlich bombastisch und damit beeindruckend – so stellt man sich tatsächlich sozialistischen Protz vor. Das Europafest war auch nett und gut organisiert, doch angesichts des Wetters total überlaufen. Deswegen habe ich es nicht so super lang da ausgehalten, jedoch lang genug, um ein Foto eines prominenten Politikers schießen zu können... So könnt ihr Eure Kenntnis der Bundesregierung testen :-)
Mittwoch, 21. März 2007
Jetzt geht's los...
Freitag, 16. März 2007
Kleiner musikalischer Einschub
Etwas enttäuschend finde ich dagegen das neueste Album der Kaiser Chiefs, Truly Yours, Angry Mob. Ich war damals einer der frühen und begeisterten Hörer ihres Erstlingswerks Employment gewesen, das im Rahmen der Euphorie um die neue englische Indierockmusik zu uns herübergeschwappt war und es sogar zu SWR3 Mainstream Ehren gebracht hatte. Den gute Laune Poprock der Jungs aus Leeds fand und finde ich immer noch sehr erfrischend. Leider bringt das neue Album nicht viel neues, eigentlich wird stets auf das selbe Rezept vertraut, das aber nicht mehr erfrischend, da etwas abgelutscht ist. Stattdessen klingt es noch stärker nach Madness, was an sich ja nichts schlechtes wäre, aber halt den Nutzen des Albums nicht erhöht. Alles in allem noch immer hörenswert, wird mir aber nicht in Erinnerung bleiben. Höchstens, wenn die Singles (wie derzeit „Ruby“) im Radio totgespielt werden.
Ich muss auch noch meine positive Überraschung über die Playlists des öffentlich-rechtlichen Radios hier in Berlin ausdrücken. Der Jugendsender Fritz ist qualitativ deutlich besser als sein Pendant aus dem Südwesten, Das Ding. Nicht nur gibt es ständig Livegäste, die auch tatsächlich was vorspielen, die Rotation entspricht auch ziemlich meinem Musikgeschmack, wird doch eher rockigen Bands eindeutig ein größerer Programmanteil überlassen als R’n’B und Hip Hop oder der Radioschnulzen vieler anderer Sender. Auch Radio 1 vom RBB finde ich musikalisch überraschend gut, da kein Übergewicht auf die abgelutschten 70er Oldies gelegt wird, sondern auch aktuelle Musik gespielt wird. Zum Beispiel war Neon Bible von Arcade Fire letzte Woche das Album der Woche – beim SWR undenkbar, so was.
Schließlich empfange ich hier auch eine französischen Sender, Radio France International (RFI), was mich sehr freut, da ich so auch ohne Internet die französische Nachrichtenlage verfolgen kann. Der Sender, das französische Pendant zur Deutschen Welle, ist sehr empfehlenswert für alle, die sich für Frankreich interessieren, da die Innenpolitik stets sehr genau erklärt wird, da angenommen wird, dass viele Hörer sich nicht so genau auskennen. Zwischen 8.30 Uhr und 9 Uhr gibt es sogar eine halbe Stunde Programm auf Deutsch. Auch interessant: Man erfährt viel über die Nachrichtenlage in Afrika, die sonst wo sehr stark vernachlässigt wird.
Mittwoch, 14. März 2007
Langsam wird's ernst...
Inzwischen habe ich auch erste Schritte unternommen, um meinen Lebensunterhalt abzusichern, indem ich dem JobCenter Berlin Süd hier in Neukölln einen Besuch abgestattet habe. Ich muss sagen, dass hier eine andere Größenordnung herrscht als in Heidelberg, allein am Empfang gibt es bereits etwa ein dutzend Schalter (in der Heidelberger Arbeitsagentur sind es ganze zwei), gewartet wird in einer Zickzackschlange wie im Europapark. Ich bin jedenfalls nach viel kürzerer Wartezeit als gedacht wieder raus gekommen, mit zwei Terminen und einem ganzen Stapel an Formularen zum ausfüllen. Mal sehen, was daraus wird.
Schließlich habe ich das noch immer traumhafte Wetter genutzt, um mich etwas im Bezirk Neukölln umzuschauen. Hierzu gehört nicht nur meine sehr städtische Nachbarschaft, die so genannte Neuköllner City, sondern auch das etwas ruhigere Rixdorf, sowie die etwas weiter außerhalb liegenden Stadteile Britz, Rudow und Buckow. Vor allem Britz hat es mir angetan. Hier liegt die Hufeisensiedlung, ein Vorzeige-Siedlungsprojekt aus den 1920er Jahren, das um einen hufeisenförmige Häuserformation angelegt ist und sehr kleinstädtisch wirkt. Ein Kleinod ist das Schloss Britz mit Gutshof und Park. Man wird dort vollkommen der Großstadthektik entzogen und findet eine äußerst Idyllische Oase der Ruhe. Neukölln hat also mehr zu bieten als die Rütlischule und türkisch geprägtes Multikulti. Das ist aber eigentlich kein Wunder, ist es doch ein riesiger Stadtbezirk, der anderswo für sich schon eine eigene Großstadt wäre.
