Sonntag, 6. Mai 2012

Zur Einarbeitung nach SoCal

Ich hatte nicht wirklich Zeit, in Den Haag anzukommen. Kaum war ich eine Woche vor Ort, wurde ich von meinem neuen Arbeitgeber in den Flieger gesetzt und zur Einarbeitung an den Firmenhauptsitz nach Santa Ana geschickt, ein recht unspektakulärer Ort mitten im Orange County in den südlichen Vororten von Los Angeles. So kam ich zu einem unverhofften zweiwöchigen Aufenthalt in Südkalifornien, oder SoCal, wie es die Einheimischen nennen.
Der sehr lange Flug wird lediglich durch das gute Entertainmentprogramm von KLM sowie schöne Ausblicke auf die Eiswelt Grönlands und Nordkanadas, die Rocky Mountains und Las Vegas versüßt. Vor Ort angekommen habe ich nicht viel Zeit, meinen Jetlag zu verdauen. Gleich am nächsten Tag werde ich um 7 Uhr zur Begrüßung durch den Vice President of International Sales, and Marketing, Phil, erwartet, bevor ich den Rest der Woche in einem Kaizen verbringe, einer Art Worshop, die im Rahmen von LEAN Management regelmäßig durchgeführt werden, um mit Hilfe der Angestellten Prozesse zu optimieren. Eine sehr gute Methode, wie ich finde. Abends werde ich von unterschiedlichen Kollegen zum Essen eingeladen bzw. begebe mich in das nahe gelegene riesige High-End Einkaufszetrum South Coast Plaza. Viel mehr gibt es in der Gegend ohne Auto nicht zu tun.
Manhattan Beach
Am Wochenende kann ich zum angenehmen Teil des Aufenthalts übergehen. Ich ziehe um in ein Hotel in Redondo Beach, einer der Strände von Los Angeles. Die Sonne kommt endlich zum Vorschein und das Wetter ist genau das richtige, um die Stände von LA zu erkunden. So miete ich mir ein Fahrrad und folge der Küste auf dem Strandradweg, der mich bis nach Santa Monica führt. Unterwegs passiere ich Hermosa Beach, welcher eher familiär ist, dann Manhattan Beach, mit recht exklusiven Strandhäusern. Nach dem riesigen Yachthafen Marina del Rey folgt das berühmte Venice Beach, der „verrückte Hippiestrand“, wo sich Exzentriker, Touristen und Obdachlose tummeln und wo es allerlei zu beobachten gibt. Irgendwie fühle ich mich an die Reeperbahn erinnert. In Santa Monica gibt es schließlich einen großen Vergnügungspier vor einer schönen Strand und Bergkulisse. Strände und Menschen sind hier tatsächlich wie man sie aus Film und Fernsehen kennt: Häuserreihen direkt am Strand, Lifeguards, durchtranierte braungebrannte Männer, die oben ohne joggen, radeln oder inlineskaten, hübsche Frauen im Bikini. Man ist hier entweder dick oder durchtrainiert, es scheint kein dazwischen zu geben.
Am Sonntag spüre ich meine lange Radtour in den Knochen und verbringe einen ruhigen Tag in Redondo und Hermosa Beach. Doch auch das ist nicht langweilig. Man kann die Surfer beobachten, es ziehen Delfine sowie ein Seelöwe im Meer vorbei. Pelikane stürzen sich zum Fischfang in die Fluten, Strandläufer rennen die Böschung entlang. Und natürlich gibt es am Strand allerlei menschliches Treiben zu beobachten.
Redondo Beach
Montagmorgen geht es zurück nach Santa Ana, wo mich meine zweite Einarbeitungswoche erwartet. Dienstag werde ich zu einem Baseballspiel eingeladen und stelle fest, dass dieses nach meiner Cricketkonditionierung in Indien gar nicht mehr so langweilig ist. Die Stimmung ist auch ganz gut, da die Anaheim Angels gewinnen. An meinem letzten Abend fährt mich Phil noch ein wenig die Küste des Orange County entlang und ich werde an die Schönheit Kaliforniens erinnert.
Nun sitze ich im Flugzeug zurück nach Hause und freue mich, wieder ins alte Europa zu kommen. Amerika ist zwar schön und faszinierend, doch leben möchte ich da definitiv nicht.

