Morgen ist Hessenwahl, nach einem Jahr Chaos und Blamage für die hessische SPD voraussichtlich ein historischer Tiefpunkt in der Wählergunst und für Roland Koch die unverhoffte Rückkehr an die Macht. Das wird wohl ein sehr unspannender Wahlabend. Interessant wird nur sein, ob die Linke wieder den Einzug in den Landtag schafft und wie tief die SPD fällt. Vieles wird wohl von der Wahlbeteiligung abhängen.
Die Hessenwahl ist jedoch nur der Auftakt zu einem wahrhaftigen Wahlmarathon, der Deutschland in diesem Jahr bevorsteht. Wie ein Professor am Institut für politische Wissenschaft der Uni Heidelberg in seinen Vorlesung gerne zu sagen pflegt, befindet sich die Bundesrepublik aufgrund differierender Termine von 16 Landtagswahlen, ebenso vielen Kommunalwahlen, der Bundestagswahl und der Europawahl ohnehin im Dauerwahlkampf und damit in einem „permanenten Zustand fieberhafter Erregung“. Da die Landesregierungen über den Bundestag auch im Bund mitregieren, haben insbesondere die Landtagswahlen durchaus auch eine Auswirkung auf die Politik auf Bundesebene.
Diese Situation ist im Jahr 2009 umso zutreffender, denn uns stehen so viele Wahlen bevor wie zuletzt 1994, dem letzten so genannten Superwahljahr. Im Einzelnen sieht der Wahlkalender in diesem Jahr so aus: Es geht wie bereits erwähnt morgen los mit der Hessenwahl. Am 7. Juni steht dann ein „Superwahltag“ bevor, denn es finden Kommunalwahlen in acht Bundesländern (in Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen) sowie die Europawahl statt. Am 30. August geht es dann mit drei Landtagswahlen weiter, im Saarland, in Sachsen und in Thüringen. Das Wahljahr kulminiert dann am 27. September mit der Bundestagswahl. Gleichzeitig findet auch die Landtagswahl in Brandenburg statt.
Die Europawahl wird wohl leider wieder nicht viel mit Europa zu tun haben und als Stimmungstest für die Bundestagswahl gewertet werden. Hier herrscht in einem Punkt Spannung: Wird die CSU nach ihrem (für ihre Verhältnisse) katastrophalen Wahlergebnis bei der bayerischen Landtagswahl den Sprung über die 5%-Hürde und somit ins Europaparlament schaffen. Gelingt ihr das nicht wäre das eine weitere herbe Niederlage.
Interessant werden die drei Landtagswahlen vom 30. August. Erstens sind sie sehr kurz vor der Bundestagswahl. Zweitens könnte theoretisch in zwei Bundesländern (das Saarland mit Oskar Lafontaine als Spitzenkandidat und Thüringen) die Linke mit der SPD als Juniorpartner den Ministerpräsidenten stellen. Ob sich letzere darauf einlässt, wage ich zu bezweifeln – vermutlich enden alle drei Wahlen mit einer großen Koalition. In Brandenburg wird sich am 27. September wohl nicht viel tun – vieles deutet allerdings darauf hin, dass die SPD statt mit der CDU mit der Linken dort weiterregiert. Was die Bundestagswahl angeht befürchte ich, dass sich an den aktuellen Kräfteverhältnissen nicht viel ändern wird – also weder eine Mehrheit für Rot-Grün, noch für Schwarz-Gelb, wobei die Linke im Bund weiterhin nicht koalitionsfähig ist. Ob eine große Koalition weitermacht oder eine Dreierkonstellation (Ampel oder Jamaika) wird sich zeigen. Ohnehin sind die neun Monte bis dahin sehr lang, es kann sich noch viel tun.
Eine Wahl hab ich noch vergessen - eine indirekte - die Wahl des Bundespräsidenten am 23.05. Es wäre allerdings eine wirklich fausdicke Überraschung, wenn nicht Horst Köhler die Wahl gewinnen würde.