Freitag, 24. Juli 2009

Noch immer ein Vergnügen – trotz allem

Die Tour de France – noch immer so faszinierend. Man könnte meinen, dass einem nach der Skandaltouren 2007 und 2008, den schlimmsten seit 1998 und dem Festina-Skandal, die Lust auf Profiradsport im allgemeinen und die Tour de France im besonderen vergehen könnte. Dazu kommt die Rückkehr von Lance Armstrong und das Ende der strikten Anti-Doping Politik der Tour-Veranstalter. Zwei weitere Gründe, um einem den Spaß zu vermiesen.

Das Gegenteil ist aber der Fall. Obwohl eigentlich von Anfang an klar war, dass wohl ein Astana-Fahrer die Tour gewinnen würde (Armstrong oder Contador – wobei ich bzgl. Amstrong gleich skeptisch war), die Faszination für das Renne war von der ersten Etappe an vorhanden – obwohl ich vor dem Beginn der Rundfahrt fest überzeugt war, dass sich mein Interesse in diesem Jahr in Grenzen halten würde. Zudem verlief die erste Rennwoche durchaus sympathisch, mit ein paar Siegen französischer Fahrer und zahlreichen Ausreißversuchen, die tatsächlich zu einem Etappensieg führten. Als dann auch noch die Gefahr eines weiteren Lance Armstrong Toursieges gebannt war, machte das ganze noch mehr Spaß. Ich finde inzwischen Armstrong sogar richtig sympathisch, jetzt wo er nicht mehr der große Dominator, doch noch immer der Herr über das Peloton ist. Es ist sehr spannend seine Äußerungen auf Twitter zu verfolgen. So habe ich auch den exzellenten Musikgeschmack des Texaners wahrgenommen. Hätte er schon früher etwas mehr Schwächen und Menschlichkeit gezeigt, er würde deutlich mehr Bewunderer haben.

Nur das öffentlich-rechtliche deutsche Fernsehen verdirbt einem ein wenig den Spaß. Im Prinzip wollten ARD und ZDF dieses Jahr die Tour gar nicht übertragen, haben sich jedoch aus Angst vor Schadensersatzklagen doch anders entschieden (die Sender halten die Übertragungsrechte bis 2011). So gibt es in diesem Jahr eine reduzierte und sehr kritische Berichterstattung. Das heißt: nur die 45 letzten Minuten einer Etappe werden übertragen und es wird ständig über Doping gesprochen. Zudem ist Andreas Klöden (in der Tat ein Depp) von den deutschen Medien zum Paria erklärt worden. Das beruht allerdings auf Gegenseitigkeit, boykottiert er doch auch die deutschen Journalisten. Dafür wird verzweifelt ein neuer deutscher (sauberer) Sympathieträger gesucht – ein Rolle, die in der zweiten Woche der vorübergehende Träger des weißen Trikots, Tony Martin, übernehmen durfte. Andere Hoffnungsträger wie Linus Gerdemann und Markus Fothen enttäuschten hingegen. Zum Glück gibt es Eurosport. Dort sind die Reporter zwar Dummschwätzer, doch erstens gibt es hier die volle Live-Übertragung, und zweitens wird das Thema Doping hier, wenn nicht ignoriert, dann doch weitgehend umschifft. Natürlich hätte ich am liebsten das französische Fernsehen, doch man kann nicht alles haben.

Doch kommen wir zu den ernsthaften Dingen zurück. Die Unbesiegbarkeit des Alberto Contador lässt einen doch ein wenig nachdenken. Man ahnte schon vor der Tour, dass er kaum zu schlagen war (Armstong wurde als Unbekannter Faktor gehandelt). Meine einzigen Hoffnungen ruhten auf den Schleck-Brüdern, doch die sind leider gegen die Uhr zu schwach, um Contador zu gefährden. Immerhin sind die beiden echte Sympathieträger. In den nächsten Jahren kann man sich jedenfalls noch auf ein paar nette Duelle zwischen Andy Schleck und Alberto Contador freuen – beide sind etwa gleich alt und erst Mitte 20 – eigentlich also noch nicht mal im besten Radprofialter. Contadors Leistungen erinnern jedenfalls nicht nur an Lance Armstrong in seinen besten Jahren, sondern auch an den entfesselten Oberdoper Marco Pantani auf den Rampen der Bergpässe. Kein Wunder, dass Greg LeMond auf dessen in der Radssportgeschichte bisher nie dagewesenen sehr erstaunlichen Leistungen hinweist. Selbst Armstong war niemals so stark. Jan Ulrich hält natürlich alle für Sauber.

Unter diesen Umständen blickt man gerne auf die Zeit von Greg LeMond zurück, übrigens der einzige Toursieger der letzten 20 Jahre, der niemals in seiner Karriere unter konkretem Dopingverdacht stand. Er hat jedenfalls zu Protokoll gegeben, dass er Anfang der 90er (damals erschien EPO auf der Bildfläche) deshalb seine Karriere beendete, weil er den besten nicht mehr folgen konnte. Das alles ist vielleicht ein etwas zu nostalgischer Blick zurück – auch in die Naivität meines damaligen kindlich-begeisterten Blicks auf das Rennen, doch damals dominierte niemand so unangefochten.

Trotz allem- schade, dass die Tour 2009 bereits am Sonntag zu Ende geht. Ich freue mich schon sehr auf das morgige große Finale am Mont Ventoux. Das verspricht ein großes Spektakel zu werden.

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