Samstag, 14. April 2012

Auf nach Den Haag: ein neuer Lebensabschnitt beginnt

Nach fast vier Jahren in Hamburg habe ich heute die Hansestadt verlassen, um in den Haag einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen. Machen wir eine kleine Rückblende...
Es ist der Herbst 2011. Meine Freundin Andrea hat von ihrer Firma ein interessantes Angebot erhalten, eine spannende Stelle in deren Den Haager Büro zu übernehmen. Nach nicht allzu langer Überlegung sagte ich: „Wenn Du die Stelle annimmst, komme ich mit.“ In der Tat finde ich schon seit längerer Zeit den Gedanken sehr reizvoll, für ein paar Jahre im Ausland zu leben und zu arbeiten. Ich hätte mir dafür zwar nicht unbedingt die Niederlande ausgesucht, doch wenn sich die Gelegenheit bietet, sollte man sie ergreifen. Gleichzeitig war ich ohnehin nicht mehr sehr glücklich mit meinem aktuellen Job, wo sich mir auch keine sehr spannenden Perspektiven boten. So tat ich mir mit der Entscheidung in unser Nachbarland auszuwandern nicht sehr schwer.
Kurz darauf stand fest, dass Andrea zum 1. Januar 2012 ihre neue Stelle in Den Haag antreten würde. Wir verbrachten im Dezember ein Wochenende vor Ort und fanden Dank eines guten Maklerbüros und auch mit etwas Glück eine schöne Wohnung im zentrumsnahen, hübschen und lebendigen Valkenboskwartier. In der ersten Januarwoche zog Andrea dann um und stürzte sich gleich in die Arbeit, sodass sie bis heute noch nicht dazu gekommen ist, sich richtig einzuleben. Das wird sich jetzt hoffentlich ändern.
Derweil begann ich, mir in den Niederlanden eine Stelle zu suchen. Es ist dort gar nicht so schwer, wie man es vielleicht meinen könnte, ohne Niederländischkenntnisse eine Arbeit zu finden. Es gibt zahlreiche Arbeitsvermittlungsagenturen, die auf Ausländer spezialisiert sind. Man wird von ihnen durchaus gut betreut und bei der Jobsuche unterstützt. So kam es, dass ich innerhalb weniger Wochen einige Bewerbungsgespräche hatte. Am 21. März war es dann soweit: ich erhielt eine Zusage für eine Stelle als Kundenbetreuer und Verantwortlicher für die Logistik bei einer Firma in Den Haag, die spezielle Farben und Beschichtungen für Außenwerbung herstellt.
Das ganze hatte einen Haken: ich sollte die Stelle bereits am 16.04. antreten, meine Kündigungsfrist für dieses Datum war jedoch bereits abgelaufen. Sehr aufgeregt ging ich am nächsten Tag zu meinem Chef, um zu kündigen und zu versuchen, bereits früher gehen zu dürfen, was mir glücklicherweise auch ermöglicht wurde. Dann ging alles ganz schnell: Umzug organisieren, Wohnung auflösen, Administratives regeln, sich von allen verabschieden.
Und nun sitze ich im Zug und lasse mein Hamburger Leben hinter mir, gleichzeitig ein wenig wehmütig und sehr gespannt, was mich erwartet. Immerhin ziehe ich nun mit meiner Freundin zusammen und werde nicht nur in einer neuen Stadt leben in einem Land, dessen Sprache ich noch nicht spreche, sondern mich auch beruflich völlig neu orientieren. Ich werde an dieser Stelle berichten, wie es weitergeht.

Mittwoch, 15. Februar 2012

Der Hamburger Winter 2012: Erst wird gejammert...

