Als junger Arbeitnehmer wird man durch seinen Alltag mit Lebenssituationen konfrontiert, die man noch wenige Jahre vorher im Studium als spießige Piefigkeit herablassend verabscheut hat: der durch die Arbeit bestimmte Lebensrhythmus, das ständige Warten auf das nächste Wochenende, das gejammere über zu schnell vergehende Wochenenden und Urlaube, die längerfristigere Planung zahlreicher Freizeitaktivitäten oder auch die Verschwendung von allzu vielen Gedanken für berufliche Belange. Wenn ich darüber nachdenke finde ich das immer noch furchtbar: fehlt nur noch die Ü-30-Party, dann ist man vollends in der Zielgruppe der öffentlich-rechtlichen Popwellen aufgegangen. Und das schlimmste ist – das Leben spült einen fast zwangläufig in diese Richtung. Man muss schon aufpassen, dass nicht alle Dämme in den anonymen Mainstream brechen.
Nun, gerade als ungebundener Single hat man glücklicherweise noch viele Ablenkungsmöglichkeiten, die man sich als mittelprächtig verdienender Angestellter leisten kann, um dagegen anzukommen: die Flucht in den Konsum, kulturelle Aktivitäten, Wochenendreisen und wenn man Glück hat auch mal eine interessante Geschäftsreise. Exemplarisch und in verdichteter Form konnte ich dies in den vergangenen Tagen auskosten. Beginnen wir mit dem vorvergangenen Wochenende, verbracht in München mit guten alten Freunden, hauptsächlich mit Gesprächen und Feiern. Und dem Verlassen der Stadt mit gesteigertem Selbstwertgefühl und der Feststellung, dass man von anderen Menschen durchaus noch attraktiv gefunden wird. Klassischerweise vergeht die folgende Woche während man sie lebt zu langsam, man versucht sich dabei vom Wochenende zu erholen, seine Vorsätze bezüglich der wöchentlichen 3 Fitnessstudiogänge zu erfüllen und möglichst alles was sein muss bei der Arbeit zu erledigen, damit man Abends keine Gedanken an das unerledigte verschwenden muss und wundert sich im Rückblick, dass die Zeit doch erschreckend schnell vergangen ist.
Das folgende Wochenende geht’s nach viel zu langer Zeit mal wieder gen Süden zu den Eltern mit dem üblichen Programm: Verwöhnen lassen, gut essen, viel schlafen. Gleichzeitig werden ländlichen Hausbesitzeraktivitäten erledigt: Holz für den Winter reinholen, den Grünabschnitt wegbringen und den vor Monaten angesetzten Cassislikör sowie den Nusswein-Aperitif filtern und abfüllen. 10 Flaschen Nusswein warten nun auf mich, mal sehen wie ich ein paar davon nach Hamburg bringe. Aber das Zeug wird ja mit der vergehenden Zeit nur besser!
Die ganze Erholung des Wochenendes ist schon am Montag dahin, denn der Easyjetflug hebt am Montagmorgen bereits um 6:50 Uhr von Basel ab. Das heißt Aufstehen um fünf. Diese Woche bleibt keine Zeit zum erholen, da am Dienstag die Dienstreise nach Paris ansteht – man nutzt das aus, um dort wiederum Freunde zu treffen, schleppt sich durch den Termin am Folgetag und denkt im Flieger nach Hause nur noch an sein Bett. Doch das geht nicht, denn abends wartet noch dazu Konzert. Dazu mehr in Kürze an anderer Stelle.
Nun, ich will nicht klingen wie der letzte Jammerlappen, schlussendlich ist das durchaus ein Leben, das sich in der Summe lohnt. Doch der Gedanke, dass das noch fast vierzig Jahre so weitergeht bis zur Rente, macht doch ein bisschen Angst. Wie schön wäre doch ein Dasein als Müßiggänger. Am Wochenende muss ich mich jedenfalls erstmal von der Woche erholen. Ist ja schon Morgen.