Donnerstag, 4. September 2008

Peinlich

Da heute der Parteitag der amerikanischen Republikaner mit einer Rede von John McCain zu Ende geht und somit der Präsidentschaftswahlkampf in seine entscheidende Phase tritt, ist es Zeit, mal wieder einen Blick über den Atlantik zu werfen. Oder auch nicht. Wer mich kennt weiß, dass ich den amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf ziemlich genau verfolge. Das wunderbare am Zeitalter des Internets ist, dass man Nachrichten über Politik verfolgen kann, als sei man vor Ort. Besonders in den USA gibt es so zahlreiche gut informiert Blogs (auch hier) und Websites, dass man selbst als Freizeitpolitikverfolger sehr gut Bescheid wissen kann, was gerade vor sich geht.

Dennoch verfolge ich auch gerne, was deutsche Medien über die amerikanische Politik berichten. Da ich gerade keine Zeitung abonniert habe und mir derzeit die Lust auf Fernsehen ein wenig abhanden gekommen ist, beziehe ich meine Informationen größtenteils aus dem Internet. Auch wenn das vielleicht ein wenig überheblich klingen mag: Ich bin ziemlich entsetzt über die Qualität der Berichterstattung.

Beispielhaft will ich die Reaktion des vermeintlichen Leitmediums der Republik, Spiegel Online, auf die Ernennung Sarah Palins zur Vizepräsidentschaftskandidatin nennen. Als die Nachricht bekannt wurde, schrieb kurz darauf Gerhard Spörl, der Auslandschef und frühere USA-Korrespondent des Spiegels, er habe den Namen noch nie gehört. Liest er denn keine Blogs? Schon seit Wochen wird die Gouverneurin von Alaska hier, wenn auch als eher unwahrschienliche Außenseiterin, als mögliche Kandidatin diskutiert. Es kann doch nicht sein, dass ein Hobby-Politblogleser gegenüber vermeintlich gut informierten Journalisten einen solchen Wissensvorsprung hat. Wenn ein Chefredakteur einer Lokalblattes so etwas in seinem Leitartikel schreibt, ist das ja verständlich, aber vom Neunmalklugen Spiegel, für den drei Korrespondenten in Amerika vom Wahlkampf berichten, hätte ich mehr erwartet.

Zudem ist die US-Wahlkampfberichterstattung des Spiegels seit Monaten extrem populistisch und reißerisch. Als diese noch aussah wie der sichere Sieger, war Spiegel-Online noch ganz Feuer und Flamme für Hillary Clinton. Anfang des Jahres dann, gab es nur noch einen: Obama. Die Euphorie fand ihren Höhepunkt, als der Kandidat in Berlin an der Siegessäule sprach. Kurz darauf war aber Schluss mit lustig. Plötzlich wurden die Fehler in Obamas Wahlkampf gegeißelt, die Wahl schon wieder fast verloren gegeben, denn: McCain und Obama waren in Umfragen wieder fast gleichauf. Dabei ist das völlig normal. Prompt bekam der Republikaner seinen Spiegeltitel.

Aber genug gewettert. Lest lieber hier die ganze Geschichte, samt Schlussfolgerungen, die daruas gezogen werden können, welche Gerüchte in der Blogosphäre schließlich zur Bekanntgabe der Schwangerschaft von Sarah Palins Tochter geführt haben. In deutschen Medien gab es immer nur die Kurzversion. Die Leute hatten aber zu viel Desperate Housewives gesehen.

Wenn das mal nicht eine perfekte amerikanische Hockey-Mum mit Familie ist...

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