...dann friert die Alster zu.
Als in diesem bisher eher herbstlichen Winter Ende Januar die große Kälte beginnt, ist das Gejammer der Hamburger zunächst groß. Kälte, Schnee, wer braucht das schon. Da die Tage bereits länger wurden, dachten die meisten wohl, der Winter sei quasi überstanden und man könne sich bald schon auf den Frühling einstellen.
Doch dann sollte sich zeigen, dass die Kälte sich lohnte, denn langsam bildete sich auf der Alster eine geschlossene Eisdecke. Als sich dann abzeichnete, dass die Kälteperiode noch etwas andauern würde, gab es nur noch ein Thema: wann kann man auf das Alstereis. Letzte Woche war es dann soweit und ganz Hamburg stürmte auf der Stadt liebstes Gewässer.
Auch ich war dabei, schnallte meine Schlittschuhe an und freute mich, endlich wieder auf natürlichem Eis Laufen gehen zu können. So schön habe ich es zuletzt während meines Studienaufenthaltes in Kanada auf dem Rideau Canal in Ottawa erlebt. Das musste ausgenutzt werden, während das Eis zu betreten war, ging ich einmal täglich Eislaufen, das war zu schön. Wer weiß, wann man das wieder erleben darf.
Doch auch die anderen Hamburger Gewässer waren vereist, sodass auch Elbe und Speicherstadt am Wochenende sehenswert waren, auch wenn das Wetter inzwischen sehr grau war. Nun ist alles wieder vorbei, das Eis taut, der schnee ist weg und der Winter fühlt sich wieder nach Herbst an. Wird Zeit, dass endlich der Frühling kommt!
Fotos

Dienstag, 7. Februar 2012

Ein Wochenende in Den Haag

Das letzte Wochenende habe ich genutzt für einen kleinen Ausflug nach Den Haag, die Hauptstadt der Niederlande. Leider gibt es keine direkte Zugeverbindung aus Hamburg, man muss zwei Mal umsteigen, was das Risiko erhöht, einen Anschluss zu verpassen. Bis Bad Bentheim geht alles gut, doch dort steht mein IC über eine Stunde: Schneechaos in den Niederlanden. Zur Kälte kam eine überraschende Schneefront und der Zugverkehr im Land ist fast zusammengebrochen. Mein Anschlusszug in Amersfoort fährt nur bis Utrecht. Als ich dort ankomme, weiß keiner wann der nächste Zug nach Den Haag fahren wird. Doch das Servicepersonal, das sehr kompetent die sehr geduldig wartenden gestrandeten Fahrgäste betreut, versichert mir, dass auf jeden Fall noch ein Zug fahren wird. Das ist auch gut so, es ist schon nach 12 und ich will nicht im Utrechter Bahnhof übernachten. Kurz nach 1 fährt dann tatsächlich der versprochene Zug und ich bin um 3 Uhr nachts endlich am Ziel. Geplante Ankunftszeit war 23:22 gewesen...
Binnenhof Den Haag
Am nächsten Morgen können wir zum Glück ausschlafen und ein gemütliches Frühstück genießen, bevor wir die Stadt ein wenig touristisch erkunden. Den Haag ist hübsch,sehr bürgerlich geprägt, mit repräsentativen bauten in Zentrum und hübschen Vierteln mit Backsteinhäusern von der Jahrhundertwende. Das Zentrum hat man aber auch schnell angeschaut, außerdem ist es zwar sonnig, doch extrem kalt. Auf dem zugefrorenen Wassergraben des Binnenhofs (dort tagt das niederländische Parlament) wird schon Schlittschuh gefahren. Ich bin neidisch.
Am Sonntag wird die touristische Erkundung der Stadt fortgesetzt, wir besuchen das sehr beeindruckende Panorama Mesdag. Anschließend geht es schon wieder nach Hause, so ein Wochenende ist ganz schön kurz. Momentan verläuft auf der Zugfahrt nach Hamburg alles nach Plan, ich drücke mir selbst die Daumen, dass es dabei bleibt...