--> Fotos hier!
Montag, 12. März 2007
Erste touristische Erkundungsgänge
Meine zukünftige Strecke zur Arbeit stellte sich als sehr angenehm heraus. Es geht von mir aus praktisch immer geradeaus, von der Sonnenallee über die Sankt-Urban-Straße, die Blücherstraße und die Stresemannstraße direkt zum Leipziger Platz. Das ganze dauert etwa 20 Minuten und führt unter anderem am Willy-Brand-Haus (ja, bei meinen angeblichen Freunden der SPD), am Anhalter Bahnhof und dem Gropius Bau vorbei. Wie es aussieht ist Berlin eine äußerst Fahrradfreundliche Stadt, denn auf der ganzen Strecke gibt es Fahrradwege. Auf dem Ruckweg habe ich übrigens eine ruhigere und pittoresquere Strecke entlang des Landwehkanals getestet, da gibt’s aber zu viele Kopfsteilpflaster. Das ist wie bei Paris-Roubaix, mit meinem Schrottgöppel ist das nix.
Nun aber zu meinem Spaziergang (Fotos hier). Dieser führt unter anderem an der Topographie des Terrors (sehr gut gemachte Ausstellung) und dem Holocaust Mahnmal vorbei. Von den alten Machtzentren ist außer Infotafeln leider nicht mehr viel übrig, stattdessen gibt es Plattenbauten, den monumentalen Nazibau des ehemaligen Luftfahrtsministerium Goebbels, das jetzt das Finanzministerium beherbergt, und Baustellen zu sehen. Es stimmt mich immer wieder traurig zu sehen, was die Zerstörungen des zweiten Weltkrieges angerichtet haben. Berlin könnte eine viel eindrucksvollere Stadt sein. Das Holocaust Mahnmal hat mich schließlich auch beeindruckt. Erstaunlich, was man einfach nur mit einer Ansammlung von Stelen erreichen kann.
Sonntag war eine andere Facette Berlins an der Reihe, ich entschied mich bei wunderbarem Wetter für einen Spaziergang durch Kreuzberg (Fotos hier). Der legendäre Bezirk, der sich als Hort der linken Szene bekannt ist, fand ich sehenswerter als gedacht. Interessant ist, wie sich teilweise Bausünden aus der Nachkriegs- und Wirtschaftswunderzeit mit wunderbaren Altbauten vermischen. Glücklicherweise wurde die Zerstörungswut dieser Zeit soweit gestoppt, dass der Stadtteil noch immer sehenswert ist. Auch die vielen Parks und Plätze, der Landwehkanal und das Flair sind sehr einladend. Das Publikum ist sehr gemischt: Am Landwehrkanal diverse Sonntagsspaziergänger, auf der Oranienstraße und dem Mariannenplatz ein sehr alternatives Publikum, abseits der Hauptstraßen eine starke türkische Prägung. Letztere sind durch die Gertrifizierung des Bezirks noch nicht vertrieben worden. Jetzt bleibt also noch, die berüchtigten Kreuzberger Nächte zu erleben...
Mein Umzug nach Berlin
Ich ging gerade zur Haustür hinein, als es weiter oben klirren hörte. Nahezu im selben Augenblick rief Philippe laut „Scheiße“. Ich ahnte, dass er wohl eine meiner Kisten hatte fallen lassen. Es war jedoch etwas anderes, ein wenig schwerwiegenderes passiert. Philippe war auf der letzten Stufe vor dem Treppenansatz der Nachbarn unter mir – eine schwere Kiste tragend – gestolpert und war dabei mit vollem Schwung mit der Hand durch eine Scheibe der Eingangstür ebendieser Nachbarn geknallt. Daher das klirren.