Montag, 1. August 2011

Die Rückkehr – Zurück in den Alltag

Fünf Monate bin ich durch Indien gereist. Nach nur wenigen Tagen waren die meisten Gedanken, die mich sonst im Alltag beschäftigen, aus meinem Gehirn verschwunden: Arbeit, Alltagserledigungen, schlechtes Gewissen wegen zu wenig Sport oder anderen unerledigten Dingen, Wochenendplanung und ähnliches. Ich konnte mich nun auf die wichtigen Dinge des Lebens konzentrieren: wo schlafe ich heute Abend, was esse ich heute, was schaue ich mir heute an, wo fahre ich als nächstes hin, welchen Bus muss ich nehmen, wo ist das nächste Internetcafé. Man hat plötzlich den Kopf frei für viele angenehme Dinge und merkt, dass man eigentlich keine Sorgen hat. Bei allem, was ich schönes gesehen und erlebt habe war dies vielleicht das angenehmste an meiner Reise durch Indien.
Auch Hamburg hat sehr schöne Seiten
Leider ging das nun zu Ende. Zunächst erwartete mich zu Hause jedoch etwas sehr angenehmes, der Hauptgrund, weshalb ich nicht spontan beschloss, meinen Indienaufenthalt zu verlängern: meine Freundin. Gerade seit sie wieder aus Indien abgereist war, vermisste ich sie sehr und ich denke, sollte ich jemals wieder länger verreisen, werde ich das nicht mehr ohne sie tun. Dass sie mich in Hamburg erwartet hat macht die Rückkehr viel einfacher.
Ansonsten hat einen der Alltag allerdings sehr schnell wieder. Die Motivation, wieder täglich arbeiten zu gehen hält sich sehr in Grenzen. Es ist äußerst gewöhnungsbedürftig, wieder täglich vom Wecker geweckt zu werden und der üblichen Routine zu folgen. Auch habe ich noch mehr als vor meiner Reise das Gefühl, dass die Zeit rennt und die wenige Freizeit die man hat im Flug vergeht. Natürlich liegt das auch daran, dass ich zunächst auch einiges zu organisieren habe, um ins normale Alltagsleben zurückzukehren, doch ich merke auch, dass Arbeiten schon sehr viel Lebenszeit kostet. Aber irgendwie muss man ja das Geld für die angenehmen Dinge des Lebens zusammen bekommen.
Das diesen Sommer besonders graue Hamburger Wetter macht die Rückkehr nicht leichter. Immerhin durfte ich fünf Monate Sommer erleben, bevor ich in den vorgezogenen Herbst kam. Dafür kann ich bestimmte Genüsse des Hamburger Lebens jetzt umso mehr genießen, denn auf manches hatte ich mich schon wieder gefreut: das Nachtleben, Konzerte, Fahrradfahren, gute Brötchen zum Frühstück, oder auch wieder mehr als 5 T-Shirts zum Anziehen zur Auswahl zu haben. Dennoch: wenn ich könnte, ich würde ein Leben als reisender Müßiggänger vorziehen.