Als ich oben ankam – unterwegs hatte mich die Nachbarin bereits zur Sau gemacht, wir sollten doch gefälligst besser aufpassen – folgte ich einer Spur von einigen wenigen Blutstropfen in unser WG-Bad, wo ein Team aus angehenden Medizinern (meine Mitbewohnerin Spela und ihr Freund Geri), einer Krankenschwester (meine Schwester Anne) sowie weiteren beteiligten bereits alles im Griff hatte. Philippe wurde fachmännisch verarztet, um die doch recht starke Blutung zu stoppen. Unterdessen organisierte Anne per Telefon dank ihrer Connections im Krankenhaus Salem bereits das weitere Vorgehen mit dem Verletzten. Resultat: Mein geplanter Mitfahrer nach Berlin fiel aus, denn er musste aufgrund einer doch recht konsequenten Schnittwunde am Handgelenk genäht werden (7 Stiche – für ein Foto der Wunde an Philippe wenden). Wie er mir jedoch versichert, ist alles nicht so schlimm, er hat wohl keine Schmerzen und war insgeheim eigentlich ganz froh, nicht mit nach Berlin zu müssen, weil er ohnehin keine Lust darauf gehabt hatte.
So kam es, dass mein Papa einspringen musste, nach ein paar organisatorischen Telefonaten und E-Mails klappte das auch und so verabschiedeten wir uns mit einer kleinen Verspätung auf den Zeitplan gegen 12 Uhr von den Heidelbergern. Wir hatten ja noch eine lange Strecke vor uns. Nach einem Zwischenstopp in Göttingen, wo wir Almuth als Helferin für Berlin mitnahmen, ging es erstmal nach Berlin-Steglitz, um meinen Schlüssel zu holen – an dieser Stelle vielen Dank an Michaela Gastiger für ihre Hilfe – und von dort aus geradewegs nach Neukölln.
Die Spannung stieg langsam: Ich hoffte, dass die Wohnung auch tatsächlich dem entsprach, woran ich mich erinnerte. Die anderen wollten wissen, was sie erwartete. Vor allem Papa, der insgeheim glaube ich ganz froh war, dass er dabei war, um seine Neugierde zu befriedigen, war gespannt. Wir wurden glücklicherweise nicht enttäuscht, die Wohnung ist groß, schön, sauber und hat eine voll ausgestattete Küche. Wir hatte nun also die nötige Motivation für die Endanstrengung des Tages, denn die Wohnung liegt im vierten Stock – ohne Aufzug!
Um 22 Uhr, nach 2 Stunden Schwerstarbeit und der sehr netten Hilfe meines Nachbarn (der sich dann wegen Rückenscherzen die ganze Woche Krankschreiben ließ – das ist kein Scherz) hatten wir alles oben. Zur Belohnung gab es für alle einen sehr leckeren Döner (für Papa eine Weltpremiere – auch das kein Scherz) und ein gutes Bier. Kaum war das jedoch getrunken, fielen wir alle k.o. ins Bett. Es war vollbracht.
Vielen Dank an alle, die geholfen haben. Ohne Euch hätte ich das nie geschafft!
Erste Fotos aus meiner Nachbarschaft gibt es hier. Weitere folgen in kürze, auch von der Wohnung. Die gibt es jedoch erst, wenn ich fertig eingerichtet bin...
Freitag, 9. März 2007
Berlin
Nachtrag zum Lauf
So kam es also, dass Philippe und ich pünktlich um kurz nach 15 Uhr am Samstag auf der Startlinie in einem Pulk von ca. 500 Läufern standen und auf den Startschuss warteten. Uns beiden ging es um zwei Dinge: Erstens wollten wir uns nicht blamieren und eine akzeptable Zeit erlaufen, zweitens gab es natürlich einen familieninternen Wettstreit zwischen uns beiden. Vor allem Philippe wollte mich unbedingt schlagen, da er zeitlebens der sportlichere von uns beiden war (Zitat: „Ich hatte 11 Punkte in Sport, Du nur 6“, womit er sogar Recht hat). Es ging also los. Nach ca. zweieinhalb von fünf Runden fing Philippe an, etwas schlapp zu machen, sodass ich ihn etwas abhängen konnte. Mit einer unglaublichen Willenskraft und sehr gutem Durchhaltevermögen schaffte es Philippe jedoch, mich für den Rest des Laufs in Sichtweite zu behalten. Auf diese Weise überraschte er mich plötzlich in der letzten Kurve vor dem Ziel, als er beim Versuch an mir vorbeizuspurten neben mir auftauchte. Auf diese Weise lieferten wir uns auf der in diesem Augenblick unerwartet langen Zielgeraden einen für die Zuschauer sehr unterhaltsamen Zielsprint, den Philippe dann knapp gewann. Mir bleibt also nur, ihm hierzu herzlichste zu gratulieren und mich vor seiner Leistung zu verbeugen, ich hätte an seiner Stelle nämlich garantiert abreißen lassen. Mit unserer Zeit von 49 Minuten bin ich übrigens auch sehr zufrieden. Das ist der Wert, den es im nächsten Jahr zu unterbieten gilt!