Mittwoch, 27. Juli 2011

Die Reise endet hier – Delhi

Bereits als ich am hochmodernen und nagelneuen Terminal 3 des Flughafens Delhi ankomme, werde ich ein wenig wehmütig, denn ich weiß, es ist die letzte Etappe meiner Reise. In 5 Tagen werde ich von hier Indien wieder verlassen. Zum insgesamt 5. Mal in meinem Leben komme ich nun jedoch zunächst in Delhi an und habe den festen Vorsatz, die letzten Tage meines Aufenthalts auf dem indischen Subkontinent zu genießen.
Zwei Tage ist Anette noch in Indien und es gilt, die ausufernden Shoppingmöglichkeiten Delhis zu nutzen, um uns einzudecken mit Mitbringseln und (mehr oder weniger) günstigen neuen Kleidungs- und Schmuckstücken sowie Accessoires für uns selbst. Es ist Samstag Nachmittag und wir tun das gemeinsam mit der indischen Mittelschicht in gut gefüllten Geschäften rund um den Connaught Place, aber auch im Backpackerviertel Pahar Ganj. Hier fühle ich mich inzwischen richtig heimisch, auch weil ich bereits zum dritten Mal im Hotel Star Paradise logiere, das für Delhi-Verhältnisse ein exzellentes Preis-Leistungsverhältnis bietet.
Qutub Minar
Nachdem Anette sich schweren Herzens auf die Heimreise nach Deutschland gemacht hat, bleiben mit noch drei Tage für noch mehr Shopping und die weitere Erkundung von Delhis Sehenswürdigkeiten. Ich war zwar schon mehrmals hier, doch einige der wichtigste historischen Stätten der einst glanzvollsten Stadt Asiens hatte ich noch nicht besichtigt. Dank dem inzwischen bestens ausgebauten U-Bahn-Netz der Stadt geht das auch weitgehend ohne nervige Presiverhandlungen mit Rickshaw-Fahrern. Wenn man bereit ist, zwischendurch ein paar Meter zu gehen kommt man fast überall äußerst preisgünstig mit der Delhi Metro hin.
Auf diese Weise besuche ich den Qutub Minar Komplex, wo die erste Moschee Indiens erbaut wurde und ein beeindruckender Turm steht, das Wahrzeichen Delhis. Im benachbarten Park verstecken sich zwiscchen den hohen Bäumen und im Gestrüpp zahlreiche weitere Monumente von Delhis Vergangenheit. Ich besuche auch ein weiteres Mausoleum, das …, letztes bedeutendes Moghul-Bauwerk der Stadt. Wie überall in Indien kann man in den ruhigen Ecken des Parks um das Mausoleum herum turtelnde junge Pärchen beobachten, die sich hier ungestört näher kommen möchten.
Lotus Tempel
Beeindruckend ist auch der Lotus-Tempel der Glaubensgemeinschaft der Bahaí, eine Sekte ohne Klerus und Hierarchien die behauptet, jedermann offen zu stehen und durch Toleranz zu glänzen. Mit dem neuneckigen Bauwerk hat sich die Architektur der Moderne auch hier in Delhi ein Denkmal gesetzt. Ich mache einen weiteren Abstecher nach Nizamuddin, meinem Lieblingsvertel inDelhi, wo ich endlich schaffe, den berühmten Sufi-Schrein zu besuchen. Ich werde dort von einem heftigen Monsunregenguss erwischt und fliehe per Rickshaw vor dem Regen ins Nationalmuseum. Die Fahrt durch den Platzregen und über teilweise leicht überflutete Straßen ist abenteuerlich. Wie ich tags darauf in der Zeitugn lese sind innerhalb von einer Studne 50 mm Regen gefallen, das ist auch für Monsunzeiten in Delhi ungewöhnlich.Schließlich besuche ich die Purana Quila („altes Fort“), Sitz des Moghulherrschers Humayuns und des Afghanen Sher Shah, bevor die Moghulen unter Akbar ihre Haupstadt nach Agra verlegten.
Sonnenuntergang über Pahar Ganj
Derweil gönne ich mir noch ein paar gute indische Mahlzeiten. Inzwischen habe ich das Essen hier sehr lieben gelernt und auch wenn ich mich schon auf ein gutes Steak oder auch einen großen gemischten Salat freue, ich weiß schon, dass ich es vermissen werde. Ein letztes Masala Dosa zum Frühstück in einer der südindischen Dhabas beim Hauptbahnhof und ich steige in den Delhi Metro Airport Express. Hier ist es klimatisiert, glattpoliert und blitzsauber. In diesem Moment habe ich Indien hinter mir gelassen.

Sonntag, 24. Juli 2011

Hauptstadt des Paradies auf Erden – Srinagar


Kashmir – in Indien weckt das Tal am Rande des Himalayas Sehnsüchte wie kaum eine andere Region. Aufgrund der Teilung der Provinz und der politischen (und teilweise gewalttätigen) Auseinandersetzungen um die Zugehörigkeit der Region zu Indien oder Pakistan erhitzen sich schnell die Gemüter, wenn sie zur Sprache kommt. Abgesehen davon gilt das Tal aber als außergewöhnlich schön. Auf meiner ganzen Reise schon wird mir davon vorgeschwärmt, ganz besonders von den Kashmiris selbst, die sich in ganz Indien als geschäftstüchtige Kaufleute verdingen. Es gilt als Indiens Paradies auf Erden. So ist Kashmir auch bei den Indern, die es sich leisten können, seit sich die politische Lage hier wieder beruhigt hat, ein sehr beliebtes Urlaubsziel.
Dal Lake von unserem Hausboot aus
Auch wir wollten uns selbst ein Bild davon machen, wie man sich das Paradies auf Erden vorzustellen hat. Zumindest einen kleinen Eindruck wollten wir erhalten, denn für mehr als einen kurzen Aufenthalt in Srinagar, der Sommerhauptstadt des Staates Jammu und Kashmir, reichte unsere Zeit leider nicht mehr. In Leh wurden wir bereits vor den geschäftstüchtigen Kashmiris gewarnt, die in Srinagar die Touristen nur über den Tisch ziehen wollten. Dennoch machten wir uns auf den Weg.
Ein letztes Mal bürdeten wir uns die Strapazen einer langen Busfahr auf, jedoch in abgemilderter Variante mit dem Deluxe-Bus und damit gesichertem Sitzplatz. Über Nacht geht es auf einer 20-stündigen fahrt über 3 Pässe hinüber von Ladakh über Kargil ins Kashmir Tal. Einen Teil der Strecke kennen wir schon, wir fahren wieder an Lamayuru vorbei, freuen uns, den wunderschönen Ort und das Moonland noch einmal zu sehen. Anschließend erkennen wir in der Ferne den Konzke-La, den wir erst vor ein paar Tage wandernd überquert hatten. Gerade vor der Dunkelheit erreichen wir den Foto-La, hier weht der Wind, doch die letzten Lichtreste schaffen eine romantische Stimmung.
Unterwegs in der Altstadt
Als es wieder hell wird erklimmen wir den letzten Pass, bevor wir das Kashmir-Tal erreichen. Die Landschaft ist plötzlich eine völlig andere: es ist plötzlich sehr grün und bewaldet, wir sehen Schneefelder und kleine Gletscher an den Hängen. Manche unsere indischen Mitfahrer sind ganz aus dem Häuschen und filmen fast ununterbrochen mit ihrem Handy aus dem Fenster. Es sieht hier fast alpin aus, die Hänge sind jedoch steiler, die Täler tiefer und die Gipfel höher. Zudem ist die Militärpräsenz auf dem Land beeindruckend und überall erblickt man kashmirtypische Moscheen: Pagodenähnlich mit grünem Dach und ohne Minarette.
Die (fast) Millionenstadt Srinagar ist nach dem beschaulichen Leh ein echter Schock: es ist laut und wir werden wie erwartet gleich bedrängt von Schleppern, die uns auf das Hausboot ihrer Wahl bringen wollen. Die Suche nach der richtigen Hausboot-Unterkunft gestaltet sich denn auch recht langwierig und anstrengend, doch schlussendlich finden wir eine Bleibe mit zufriedenstellendem Preis-Leistungsverhältnis in guter Lage auf dem Dal-Lake. Im Vergleich zu den Unterkunftspreisen anderswo in Indien ist das jedoch für die ziemliche Bruchbude, die unser Boot ist, echte Abzocke.
Unterwegs auf dem Dal Lake
Trotzdem, es lohnt sich. Nach der ersten Nacht auf dem Hausboot entdecken wir die schönen Seiten von Srinagar: die wenig touristische Altstadt mir ihren Gassen und Kaälen, die vielen Moscheen , die moghulischen Gärten, das exzellente kashmirische Essen und vor allem der Dal Lake. Die beiden Fahrten per Shikara (Ruderboote) sind sicherlich die Highlights unseres Aufenthalts in Srinagar. Wir entdecken das Leben auf dem See, genießen die Ruhe und die Aussicht, probieren typischen Kashmiritee, bestaunen Lotusblüten und Wasservögel und lassen einfach die Landschaft an uns vorbeiziehen. Schade, dass man auch immer wieder von Händlern belästigt wird.
Wir verlassen das vermeintliche Paradies auf Erden dann per Flugzeug, um ein wenig Zeit zu sparen. Der Flughafen ist auch ein Erlebnis für sich: zwar klein, doch extrem gut gesichert. Unsere Autorickshaw muss uns an der Sicherheitsschleuse 1 Kilometer vor dem Flughafengebäude abladen. Hier wird man bereits durchleuchtet, alle Autos zum Flughafen werden durchsucht. Dann gibt es eine weitere Sicherheitskontrolle am Flughafengebäude. Man durchläuft noch weitere Kontrollen und muss auch noch einmal sein Gepäck identifizieren, bevor dieses in den Flieger geladen wird. Das ist alles ein wenig skurril, doch so scheint zumindest sichergestellt zu sein, dass nichts passiert. Es geht ein letztes Mal nach Delhi, wo meine Reise endet.